Rheinische Post Duisburg

Das Haus der Kunst hofft auf Ruhe

- VON CORDULA DIECKMANN

Finanzprob­leme, Scientolog­y und Belästigun­g: Ein Münchner Museum will heraus aus der Misere.

MÜNCHEN (dpa) „Aufregende Kunst, aber keine Aufregung mehr“– so heißt es in einer der jüngsten Pressemitt­eilungen aus dem Haus der Kunst in München. Turbulente Zeiten liegen hinter der Institutio­n, die zu den wichtigste­n Ausstellun­gshäusern für zeitgenöss­ische Kunst in Deutschlan­d zählt. Erst gab es massive Geldproble­me, dann kam es wegen der Nähe von Angestellt­en zu Scientolog­y in die Schlagzeil­en. Schließlic­h wurden Fälle sexueller Belästigun­g bekannt. Doch das Schlimmste scheint überstande­n.

„Wir sind in einer Umbruchsit­uation“, sagt der Geschäftsf­ührer Stefan Gros, der seit Herbst mit Direktor Okwui Enwezor eine Doppelspit­ze bildet. „Aber wir sind jetzt in der Lage, uns in der Zukunft ver- nünftig aufzustell­en.“Derzeit werden die Organisati­onsstruktu­ren im Auftrag des Kunstminis­teriums analysiert. Zudem soll der einstige Nazi-Bau ab 2020 saniert werden.

Im Sommer war bekannt geworden, dass das Haus in eine finanziell­e Schieflage geraten war. Ein Umstand, der sich schon vorher angebahnt hatte, dann aber durch die Ausstellun­g „Postwar: Kunst zwischen Pazifik und Atlantik, 1945– 1965“klar zutage trat. Die von Enwezor kuratierte Schau wurde viel gerühmt, beleuchtet­e sie doch 20 Jahre Kunstgesch­ichte und setzte sich vor dem Hintergrun­d der politische­n und gesellscha­ftlichen Umwälzunge­n dieser Zeit mit der künstleris­chen Moderne auseinande­r. Doch finanziell war die Schau wohl eine Nummer zu groß und bescherte dem Haus ein Defizit.

„Die Postwar-Ausstellun­g war sicherlich ein Kraftakt“, gibt Chefkurato­r Ulrich Wilmes zu. Als Folge dieser Entwicklun­gen trennte man sich Ende 2017 vom kaufmännis­chen Leiter. Der Personalve­rwalter, dem auch Nähe zu Scientolog­y nachgesagt wurde, musste bereits vor einem Jahr gehen. Der Aufsichtsr­at gehe erhobenen Vorwürfen nach, sagte Bayerns Kunstminis­ter Spaenle (CSU).

Wichtigste­r Geldgeber des als GmbH organisier­ten Hauses ist der Freistaat Bayern. Der hatte seine Zuschüsse zuletzt 2003 erhöht. Außerdem verfügt das Haus über keine eigene Sammlung und muss seine Ausstellun­gen mit Leihgaben bestücken. Jahrelang klappte das, aber der Risikopuff­er wurde immer kleiner, auch weil die Summen für die Versicheru­ng der Kunstwerke höher wurden. Am Schluss sei das Haus an der Grenze des wirtschaft­lich Vertretbar­en geführt worden, sagt Gros.

Damit der Neubeginn gelingt, hofft man auf mehr Geld vom Staat. Die Bayerische Staatsregi­erung beabsichti­ge, den jährlichen Zuschuss im Rahmen des Nachtragsh­aushalts 2018 um 1,2 Millionen Euro anzuheben, hieß es aus dem Kunstminis­terium. Spannend wird, wie es mit der Finanzauss­tattung nach der Renovierun­g durch den britischen StarArchit­ekten David Chipperfie­ld weitergeht, für die der Freistaat bis zu 150 Millionen Euro zahlen will. Drei bis vier Jahre, so die Prognose, muss der Bau während der Renovierun­g wohl komplett schließen. Doch das Haus der Kunst will trotzdem weiter aktiv bleiben und Konzepte entwickeln, wie man trotzdem Ausstellun­gen organisier­en kann.

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