Skispringer verpatzen Olympia-Generalprobe
Nur ein deutscher Skispringer erreichte in Willingen die Top 10. Richard Freitag verlor die Führung im Gesamt-Weltcup.
WILLINGEN (sid) Richard Freitag schaute bedient auf die Anzeigetafel: Deutschlands bester Skispringer hatte soeben im Kampf mit den tückischen Windbedingungen die olympische Generalprobe in Willingen mächtig verpatzt. Dann hakte der Sachse seinen 28. Platz aber schnell ab: „Bei Olympia geht es auf die kleine Schanze. Da ist es völlig egal, mit welchem Ergebnis man nach Südkorea fährt.“
Richard Freitag war nach zwei verkorksten Sprüngen trotz der lautstarken Unterstützung der frenetisch feiernden 16.200 Zuschauer in der hessischen Party-Hochburg weit abgeschlagen. Die Führung im Gesamtweltcup ist wenige Tage vor den Winterspielen in Pyeongchang futsch. „Es war heute ein bisschen schwierig, es war unruhig in der Luft“, sagte Freitag. Bundestrainer Werner Schuster nahm seine Nummer eins in Schutz: „Man sollte ihm nach dieser tollen Saison auch mal einen schlechten Tag zugestehen. Die Belastung war groß, sein Energielevel nicht mehr auf dem allerhöchsten Niveau“, sagte der Österreicher. „Ganz nüchtern betrachtet ist nichts passiert.“
Keine 24 Stunden nach seinem zweiten Platz im ersten Einzelspringen kam Freitag beim Sieg des Norwegers Johann Andre Forfang in Willingen nur auf 128 und 118,5 Meter. Bei seinem ersten Sprung hatte Freitag mit schlechten Windverhältnissen zu kämpfen. Im zweiten Durchgang musste der OlympiaMitfavorit kurz vor der Landung sogar gewaltig mit den Armen rudern, um einen Sturz zu vermeiden. Freitags Dauerrivale Kamil Stoch wurde unter den Augen der zahlreich mit- gereisten polnischen Anhänger Zweiter und zog im Gesamtweltcup an Freitag vorbei. Am Samstag hatte Freitag noch einen Schritt nach vorne gemacht, auch wenn er bei der Landung etwas unsicher war: „Ich bin noch nicht so hundertprozentig sicher im wirklich weiten Landungsbereich. Aufgrund von Innsbruck bin ich da noch nicht ganz stabil“, sagte Freitag.
Bester Deutscher wurde der noch am Vortag enttäuschende Markus Eisenbichler (Siegsdorf), der auf Rang sechs landete. Am Samstag war der WM-Dritte noch als Zwölfter hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Vizeweltmeister Andreas Wellinger (Ruhpolding), der 2017 in Willingen das Einzelspringen gewonnen hatte, kam auf Platz zehn.
Stoch gewann das neu geschaffene Wettkampfformat „Willingen Five“und kassierte ein Extra-Preis- geld von 25.000 Euro. Der zweifache Olympiasieger von Sotschi erreichte nach den fünf Springen der Qualifikation und den beiden Einzelspringen am Samstag und Sonntag die höchste Gesamtpunktzahl. Insgesamt durfte sich der Veranstalter am gesamten Wochenende über 46.800 Zuschauer freuen.
Freitag verpasste es damit auch, als erster Deutscher seit Jens Weißflog als Gesamtweltcup-Führender zu Oylmpischen Winterspielen zu fahren. Weißflog war das 1984 gelungen. Im Gelben Trikot war er nach Sarajevo gereist und hatte Gold von der Normalschanze für die DDR geholt. Freitag reist nun als Zweiter aus dem Sauerland nach Südkorea.
Die DSV-Adler werden sich heute Nachmittag nach Südkorea aufmachen. Zuvor steht in den Morgenstunden ein letztes Training an.