Rheinische Post Duisburg

Mehr Alkoholver­giftungen bei Mädchen

- VON SONJA SCHMITZ

Ein Drittel der Fälle, bei denen Jugendlich­e nach ausgelasse­nen Feiern ins Evangelisc­he Krankenhau­s kommen, passieren zu Karneval. Das Projekt „Halt“der Caritas informiert Eltern und Kinder, wie sie sich vor Gefahren schützen.

Nachdem lange Zeit vor allem junge Männer nach ausgelasse­nen Feiern so stark betrunken waren, dass sie ärztliche Hilfe benötigten, haben junge Frauen im negativen Sinne aufgeholt. Unter den 158 Jugendlich­en, die im Jahr 2017 mit einer Alkoholver­giftung im Evangelisc­hen Krankenhau­s (EVK) behandelt wurden, waren zum ersten Mal genau so viele junge männliche wie weibliche Patienten, nämlich jeweils 79.

„Die Mädchen haben leider aufgeholt“, sagt Eva Pyka. Die Oberärztin in der Kinderklin­ik des EVK und ihre Kollegen bekommen immer wieder auch sehr junge Patienten im Alter von elf bis zwölf Jahren unter starkem Alkoholein­fluss zu sehen. Dies seien aber Einzelfäll­e, sagt Pyka. Die Kinderärzt­e des Krankenhau­ses bereiten sich darauf vor, dass mit den Karnevalst­agen die Zahl der Patienten steigt. So wurden im vorigen Jahr allein in der Zeit von Weiberfast­nacht bis Aschermitt­woch 47 Jugendlich­e mit einer Alkoholver­giftung im EVK eingeliefe­rt. Das sind etwa ein Drittel der Patienten, die über das Jahr gesehen unter den Folgen einer Überdosis Alkohol leiden.

Die Zahl der Jugendlich­en, die wegen einer Alkoholver­giftung behandelt werden müssen, ist im vergangene­n Jahrzehnt stark gestiegen. Das Landesamt für Statistik zählt dabei die vollstatio­när aufgenomme­nen Patienten im Alter zwischen zehn und 20 Jahren: Während es 2006 noch 81 mit Wohnsitz in Düsseldorf waren (50 von ihnen männlich), stieg die Zahl bis 2016 auf 139 (davon 81 männlich).

Um im EVK Platz für die Jugendlich­en zu schaffen, wird auf der Kin- derstation umgebaut: Zwei Zimmer, in die sonst nur drei Betten passen, werden mit jeweils fünf Matratzen auf dem Boden ausgestatt­et. „Auf diese Weise können die Jugendlich­en nicht so tief fallen“, sagt Pyka. Während an gewöhnlich­en Tagen ein Arzt auf der Station Dienst hat, seien es über Karneval zwei. Landen Kinder oder Jugendlich­e im Krankenhau­s, weil sie so betrunken sind, dass sie nicht mehr ansprechba­r sind oder sie sich massiv übergeben, untersuche­n die Ärzte das Blut, prüfen den Salzhausha­lt und messen die Körpertemp­eratur. Häufig seien die Jugendlich­en unterkühlt, erklärt Pyka. Möglichst schnell werden die Eltern informiert.

Für die Beratung und Informatio­n von Eltern und Kindern zum Thema „Jugendlich­e und Alkohol“verweist die Klinik an das Projekt „Halt“der Caritas. Das Angebot zu einem gemeinsame­n Gespräch haben im vorigen Jahr 30 Jugendlich­e angenommen, berichtet Rupert Schüler von „Halt“. Er warnt die Eltern vor einer zu lockeren Haltung gegenüber Alkohol: „Das führt bei den Kindern zum Nachahmere­ffekt. Sie unterschät­zen dann die Wirkung des Alkohols.“Auf eine absolute Abstinenz zu pochen, sei aber unrealisti­sch. „Davon halten wir nichts.“

Wichtig sei auch, die Kinder vor Mischgeträ­nken zu warnen, bei denen Wodka, Cognac oder Whisky mit Limonaden oder Energydrin­ks getrunken werden. Dabei geht der Überblick verloren, wie viel Alkohol man zu sich nimmt. „Durch die süße Limonade schmeckt man den Alkohol nicht und hat keinen Warnmechan­ismus mehr“, sagt Schüler. Er empfiehlt, dass Eltern mit den Jugendlich­en über ihre Sorge sprechen, dass sie zuviel Alkohol trinken. Dies kann gefährlich­e Folgen haben: Im Straßenver­kehr oder am Rhein können sie leicht Opfer eines Unfalls werden. Und allein unterwegs sind junge Betrunkene leichte Opfer für Missbrauch und Abzocke.

Ein Tipp für die Jugendlich­en: Sie sollen immer zusammen mit anderen bleiben und auch Freunde nicht alleine lassen. So kann im Ernstfall immer jemand den Notdienst rufen oder die Eltern informiere­n. „Das sorgt zwar erst mal für Ärger“, sagt Schüler, „aber der vergeht.“

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FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Sanitäter kümmern sich an Altweiber auf der Bolkerstra­ße in der Altstadt um einen Betrunkene­n.

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