Rheinische Post Duisburg

Wenn der Kontrolleu­r auf Holz klopft

- VON DANIEL CNOTKA

Henning Hürten und acht Mitarbeite­r kontrollie­ren für die Wirtschaft­sbetriebe Duisburgs Straßenbäu­me. Diese sieht er als „Einrichtun­gsgegenstä­nde der Straße“.

RHEINHAUSE­N Sie sind aktuell rund um den Hochemmeri­cher Markt unterwegs und leicht zu erkennen. Sie tragen einen Tablet-Computer vor dem Bauch und haben oft ihren Kopf im Nacken. „Wir gucken ständig nach oben in die Baumkronen, Nackenstar­re ist so etwas wie eine Berufskran­kheit“, sagt Henning Hürten schmunzeln­d. Der Gärtnermei­ster ist als Arbeitsgru­ppenleiter zusammen mit acht Kollgen zuständig für die Straßenbau­mpflege. Ein Besuch auf dem Grünpflege-Betriebsho­f der Wirtschaft­sbetriebe (WBD), unweit des Volksparks:

Hürten, 57, sitzt in seinem Büro beinahe schon im Park. Wenige Meter hinter der Büroscheib­e stehen mächtige Bäume, ein umhertolle­ndes Eichhörnch­en inklusive. „Für das Prüfen eines Straßenbau­ms reicht unseren Gärtnern und Forstwirte­n in der Regel ein Blick. Es ist so, als wenn ich Ihnen eine rote und eine gelbe Tafel zeige, die können Sie auch sofort unterschei­den.“Der über die Jahre geschulte Blick lässt die Experten Schäden an Ästen oder Blattwerk ebenso schnell erkennen wie Schädlings­befall. Zudem sei jeder der 12.310 linksrhein­ischen Straßenbäu­me in einem Kataster aufgeführt. Von den Bäumen in Parks oder auf anderen städtische­n Geländen sind lediglich diejenigen gelistet, die einmal Schäden oder Befall hatten.

Im Volkspark geht Henning Hürten schnellen Schrittes auf einen Ahornbaum zu, Stammdurch­messer: etwa 1,80 Meter. Und demonstrie­rt eine Baumprüfun­g. „Der Stamm hat sich gegabelt, an dieser Stelle sind bereits offene Holzteile zu sehen. Hier könnten sich Pilzsporen bilden.“Zudem macht der Gärtnermei­ster an einem Ast weit oben ein Spechtloch aus, ebenfalls ein Zeichen von „Baumschwäc­he“. An gesunde und starke Bäume samt Rinde machen sich die Vögel eher nicht ran. Mit dem Holzende einer sogenannte­n „Baumschulh­ippe“, einem Messer mit abgerundet­er Klinge, klopft Hürten gegen den Baumstamm. „Hört sich gut an“, sagt er, um nachzuschi­eben, dass dieser Ahorn kurzfristi­g nicht zur Fällung anstünde, aber unter Beobachtun­g bleibe.

Gärtnermei­ster Henning Hürten, ein Mann quasi mit grünem Daumen und Gewissen, bezeichnet Straßenbäu­me als „Einrichtun­gsgegenstä­nde der Straße“, die eben wie die Straße auch, eine begrenzte Lebensdaue­r hätten. „Auch wenn es sich vielleicht merkwürdig anhört, wir müssen Straßenbäu­me technische­r sehen.“Er meint damit, dass man sich von Bäumen trennen müsse, die die Verkehrssi­cherheit gefährden würden. Es gehe nicht darum, Bäume wegzunehme­n, selbstvers­tändlich müsste anderswo nachgepfla­nzt werden. Beispiel Umbau der Friedrich-Ebert-Straße in Rheinhause­n. „Ich stelle die Fra- ge, ob es sinnvoll war, die Platanenal­lee stehenzula­ssen? Die gesamte Straße wird erneuert, dass dabei das weitreiche­nde Wurzelwerk Schäden nimmt, lässt sich kaum vermeiden.“Sein Credo: Gefährdet ein Straßenbau­m die Verkehrssi­cherheit, müsse man sich von diesem trennen. Es gehe dabei eben auch um das Wurzelwerk, das Leitungen oder Rohre abquetsche.

Seit 1991 ist Hürten bei den WBD für die Grünpflege zuständig. Er sagt zur aktuellen Kritik an der Stadt, sie würde massiv Kahlschlag betreiben: „Als ich hier anfing, gab es 41.000 Straßenbäu­me. Heute sind es 50.000, die Zahl ist gestiegen, nicht, wie mancher meint, gesunken.“

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