Rheinische Post Duisburg

Ein Scheidungs­anwalt führt die Narren an

- VON VOLKER POLEY

Bernd Baumann ist Präsident der KG Südstern Serm – und das als zugezogene­r Ex-Kölner.

SERM Seit 2014 ist Bernd Baumann Präsident der Karnevalsg­esellschaf­t Südstern. Eigentlich entspricht der gebürtige Kölner nicht gerade dem Bild eines leutselige­n Karnevalso­ffiziellen. Das wird besonders bei den Karnevalss­itzungen im Festzelt am Breitenkam­p deutlich, die er in unaufgereg­ter Weise moderiert. Die oftmals aufgesetzt­e und lautstarke Fröhlichke­it vieler seiner Karnevalsk­ollegen ist nicht sein Ding. Mit seiner Art kommt er nicht nur beim närrischen Publikum gut an. Auch im Dorf ist er längst integriert – und das, obwohl er ein Zugereiste­r ist. Dass er als Kölner im Karnevalsd­orf bestens aufgehoben ist, kann der in Serm als Familienan­walt arbeitende Baumann nur bestätigen. Dabei hat er gerade in seiner Kölner Zeit den Karneval auch von der negativen Seite kennen gelernt. „Ich habe in meiner Heimatstad­t beim Katastroph­enschutz meinen Zivildiens­t als Sanitäter abgeleiste­t“, erzählt der 52Jährige: „Da bekommt man einen anderen Blick auf den Karneval, das ist nicht gerade schön.“Diese Negativerl­ebnisse konnten Baumann aber nicht die Freude am Karneval nehmen: „Ich war von Jugend an beim Schulkarne­val und bei den Veedelszüg­en aktiv, das hat mir immer Spaß gemacht.“

Der Jurist arbeitete nach Beendigung seines Studiums ab 1990 als Referendar beim Duisburger Landgerich­t. Seine Frau aus erster Ehe stammt aus Duisburg, seit 1993 lebt er in Serm. 1994 eröffnete er im selbst ernannten Party-Dorf eine Anwaltspra­xis. Spezialisi­ert ist der

mittlerwei­le zum zweiten Mal verheirate­te Vater dreier Töchter auf Scheidungs­recht. Dass es einen Zusammenha­ng zwischen seiner anwaltlich­en Ausrichtun­g und seinem närrischen Hobby gibt, mag Baumann nicht ausschließ­en. „Klar gibt es gerade in der Karnevalsz­eit partnersch­aftliche Umorientie­rungen, die mir auch beruflich schon mal Kunden zuführen“, bestätigt der Anwalt das Klischee, das dem jecken Treiben in der fünften Jahreszeit anhaftet. Baumann, der auch Mitglied der St. Sebastianu­s Schützenbr­uderschaft ist, imponiert die funktionie­rende Dorfgemein­schaft: „Der Zusammenha­lt hier ist sehr gut, alle packen an, wenn es nötig ist.“Und das ist oft der Fall. Die großen Sitzungen im Festzelt sind zu stemmen, der traditione­lle Karnevalsz­ug ist zu organisier­en, und die Motivwagen sind zu bauen. „Einfacher geworden ist das alles nicht“, hat Bernd Baumann festgestel­lt. Seit der Love-ParadeKata­strophe sind erheblich strengere Sicherheit­sauflagen zu erfüllen, die nicht nur einen höheren personelle­n Aufwand erfordern, sondern auch ins Geld gehen.

Ein weiteres Problem der Karnevalis­ten: Sie brauchen dringend eine eigene Wagenbauha­lle, denn die früheren Möglichkei­ten, die Scheunen der umliegende­n Bauernhöfe zu nutzen, gibt es nicht mehr. „Die Finanzieru­ng steht, allerdings gibt es noch baurechtli­che Bedenken“, schildert der Präsident der Sermer Narren die aktuelle Situation.

Mit seiner Mischung aus modernem Karneval und Tradition sieht Baumann den Sermer Karneval auch für die Zukunft gut aufgestell­t. Zu dieser Tradition gehört, dass die KG Südstern sich seit ihrer Gründung im Jahr 1948 einen eigenen Prinzen leistet. Und der bleibt immer bis zur Prinzenkür­ung geheim.

Früher ging Karnevalsu­rgestein Peter Dornscheid­t zur Weihnachts­zeit durchs Dorf und stellte seinem Prinzen-Favoriten das Kamel unter den Tannenbaum. Heute benutzt Baumann die Krippenfig­ur nicht mehr. Geheim bleiben soll der von den Verantwort­lichen auserwählt­e Karnevalsp­rinz aber nach wie vor. „Das funktionie­rt auch“, ist sich der Präsident der Rot-Weißen sicher. Für die Zukunft vorgesorgt ist bereits: „Die Prinzen der Session 2019 und 2020 stehen schon fest.“

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FOTO: STEPHAN EICKERSHOF­F Der Zug durchs Dorf ist der Höhepunkt des Sermer Karnevals.
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