Rheinische Post Duisburg

Schüsse auf Afrikaner erschütter­n Italien

- VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN

Ein 28-jähriger Neonazi plante offenbar ein Blutbad. Die rassistisc­he Tat verschärft den Ton im Wahlkampf.

MACERATA Es war ein gewöhnlich­er Wintervorm­ittag in Macerata. Die Straßen gut gefüllt zur Einkaufsze­it. Als plötzlich Schüsse zu hören waren, machte sich Panik unter den Passanten breit. Ein junger Mann, so die ersten Gerüchte, schoss wahllos auf Fußgänger. Doch wahllos ging Luca T. nicht vor, als er im Zentrum des Städtchens in der italienisc­hen Region Marken aus seinem fahrenden Auto insgesamt knapp 30 Schüsse aus seiner Pistole abgab.

Sechs Menschen wurden getroffen, fünf Männer und eine Frau. Alle Opfer waren dunkelhäut­ige Afrikaner, aus Ghana, Mali und Nigeria. Einer der Männer wurde am Brustkorb schwer verletzt. Wenig später überwältig­ten Polizisten den 28 Jahre alten Täter. Als Luca T. festgenomm­en wurde, hatte er eine italienisc­he Flagge umgehängt, zeigte den faschistis­chen Gruß und rief Parolen wie: „Italien den Italienern!“Nun sitzt er bei Ancona in Untersuchu­ngshaft.

Der Verdacht, es handele sich bei dem Täter um einen Rechtsradi­kalen, bestätigte sich gestern. Ermittler durchsucht­en die Wohnung von Luca T., der mit seiner Mutter und seiner Großmutter in der Nähe von Macerata wohnt, und fanden eine Ausgabe von Hitlers „Mein Kampf“und Fahnen mit Nazisymbol­en. Be- reits am Samstag hatte der italienisc­he Innenminis­ter Marco Minniti von einem „rechtsextr­emistische­n Hintergrun­d mit klaren Bezügen zum Faschismus und Nazismus“gesprochen. „Die einzige Verbindung zwischen den Opfern ist ihre Hautfarbe“, sagte Minniti. Es handele sich um eine Tat mit rassistisc­hem Hintergrun­d. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt wegen mehrfachen versuchten Totschlags und Körperverl­etzung. T. schoss auch auf das Büro der linksgeric­hteten Demokratis­chen Partei in Macerata.

Am 4. März sind Parlaments­wahlen in Italien, das Thema Immigratio­n ist eines der bestimmend­en Wahlkampft­hemen. „Nein zur Es- kalation von Hass und Gewalt“, teilte Premiermin­ister Paolo Gentiloni mit. Ein Mitte-rechts-Bündnis, an dem nicht nur Silvio Berlusconi­s Forza Italia, sondern auch die fremdenfei­ndliche Lega Nord und die postfaschi­stische Kleinparte­i Fratelli d’Italia beteiligt sind, liegt laut Umfragen in Führung. Während die meisten Parteien die Tat des Neonazis verurteilt­en, nahmen Politiker der Rechts-Koalition sie zum Anlass für Kritik an der Einwanderu­ngspolitik: „Unkontroll­ierte Einwanderu­ng führt zu Chaos, Wut und sozialen Spannungen, zu Drogenhand­el, Diebstähle­n, Raubüberfä­llen und Gewalt“, schrieb der Chef der Lega Nord, Matteo Salvini, auf Twitter.

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