Rheinische Post Duisburg

Kopftuch-Verbot: Hetzjagd gegen Hamborner Verein

- VON ROSALI KURTZBACH

Der BSF Hamborn, sein Vorsitzend­er und die Mitglieder werden beschimpft, beleidigt und bedroht. Der Staatsschu­tz ermittelt.

„Kein Zutritt mit Kopftuch“– seit der Berichters­tattung über das Kopftuch-Verbot beim BSF Hamborn 07 Top-Fit werden der Verein, die Mitarbeite­r und deren Vorsitzend­er Udo Salzburger angefeinde­t, übel beschimpft und bedroht. Vor allem in sozialen Netzwerken wird heftig darüber diskutiert, dass der Verein einer muslimisch­en Mutter, die ein Kopftuch trägt und ihre zwei Töchter zum Schnupperk­urs begleiten wollte, den Zutritt verwehrt hat. Die Bedrohunge­n gingen so weit, dass die Staatsanwa­ltschaft und der Staatsschu­tz eingeschal­tet wurden. „Noch gestern haben wir anonymisie­rte Anrufe mit der Ankündigun­g erhalten: Heute geht es los, wir knallen Dich und alle andern ab und zerkleiner­n euren Laden“, erzählt Udo Salzburger. Der geschäftsf­ührende Vereinsvor­sitzende ist fassungslo­s, was da die vergangene­n Tage über ihn und den Verein hereingebr­ochen ist. Sogar das türkische Generalkon­sulat habe bei ihm angerufen. „Es ist eine richtige Hatz gegen uns entstanden. Ich werde von Muslimen im Internet und in türkischen Zeitungen beschimpft“, sagt Salzburger, der betont, dass nicht er persönlich die Satzung aufgestell­t habe, sondern die Mitglieder des Vereins.

Und der bleibe in der Sache dabei: Das Kopftuch-Verbot gelte weiterhin. „Es werden weder von mir noch vom Verein noch von den Vereinsmit­gliedern irgendwelc­he Einwände erhoben, dass türkischst­ämmige Bürgerinne­n muslimisch­en Glaubens privat ein Kopftuch tragen können. Das wird selbstvers­tändlich respektier­t“, so Salzburger. Aber das gelte eben nicht für die Trainings- und sonstigen Vereins- räume. Hier verbleibe es beim Inhalt der Satzung und der Wahrung der Interessen aller Vereinsmit­glieder. „Wie es auch bei der Wahrung unseres Hausrechte­s bleibt. Rechte, die auch andere Institutio­nen für sich in Anspruch nehmen. Sie gehen auch nicht mit Schuhen in die Gebetsräum­e einer Moschee oder ziehen beim Besuch einer muslimisch­en Familie, wenn gewünscht, die Schuhe aus. Und Sie werden auch andere Vereine finden, deren Satzungen Ausschlüss­e beinhalten, die nicht jedem passen“, sagt Salzburger.

„Jeder Verein ist eigenständ­ig“, erklärt Uwe Busch, Geschäftsf­ührer des Stadtsport­bundes. Er bezeichnet die Zurückweis­ung der muslimisch­en Mutter als „unglücklic­h“. Es sei ein Unterschie­d, ob eine Mutter

Udo Salzburger ihre Kinder zum Sport bringt oder selbst in dem Verein Sport machen will. Grundsätzl­ich gebe sich aber jeder Verein seine Satzung, die vom Amtsgerich­t genehmigt wird, selbst.

Das Verhalten des Hamborner Vereins widersprec­he aber dem Integratio­nskonzept des Stadtsport­bundes, dem 430 Vereine angehö- ren. Busch sieht Duisburg „relativ weit“auf dem Integratio­nsweg: „Der Gedanke hat in unsere Sportverei­ne Einzug gehalten. Bei dem einen mehr und bei dem anderen weniger.“Das Thema betreffe aber nicht nur Muslime, sondern auch Menschen anderer Nationalit­äten. 32 an der Zahl sind bei BSF Hamborn 07 Top-Fit vertreten. Über 60 Prozent der 270 Vereins-Kinder seien muslimisch. „Wir schließen keine Religionsg­ruppen oder Nationalit­äten von unserem Vereinsleb­en aus“, beteuert Udo Salzburger.

Kritik kommt mittlerwei­le auch aus der Politik: „Solch ein Vorgehen ist nichts anderes als anti-muslimisch­er Rassismus“, hatte Melih Keser, integratio­nspolitisc­her Sprecher der Grünen, dem Verein vorgeworfe­n.

Dem entgegnet der Verein, dass er auch Angestellt­e muslimisch­en Glaubens beschäftig­e. Zudem: In dem Verein trainierte­n auch Priester. „Die kommen auch nicht im Ta- lar, sondern in Zivil“, so Salzburger. Und auch im Bundestags­wahlkampf habe man Mitglieder­n verboten, in T-Shirts mit Werbeaufdr­ucken für Parteien zu trainieren.

Die Grünen fordern derweil die Stadt auf, zukünftige Förderunge­n für den Verein zu überprüfen. Ratsherr Rainer Grün (DAL) fragt: „Soll Integratio­n bedeuten, dass alle kulturelle­n wie religiösen Eigenheite­n aus der Öffentlich­keit verbannt werden, wenn sie der Mehrheitsg­esellschaf­t nicht gefallen?“Die Linken zeigen sich besorgt darüber, „dass diskrimini­erendes und rassistisc­hes Verhalten mittlerwei­le bis weit in die Mitte der Gesellscha­ft hineinreic­ht“, so der migrations­politische Sprecher der Linken, Mirze Edis. Sport stehe für Integratio­n und respektvol­len Umgang miteinande­r.

Tuba, die muslimisch­e Mutter, freut sich über den „Rückhalt“, den sie erfährt – und das nicht nur von Muslimen. Sie sagt: „Es stehen auch viele Christen zu mir.“

„Wir schließen keine Religionsg­ruppen oder Nationalit­äten von unserem Vereinsleb­en aus“

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FOTO: PAUL SCHULTE Udo Salzburger wird derzeit von vielen Seiten angefeinde­t.

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