Rheinische Post Duisburg

Hokkaido genießt in der Skiszene einen geradezu mythischen Ruf. Die Insel im Norden Japans ist eines der zuverlässi­gsten Tiefschnee­Reviere der Welt. Das größte Skigebiet der Insel, Niseko United, lockt Freerider aus aller Welt.

- VON BERNHARD KRIEGER

Leise rieselt der Schnee? Auf Hokkaido schneit es mit der Intensität eines tropischen Gewitterre­gens. Ein halber Meter über Nacht ist im Januar keine Seltenheit. Für Skifahrer ist Japans Nordinsel im Winter ein Paradies.

Wegen der außergewöh­nlichen Schneesich­erheit pilgern Skifahrer und Snowboarde­r aus der ganzen Welt Anfang des Jahres nach Hokkaido. Japan als Skireisezi­el boomt. Die meisten Gäste besuchen das größte Skigebiet der Insel, Niseko United. Die Areale Annupuri, Village, Grand Hirafu und Hanazono reihen sich an den Flanken des 1308 Meter hohen Berg Niseko-Annupuri aneinander. Hokkaidos Top-Skiresort ist berühmt für seinen „Japan Powder“. Den besonders pulvrig-leichten Tiefschnee in Japan nennen Freerider in der ganzen Welt nur „Japow“. Von Anfang Januar bis Mitte Februar fällt fast täglich Schnee.

Niseko United ist auch für Pistenskif­ahrer eine Reise wert, das beste aber verbirgt sich rechts und links der präpariert­en Abfahrten. „Hokkaido und insbesonde­re Niseko mit seinem Nachbarski­gebiet Rusutsu sind echte FreeriderP­aradiese“, schwärmt Geo- lenden Flanken des Vulkans sind fast bis ganz oben von lichten Espen- und Bambuswäld­ern überzogen. Die Lawinengef­ahr ist relativ gering.

Auf die Geländeabf­ahrten können sich auch Ski-Normalos trauen. Die Bergwacht kontrollie­rt den Berg akribisch. Elf Gates ins unpräparie­rte Hinterland werden nur geöffnet, wenn die Lawinengef­ahr nicht zu groß ist. Wer durch geschlosse­ne Gates fährt, dem wird der Skipass entzogen. Verstöße gegen Regeln werden in japanische­n Skigebiete­n konsequent geahndet. Und Regeln gibt es zuhauf.

Vieles hier ist explizit verboten, noch mehr verpönt. Naseputzen in Gesellscha­ft ist tabu, was angesichts von Durchschni­ttstempera­turen von minus zehn Grad im Januar auf Hokkaido zu Eiszapfen an den Nasen führt. Eisskulptu­ren im Gesicht sind in Ordnung, Schneerest­e an den Skistiefel­n in der Gondel aber nicht. Deshalb hängen an der Niseko Gondola kleine Handbürste­n am Eingang.

Die Niseko Gondola ist die längste Gondel und zusammen mit jener im Nachbarort Grand Hirafu der Dreh- und Angelpunkt des Skigebiets. Niseko United bietet einen erstaunlic­hen Mix. Neben High- Tech-Liften rattern Einer-Sessellift­e, die nur aus einer gebogenen Stange und einem Holzbrett als Sitz bestehen – und ohne Sicherungs­bügel auskommen.

Grand Hirafu ist das pulsierend­e Zentrum von Niseko. An der Hauptstraß­e wechseln sich unscheinba­re Restaurant­s, die nur anhand der roten Laterne über zwei kleinen Vorhängen an der Tür als solche zu erkennen sind, mit edel aufgemacht­en Gourmet-Lokalen ab. Davor stehen amerikanis­ch anmutende Food-Trucks mit Pizza und Burgern im Angebot.

In der „Japow“-Hochsaison bevölkern immer mehr Europäer und Nordamerik­aner Niseko, das ansonsten fest in australisc­her Hand ist. Viele Ski-Shops werden von Australier­n betrieben, auch viele Skilehrer und Skibergfüh­rer kommen aus Down Under. Niseko wird in der Skiszene immer bekannter und ist auf dem Weg zum Weltklasse-Resort.

Längst ist am Fuße des Vulkankege­ls ein Bauboom ausgebroch­en. Jede Saison eröffnen neue Apartmenth­äuser und Luxushotel­s. Vom Boom Nisekos zeugen auch die Edel-Restaurant­s. Guter Service ist für Japaner aber überall eine Selbstvers­tändlichke­it, ein Trinkgeld verpönt. Es sei denn, man geht in den Tap Room im „Odin Place“. Dort sind die Biere aus Niseko, die Kellnerinn­en aber kommen aus Sydney.

„Hokkaido und insbesonde­re Niseko sind echte Freerider

Paradiese“

Christoph Gnieser

Geo-Wissenscha­ftler

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FOTOS: B. KRIEGER Eine Skifahreri­n vor dem 1898 Meter hohen Berg Yotei. Ein beliebter Berg für Skitoureng­eher, aber nichts für Anfänger.
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Fast Food aus dem Truck: Im Skigebiet Niseko gibt es auch einfache Küche am Straßenran­d.

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