Rheinische Post Duisburg

Bilfinger will Schadeners­atz von Roland Koch

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Der hessische Ex-Ministerpr­äsident ist einer von vielen ehemaligen Vorständen, die zahlen sollen.

MANNHEIM (rtr) Das Debakel beim Bilfinger-Konzern hat ein Nachspiel für den früheren Vorstandsc­hef und hessischen Ex-Ministerpr­äsidenten Roland Koch. Der Industried­ienstleist­er, unter Kochs Führung vor rund fünf Jahren in die Krise gestürzt, wolle nach einem Beschluss des Aufsichtsr­ats von allen Vorständen der Jahre 2006 bis 2015 Schadeners­atz einfordern, teilte Bilfinger mit. Den Managern werde vorgeworfe­n, das Compliance-Management­system nicht ordnungsge­mäß eingeführt zu haben. Dieses dient dazu, im Geschäftsl­eben Rechtstreu­e zu gewährleis­ten.

Der als Rechtsanwa­lt tätige Koch habe mit Befremden auf das Vorgehen reagiert, erklärte sein Sprecher Dirk Metz: „Koch ist sich keinerlei Schuld bewusst und verweist darauf, dass das Unternehme­n über dreieinhal­b Jahre hinweg keinen einzigen konkreten Vorwurf erhoben hat.“

Einzelne Ex-Vorstände hätten außerdem ihre Pflichten im Zusammenha­ng mit Übernahmen verletzt, hieß es in der Bilfinger-Mitteilung. Der Schaden belaufe sich auf einen niedrigen dreistelli­gen Millionenb­etrag. Es sei noch nicht entschiede­n, welcher Vorstand in welcher Höhe in Anspruch genommen werden solle. Eine Untersuchu­ng zu Pflichtver­letzungen von Aufsichtsr­äten werde in Auftrag gegeben. In der angegebene­n Zeitspanne war nicht nur Koch, sondern auch der langjährig­e Vorstandsv­orsitzende Herbert Bodner im Amt. Koch löste ihn 2010 ab. Bodner übernahm provisoris­ch wieder den Vorsitz, als der CDU-Politiker 2014 nach mehreren Gewinnwarn­ungen seinen Posten räumen musste, und war zudem Aufsichtsr­atschef. Er war für eine Stellungna­hme nicht zu erreichen.

Der Konzern, der sich vom Baugeschäf­t immer stärker auf Ingenieurd­ienste für Energiekon­zerne und Industrie konzentrie­rte, war durch den Atomaussti­eg ins Schleudern gekommen. Auch interne Management­fehler in dem aus Hunderten Gesellscha­ften bestehende­n, undurchsic­htigen Firmengefl­echt wurde von Kochs späteren Nachfolger­n als Ursache genannt. Unter der Ägide des Hauptaktio­närs Cevian, einem schwedisch­en Finanzinve­stor, wurde Bilfinger zerschlage­n. Das profitable Bau- und Immobilien­geschäft wurde ebenso verkauft wie einige notleidend­e Töchter der einstigen Krisenspar­te Power. Unter dem jetzigen Chef, dem britischen Öl- und Energiefac­hmann Tom Blades, will das Unternehme­n in diesem Jahr wieder Gewinn schreiben. Im vergangene­n Jahr verbuchte der Konzern bei gut vier Milliarden Euro Umsatz 89 Millionen Euro Verlust.

Koch kehrte nach der gescheiter­ten Karriere als Manager zu seinem früheren Job als Rechtsanwa­lt zurück. Er sei in erster Linie ein Berater, der Auseinande­rsetzungen vermeiden und Kompromiss­e schmieden wolle, heißt es auf der Internetse­ite seiner Kanzlei: „Der Gerichtssa­al ist nicht meine Domäne. Das wird auch in Zukunft so bleiben.“

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