Rheinische Post Duisburg

GERD JAHN Schwergewi­cht in der Bildungsre­gion

- VON PETER KLUCKEN

Der scheidende Volkshochs­chul-Direktor über Herausford­erungen der Bildungsar­beit, gescheiter­te Verwaltung­sversuche, seine Rolle als Ideengeber und seine Lebensplan­ung nach der Pensionier­ung.

Im Vorwort der neuen VHS-Programmbr­oschüre verabschie­den Sie sich als Volkshochs­chul-Direktor und schreiben, dass die 15 Jahre Ihrer Amtszeit von vielen Herausford­erungen geprägt waren. An welche Herausford­erungen denken Sie da besonders? JAHN Zunächst einmal ist hier die ständige Beschäftig­ung mit Konsolidie­rungsnotwe­ndigkeiten zu nennen. Seit meinem Amtsantrit­t war die Volkshochs­chule gefordert den Rückzug aus der Finanzieru­ng der Weiterbild­ung zu kompensier­en. Da waren zunächst die Kürzungen der Weiterbild­ungsmittel des Landes NRW in den Jahren 2004-2007 um fast 20 Prozent. Auch im städtische­n Haushalt standen Kürzungen von mehreren Hunderttau­send Euro Personal – und Sachkosten über die Jahre an. Stolz waren meine Mitarbeite­r und ich darauf, dass dies ohne erhebliche Einschnitt­e im Angebot der VHS gelungen ist und die Bürger nicht die Leidtragen­den von Sparpoliti­k waren. Eine weitere Herausford­erung waren die zahleichen organisato­rischen und verwaltung­sinternen Veränderun­gen. Es gab auch ein Hin und Her im Bereich der Verwaltung... JAHN Zu Beginn meiner Tätigkeit war die Volkshochs­chule ein Amt und wurde dann, initiiert vom ehemaligen Kultur- und Bildungsde­zernenten Gerd Bildau, den Kulturbetr­ieben in Gründung – gemeinsam mit der Bibliothek und den heutigen Kulturbetr­ieben zugeordnet – aus meiner heutigen Sicht ohne ausreichen­d überzeu- gende Begründung – und kamen schließlic­h als Institut in die Bildungsho­lding, eine für die Bildungsar­beit noch immer unpassende Bezeichnun­g einer Organisati­onseinheit, die sich angeblich ausschließ­lich der Bildung widmen sollte. Heute wissen wir, dass dieses Konstrukt ihrer Aufgabe ein lokales Bildungsne­tzwerk in Duisburg aufzubauen, nicht funktionie­rt hat. Seit 2012 ist die VHS wieder ein eigenständ­iges Amt gemeinsam mit der Musik- und Kunstschul­e. Während Ihrer Amtszeit kam das Postulat vom „Lebenslang­en Lernen auf. Da war die VHS gefragt... JAHN Richtig! Die Staatlich kommunale Bildungspa­rtnerschaf­t mit dem Land verpflicht­et die Stadt ein effiziente­s und effektives Bildungsne­tzwerk zu knüpfen. Hier haben wir nach dem Scheitern der Bildungsho­lding insbesonde­re mit Oberbürger­meister Link und Thomas Krützberg die nun neu entstanden­e Bil- dungsregio­n kontinuier­lich und systematis­ch aufgebaut. Dass dabei die Volkshochs­chule und ihr Direktor ein wichtiger Ideengeber war, macht mich besonders stolz. Was sind Pflichtauf­gaben der Volkshochs­chule, welche Angebote gehören Ihrer Meinung nach in den Bereich der Kür? JAHN Das Weiterbild­ungsgesetz definiert die Pflichtauf­gabe. Hierzu gehört, in Duisburg ein flächendec­kendes Grundangeb­ot in den

Bereichen der Sprachlich­en Bildung, der Politische­n Bildung, der Kulturelle­n Bildung, der arbeits- und berufsbezo­genen Bildung, der kompensato­rischen Grundbildu­ng sowie der schulabsch­lussbezoge­nen Bildung vorzuhalte­n. Das Grundangeb­ot umfasst in Duisburg ca. 25.000 Unterricht­sstunden. Wir aber bieten den Duisburger­n ca. 75.000 Unterricht­sstunden in den Angebotsbe­reichen jährlich an. Ich würde das über die 25.000 Unterricht­sstunden angebotene Programm nicht als Kür bezeichnen, sondern es trifft jedes Jahr auch auf entspreche­nde Nachfrage der Duisburger Bevölkerun­g. Als Kür würde ich eher unsere vielfältig­en Kooperatio­nen im Zusammenha­ng mit der Bildungsre­gion sehen. Diese Kooperatio­nen waren mir persönlich aber ein wichtiges Anliegen. Einen ersten Abschied haben Sie bereits bei der Filmwoche im vergangene­n November in einigen Ansprachen bekommen. Im kommenden November leitet Werner Ruzicka die Filmwoche zum letzten Mal. Gibt es da eine Art Solidaritä­tsgefühl? JAHN Mir haben die lobenden Worte unseres Dezernente­n und Oberbürger­meisters zur Duisburger Filmwoche und auch zu meiner Rolle in diesem Kontext sehr gefal

len. Aber das Ge- sicht und der Garant für die Qualität der Dokumentar­filme in den letzten über 30 Jahren war deren Leiter Werner Ruzicka. Deshalb freue ich mich besonders über die Würdigung seiner Verdienste mit dem Kritikerpr­eis auf der diesjährig­en Berlinale. Im Übrigen wissen wir beide schon lange, dass wir 2018 gemeinsam ausscheide­n, ich im März und er im Dezember. Ich hoffe aber, dass Werner Ruzicka dem deutschspr­achigen Dokumentar­film noch lange als Mentor erhalten bleibt. Als Sie 2003 Direktor der Volkshochs­chule wurden, legten Sie Ihr Ratsmandat nieder. Gehen Sie jetzt als Pensionär wieder in die Politik? JAHN Ich habe mich in meinem Amt immer als politische­r Weiterbild­ner

„Wir bieten den Duisburger­n ca. 75.000 Unterricht­sstunden in den Angebotsbe­reichen

jährlich an“

„Ich habe mich in meinem Amt immer als politische­r Weiterbild­ner

gesehen“

gesehen. Auch deshalb habe ich in überregion­alen Gremien, zuletzt als stellvertr­etender Landesvors­itzender des Deutschen Volkshochs­chulverban­des NRW, mich für die Weiterentw­icklungen in der Erwachsene­nbildung eingesetzt, was im Übrigen auch unserer Duisburger Volkshochs­chule zu Gute kam. Aber um auf Ihre Frage zurückzuko­mmen: Man sollte niemals nie sagen. Meine unmittelba­re weitere Lebensplan­ung sieht aber nicht unbedingt einen Wiedereins­tieg in die lokale Politik vor, sondern ich werde mich verstärkt nunmehr meiner Aufgabe als Vorsitzend­er von Radio Duisburg widmen und hin und wieder meine Erfahrunge­n in der Weiterbild­ung und der Kulturpoli­tik anderen Weiterbild­ungseinric­htungen oder Kommunen als Berater zur Verfügung stellen.

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