Was Fortuna alles anders macht
haben die Düsseldorfer Fußballer stets gepatzt, wenn die Konkurrenz ihnen eine große Chance eröffnet hatte – in dieser Saison haben sie solche Situationen schon mehrmals ausgenutzt. Das ist aber nur einer der Gründe, warum das Funkel-Team oben steht.
DÜSSELDORF Wenn andere Menschen sich heute zur Mittagsstunde nach bester rheinischer Tradition einen Teller Erbsensuppe gönnen oder schwer bepackt vom SamstagShopping zurückkehren, stellen sich die Fußballprofis von Fortuna Düsseldorf und dem 1. FC Kaiserslautern gerade zum Anstoß auf. Ab 13 Uhr steigt im Fritz-Walter-Stadion das Duell des Zweitliga-Schlusslichts mit dem Tabellenführer, und dass die Düsseldorfer auch vor dem 20. Spieltag das Klassement des
Friedhelm Funkel deutschen Unterhauses anführten, ist nicht ganz zufällig. Fortuna hat in dieser Saison mit einigen Gewohnheiten gebrochen und fährt bislang sehr gut damit. Ausgenutzte Steilvorlagen. Es ist ein geflügeltes Wort in Düsseldorf: „Jetzt haben die schon alle für Fortuna gespielt, und die machen nix draus.“Über Jahrzehnte hinweg war das der Tenor an Stammtischen und in Stehcafés, und das hatte seine Berechtigung. Mit der Sicherheit eines schlecht tickenden Uhrwerks stolperten die Düsseldorfer immer dann besonders gern, wenn ihre Konkurrenten – je nach Situation im Auf- oder Abstiegskampf – am selben Spieltag Punkte liegengelassen hatten. Am letzten Spieltag des alten und dem ersten des neuen Jahres war das völlig anders. Im Dezember verlor der damalige Spitzenreiter Kiel in Sandhausen, Verfolger Nürnberg spielte nur 1:1 beim Tabellenletzten Lautern – und Fortuna gewann in Braunschweig 1:0. Zum Neustart in dieser Woche mussten sich Kiel (gegen Union Berlin) und Nürnberg (gegen Regensburg) mit Unentschieden begnügen – und Fortuna schlug Aue 2:1. Somit durfte sie sich über drei Punkte Vorsprung auf die beiden freuen. Gestiegene Ansprüche. Früher musste sich Trainer Friedhelm Funkel oft den (längst nicht immer berechtigten) Vorwurf gefallen lassen, er rede vieles schön und setze Ziele zu niedrig. Vor dem Aue-Spiel sagte er nun: „Unser Saisonziel war immer Platz eins bis sechs, und jetzt wollen wir das Bestmögliche davon erreichen.“Also Platz eins – nicht gerade eine niedrige Vorgabe. Nach dem Aue-Spiel, das die meisten mit dem Vermerk „wichtiger Arbeitssieg“abhakten, meckerte der Trainer: „Wir müssen uns in den nächsten Spielen definitiv steigern.“ Veränderte Rituale. Obwohl als Tabellenführer aus der Winterpause gekommen, stellte Funkel einiges im Ablauf um. Er ließ einen ganzen Satz Ergometer anschaffen, auf denen die Mannschaft unmittelbar nach Heimspielen ausradelt. Anschließend essen alle gemeinsam, erst dann geht es zurück zu den Familien. „Wir wollen eben wirklich alles tun, um das Beste aus der Saison herauszuholen“, erklärte Funkel. Geschlagene Angstgegner. Begonnen hatte das schon am letzten Spieltag der Vorsaison, als die Düs- seldorfer ausgerechnet mit einem Sieg in Nürnberg, wo es früher nie viel zu holen gab, den Klassenerhalt perfekt machten. In der aktuellen Spielzeit siegte Fortuna beim gefährlichen SV Sandhausen und bezwang sogar den alten Angstgegner MSV Duisburg 3:1. Sollte sie dieses Kunststück womöglich auch im Rückspiel bei den „Zebras“wiederholen, wäre wirklich alles möglich. Breitere Kader-Qualität. Früher begnügte sich Fortuna oft mit einer starken ersten Elf, stürzte dann ab, wenn wichtige Spieler ausfielen. Aktuell kann Funkel dagegen beinahe jeden gleichwertig ersetzen – wenn nicht gerade, wie in der Mitte der Hinrunde, drei zentrale Mittelfeldspieler gleichzeitig fehlen. Dadurch sitzen naturgemäß viele gute Spieler auf der Bank oder gar der Tribüne. Funkels Aufgabe ist es, diese Akteure motiviert und bei Laune zu halten. Bislang gelingt es ihm bestens.
„Wir müssen uns in den nächsten Spielen
steigern, wenn wir oben bleiben wollen“