Rheinische Post Duisburg

DUISBURGER GESCHICHTE UND GESCHICHTE­N Von antiken Weihopfern bis Hoppeditz

- VON HARALD KÜST duisburg@rheinische-post.de 0203 92995-94 RP Duisburg rp-online.de/whatsapp 0203 92995-29

Das karnevalis­tische Treiben hatte in der griechisch-römischen Antike Vorläufer. Rausch und Orgien gab es bereits vor mehr als 2000 Jahren. Die „Saturnalie­n“waren ekstatisch­e Feiern zu Ehren des Erntegotte­s Saturnus.

Die Verehrung der griechisch-römischen Gottheiten war traditione­ll mit großen Feierlichk­eiten verbunden. Die Götter sollten mit einem Festgelage versöhnt werden. Zum Verständni­s muss man kurz in die griechisch-römische Götterwelt einsteigen. Bedeutsam war der Weinhalbgo­tt Dionysos – oder Bacchus, wie ihn die Römer nannten, ein Sohn des ewig untreuen Zeus, der ihn mit Semele, einer Sterbliche­n, gezeugt hatte – nicht unbedingt standesgem­äß aus Sicht der anderen Götter. Im Mittelpunk­t der Feierlichk­eiten stand allerdings Saturnus , ein hoch angesehene­r Erntegott. Ihm wurde gar ein eigener Tempel in Rom geweiht. Der Jahrestag der Tempelweih­e - einer der höchsten römischen Feiertage - wurde mit den „Saturnalie­n“begangen. Dieses mehrtägige Fest des altrömisch­en Erntegotte­s Saturnus deuten viele Historiker als Vorläufer des Karnevals. Gründe für eine große Feier gab es immer, es galt den Zusammenha­lt nach innen zu fördern. Zu diesem Anlass wurden in Rom einen Tag und eine Nacht lang die Saturnalie­n ausgerufen, die der Senat zu offizielle­n Feiertagen erhob. Neben Saturnus wurde – das bot sich an - Bacchus mit vielen „Weinopfern“geehrt. Bei den Trinkgelag­en ging es ziemlich freizügig zu. Selbst gebildete Hetären (,Gefährtin’) hatten im Fest ihren bestimmten Platz. Die Hetären waren im Gegensatz zur rechtlosen Straßendir­ne hoch angesehen. Sie boten neben Liebesdien­sten auch Tanz, Musik und anspruchsv­olle Unterhaltu­ng an. Da floss der Wein in Strömen und die zeremoniel­le Verehrung des Gottes hatte stark orgiastisc­hen Charakter. Ein Mann aus dem Volk wurde zum König der Saturnalie­n, zum „Spott-König“gewählt. Mit Musik und Tanz zogen er und sein Gefolge durch die Straßen Roms. In diesen Umzügen wurde auch mit Blumen und Girlanden ge- schmückte Schiffswag­en mitgeführt. Als eine „verkehrte Welt“beschrieb der Philosoph Seneca das tage- und nächtelang­e Treiben auf den Straßen, das selbst vor den Villen nicht Halt machte. Die Sklaven ließen sich vom Hausherren bedienen. Dr. Andrea Gropp, stellvertr­etende. Leiterin des Kultur-und Stadthisto­rischen Museums erklärt: „Ich denke schon, dass die Saturnalie­n Deutungen zum Thema Karneval zulassen, da hier ja auch die Statusunte­rschiede aufgehoben oder umgekehrt wurden. Was mir bei unserem rheinische­n Karneval immer auffällt, ist die Ähnlichkei­t mit den antiken im Jahresverl­auf sterbenden und wiederaufe­rstehenden Göttern, die auch in unserer aktuellen Ausstellun­g präsentier­t werden. Der Hoppeditz stirbt ja auch an Aschermitt­woch unter großem Wehgeschre­i und wenn er wiederaufe­rsteht, freuen sich alle und feiern wilde Orgien...“.

Das Christentu­m machte dem Saturalien-Fest ein vorläufige­s Ende. Den Hang, sich zu verkleiden und zu feiern, konnte aber auch die Kirche ihren Anhängern nicht austreiben. Die Menschen verschoben ihr Treiben um einige Wochen bis vor die Fastenzeit und nannten es Karneval. Viele Elemente der Saturnalie­n leben im heutigen Karneval fort. Aber es kam auch zu einer Vielfalt an Übernahmen und Veränderun­gen aus dem germanisch-keltischen Kulturraum. In Ritualen wie etwa im Konfettire­gen stecken Reste antiker Fruchtbark­eitsvorste­llungen. Auch in der Nubbelverb­rennung zum Karnevalse­nde spiegelt sich das antike Erbe wider. Verbrennun­g als Voraussetz­ung für eine Auferstehu­ng in einer besseren Gestalt. Zum Ende der Session wird eine Strohpuppe ( Kölsch: Nubbel) für alle Sünden – etwa zügellosen Alkoholkon­sum oder Fremdgehen - verantwort­lich gemacht: „Dat wor der Nubbel! – „Der Nubbel hat Schuld!“, ruft die Menge. Die Duisburger pflegen alte Traditione­n mit der Hoppediz-Beerdigung.

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FOTOS (2): WWW.BILLER-ANTIK.DE Zu ausgelasse­nen Feiern gehörten auch wilde Trinkgelag­e.
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