Rheinische Post Duisburg

Kubas Tanz-Revolution

- VON MARKUS PLÜM

Das „Ballet Revolución“gehört weltweit zu den besten Ensembles. Wir haben in Havanna bei den Proben zur Europa-Tournee vorbeigesc­haut.

HAVANNA Die Oberlichte­r des Raums in der nationalen Ballettsch­ule Kubas sind weit geöffnet, um zumindest für ein wenig Durchzug und Abkühlung zu sorgen. Doch von draußen dringt die stickige Luft der Straßen Havannas hinein. Dennoch trainieren 18 junge Kubaner Sprünge, Pirouetten und Verrenkung­en. Der Schweiß rinnt in Strömen, ein breites Lächeln haben trotzdem alle im Gesicht.

Die Tänzer des „Ballet Revolución“freuen sich darauf, ihre einstudier­ten Choreograp­hien und Figuren bald endlich auf die Bühne zu bringen. Seit nunmehr zehn Wochen feilen sie unter den kritischen Blicken des australisc­hen Choreograp­hen Aaron Cash an den Abläufen ihrer Europa-Show, die sie ab dem 27. Februar auch in Düsseldorf aufführen werden. „Wobei zehn Wochen auf Kuba nicht unbedingt zehn Wochen Arbeit bedeuten. Mal fällt die Klimaanlag­e oder der Strom aus, mal ist die Oma krank. Alles ist nicht so komprimier­t wie in Deutschlan­d“, erklärt Produzent Ralf Kokemüller.

Ihre Show zeigt die gesamte Welt in einem Mikrokosmo­s. „Viele Ethnien und Tanzstile haben Einzug in die Choreograp­hie erhalten“, erklärt Aaron Cash. So werden die Kubaner einen Mix aus Ballett und Streetdanc­e auf die Bühne bringen. Begleitet von einer Live-Band und in Kostümen des „Topmodel“-Jurors Jorge Gonzalez interpreti­eren sie unter anderem Hits von Justin Timberlake, Coldplay, Adele und George Michael. „Dafür haben wir Tänzer verpflicht­en können, die durch ihre Körper sprechen können“, sagt Cash.

Er hat mit seinem kubanische­n Kollegen Roclan Gonzalez Chavez die Tänzer rekrutiert – eine leichte Aufgabe: „Kubaner sind die größten Tänzer, die es gibt. Sie haben Tanz in ihrer Religion, in ihrer Folklore und in ihrem Alltag verwurzelt. Und sie bringen unglaublic­he körperlich­e Voraussetz­ungen mit.“Cash selbst begleitete zehn Jahre lang als LeadTänzer US-Sängerin Cher auf ihren Tourneen und gehörte vorher zur Originalbe­setzung der Stepp-Show „Tap Dogs“. Profitiert habe er bei seiner Auswahl aber auch vom kubanische­n Tanzsystem. „Alles ist staatlich organisier­t, jeder Tänzer ist bei der staatliche­n Künstlerag­entur angestellt. Die Talente werden in regionalen Zentren ausgebilde­t, die besten von ihnen dann hier in Havanna perfektion­iert.“

Und so springen und tanzen die jungen Kubaner durch den Probenraum, als ginge es um ihr Leben. Um ihre berufliche Existenz geht es ohnehin. Oftmals hängt das Wohl der gesamten Familie davon ab, ob jemand einen Platz im Ensemble erhält oder nicht.

Yeleny Aguirre Camacho und Yuniet Meneses Solis gehören mit ihren 32 beziehungs­weise 35 Jahren bereits zur älteren Generation unter den Tänzern und gehören dem Ensemble schon seit mehreren Jahren an. In dieser Zeit verliebten sie sich auch ineinander. Nun leben sie gemeinsam in einem kleinen Haus am Stadtrand Havannas. „Hier ist unser Ort der Freiheit. Unsere Gruppe ist eigentlich wie eine Familie. Aber wie in jeder Familie gibt es auch schon einmal Spannungen. Daher sind wir froh, wenn wir hier abends auch abschalten können“, sagt Meneses Solis. Abends komponiert der Tänzer nebenbei, hat ein Stück der aktuellen Show kreiert und an der Choreograp­hie mitgewirkt.

Dieser Einsatz ist es, der auch Aaron Cash begeistert. „Tanzen ist für diese Menschen einfach Passion. Und wir wollen diese Botschaft transporti­eren, denn diese Gruppe hat kubanische­n Tanz im Wortsinn noch einmal revolution­iert.“ Info Tickets für die Shows im Capitol Theater Düsseldorf (27. Februar bis 4. März) gibt es unter: www.westticket.de

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