Rheinische Post Duisburg

DUISBURGER GESCHICHTE UND GESCHICHTE­N Madame de Pompadour und Duisburg

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Macht und Erotik im Wechselspi­el: Die Maitresse Ludwig XV. war umstritten. Schmähbrie­fe machten in Duisburg die Runde. Die französisc­he Besatzung reagierte mit Verhaftung­en.

Aus einer leidenscha­ftlichen Affäre mit Antoinette Poisson wurde für König Ludwig XV. die große Liebe seines Lebens. Seine Geliebte verfügte über erotische Ausstrahlu­ng, Machtbewus­stsein, Bildung und beherrscht­e die Kunst der Selbstinsz­enierung in Perfektion.

Fast zwei Jahrzehnte lenkte die einflussre­iche in den Adelsstand erhobene Madame Pompadour die Politik Frankreich­s - Ludwig XV. vertraute ihr in allen Staatsange­legenheite­n. Sehr zum Missfallen von Friedrich des Großen. Die Pompadour habe Frankreich zu einem „Schandmal der Liebe“gemacht, indem sie Ludwig XV. zum „Spielzeug“degradiert habe“, wetterte er. Zudem kam Friedrich zu Ohren, dass sich die österreich­ische Kaiserin Maria Theresia, der er Schlesien entrissen hatte, mit der Mätresse Ludwigs XV. eingelasse­n habe, um Preußen zu vernichten. Tatsächlic­h hatte die Pompadour ein Bündnis Frankreich­s mit Österreich gegen die Preußen vorangetri­eben. Mit einem polemisch abgefasste­n Schmähbrie­f wollte der Preußenkön­ig die beiden verhassten Gegnerinne­n bloßstelle­n. Er griff im Jahr 1760 höchstpers­önlich zur Feder und verfasste einen fingierten „Brief der Marquise de Pompadour an die Königin von Ungarn“.

Der Brief enthielt den falschem Druckort Paris und ein falsches Druckdatum. Fake News nennt man das heute. In dem Schmähbrie­f forderte die Pompadour ihre tiefgläubi­ge kaiserlich­e Freundin Maria Theresia auf, für die freie Liebe einzutrete­n, denn schließlic­h seien die Apostel auf ihren Missionsre­isen auch nicht ohne willfährig­e Seelenschw­estern gewesen. Im Übrigen habe selbst der Papst Bordelle in Rom eingericht­et, da er sich um die pilgernden Gläubigen und deren Bedürfniss­e sorge. Polemik und Sarkasmus pur. Der Schmähbrie­f gelangte über geheime Boten in den Großhandel­svertrieb.

Pamphlete über die Pompadour fanden damals reißenden Absatz. Buchhändle­r Ovenius orderte rasch mehrere Exemplare der Briefsatir­e in den Niederland­en und bot sie in der damaligen Universitä­tsstadt Duisburg feil. Ein risikoreic­hes Unterfange­n. Dazu muss man wissen, dass im Jahr 1760 Duisburg von den Franzosen besetzt war. Die gegenseiti­ge Abneigung überwog - von „ziemlich beste Freunde“war man noch weit entfernt. Die französisc­hen Besatzer reagierten ziemlich humorlos auf das skandalöse Druckwerk und verhaftete­n nicht nur den Duisburger Buchhändle­r; die Fahnder verdächtig­ten gar den Rektor der Universitä­t, Professor von Eichmann, als Drahtziehe­r und nahmen ihn in Arrest. Die Haftbeding­ungen in Moers entsprache­n allerdings nicht dem heutigen Standard. Der Gefangene hatte zu seinem Glück einen mutigen Fürspreche­r. Dem prominente­n Kollegen Professor Leidenfros­t gelang es, durch geschickte Verhandlun­gskunst und ein Bestechung­sgeld, die Angelegenh­eit einvernehm­lich zu regeln. Großzügig – von 1000 Talern war die Rede - beglich er später auch einen Teil der Forderunge­n, um den Abzug der Franzosen zu beschleu- nigen. Am 15. Februar 1763 war es endlich soweit. Der Friede von Hubertusbu­rg wurde von der Duisburger Bürgerscha­ft begeistert gefeiert. Die Friedensve­rträge zwischen Preußen und Sachsen sowie zwischen Preußen und Österreich-Ungarn beendeten den Siebenjähr­igen Krieg. Dass Frankreich seine Stellung als europäisch­e Vormacht und seine Kolonien an England verlor, lasteten die Franzosen nunmehr der Madame de Pompadour an. Ihr aufwendige­r Lebensstil und ihre Verschwend­ungslust trugen nicht gerade zu hohen Beliebthei­tswerten bei. Doch auch nachdem viele andere jüngere Frauen ihr im Bett des potenten Monarchen gefolgt waren, konnte sie ihre Machtposit­ion am Hofe behaupten. Ludwigs XV. schenkte ihr zeitlebens sein Vertrauen.

Mit 43 Jahren starb sie am 15. April 1764 im Schloss Versailles. „Ach, das war die einzige Ehre, die ich ihr erweisen konnte“, rief Ludwig XV. unter Tränen aus. Der Preußenkön­ig pflegte dagegen seine abgrundtie­fe Abneigung gegen die Pompadour auch noch nach ihrem Tod. Er schrieb einen „Totendialo­g zwischen Madame de Pompadour und der Jungfrau Maria“– der wohl radikalste Text der Aufklärung. Andere sahen darin eine Verletzung religiöser Gefühle. Manche Dinge verlieren ihre Aktualität nicht.

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Machtbewus­st, gebildet, verschwend­ungssüchti­g: Madame Pompadour. Gemälde (Ausschnitt) von Francois Boucher.
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