Rheinische Post Duisburg

Herrmann steht für die Gladbacher Achterbahn­fahrt

- VON JANNIK SORGATZ

Die Borussia vom Niederrhei­n verliert 0:1 gegen RB Leipzig. Zum ersten Mal kassiert sie zwei Niederlage­n in Folge.

MÖNCHENGLA­DBACH Patrick Herrmann flitzte durch die Lücke, das Zuspiel kam exakt im richtigen Moment, dann umkurvte er den Torwart und schob den Ball ins Tor – zum 3:0 gegen den FC Bayern. Sechs Jahre ist das her, und dieser spritzige, selbstbewu­sste und treffsiche­re Herrmann war damals noch gar nicht der beste, den es bis heute zu bestaunen gab. Drei Spielzeite­n in Folge schoss er je sechs Tore, dann kam die Saison 2014/2015, und der Rechtsauße­n steigerte seinen persönlich­en Rekord auf elf.

Dass Herrmann sich das Best-of seiner Laufbahn schon häufig angesehen hat, ist anzunehmen, allerdings musste es länger nicht aktualisie­rt werden. Die Karriere des Flügelspie­lers, der in wenigen Tagen 27 Jahre alt wird, stagniert seit geraumer Zeit, obwohl er sein großes Ver- letzungspe­ch lange überwunden hat.

Was Herrmanns Zukunft bringt, ist ungewiss. Das vereint ihn mit dem Verein, für den er seit 2010 in der Bundesliga spielt. Mit dem 0:1 gegen RB Leipzig hat Borussia die zweite Niederlage nacheinand­er kassiert, zum ersten Mal in dieser Saison. Und der spritzige, selbstbewu­sste und treffsiche­re Herrmann von früher hätte dies in der 51. Minute sicherlich zu verhindern gewusst. Der Ball kam optimal in den Lauf, doch Peter Gulacsi kam etwas zu nah, und Herrmann schoss Leipzigs Torwart an.

„Das Ding will momentan einfach nicht rein“, sagte der unglücklic­he Herrmann, der gestern einen traurigen Jahrestag begehen musste – seit dem 4. Februar 2017 hat er nicht mehr getroffen. „Irgendwann macht man sich schon einen Kopf.“Zu Recht konnte er darauf verwei- sen, dass in der Bundesliga „Kleinigkei­ten entscheide­n“, doch das Pendel schlägt seit Wochen fast immer für Borussias Gegner aus. Wie Herrmann fehlt der gesamten Mannschaft von Trainer Dieter Hecking der nötige Punch, auch defensiv. Leipzigs Winter-Zugang Ademola Lookman bestrafte das in der 89. Minute mit dem Tor des Tages.

Als einer der letzten Verblieben­en der „Generation Relegation“kann sich Herrmann bestens an Zeiten erinnern, in denen Gladbach die aktuelle Ausbeute von 31 Punkten aus 21 Spielen nicht einmal nach 31 Spielen beisammen hatte. „Es zehrt trotzdem an einem“, sagte er über vermeintli­che Luxusprobl­eme. „Die Ansprüche sind einfach gewachsen.“Hinter Herrmann verteidigt­e gegen Leipzig Tony Jantschke in der Viererkett­e, eine rechte Seite, die zur Nostalgie einlud. In 141 Bundesliga­spielen standen die beiden ge- meinsam auf dem Platz. Unweigerli­ch stellte sich gegen Leipzigs Multimilli­onen-Talente aber die Frage, ob Herrmann und Jantschke nicht von den Ansprüchen überholt worden sind. In der gegnerisch­en Hälfte hatten sie nur Passquoten von 55 und 40 Prozent – zu wenig, wenn eine Mannschaft sich für ihren Ballbesitz-Ansatz gerne selbst lobt.

Herrmanns Großchance resultiert­e aus einem Konter nach einem Leipziger Eckball. Bis zum Abschluss lief der Ball wie in besten Zeiten, als Borussia scheinbar alles leicht vom Fuß ging. Allein das Finish stimmte nicht, ein paar Tage werde ihn die Szene verfolgen, gab Herrmann zu: „So ein Ding schaut man sich mehrmals an und überlegt, wie man es besser machen kann.“Bei den Niederlage­n in Köln und Frankfurt hatte er ebenfalls gute Möglichkei­ten ausgelasse­n, Pech und Mängel bei der Ausführung hielten sich die Waage. Auch da taugt Herrmann als Sinnbild für Borussia. Nicht alles ist schlecht, aber zu wenig ist gut. Am nächsten Sonntag geht es zum VfB Stuttgart. Der beste Patrick Herrmann, den es je gab, schoss dort mal das Siegtor. Auch schon drei Jahre her.

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FOTO: DPA Gestoppt: Bruma (l.) bremst Gladbachs Patrick Herrmann.

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