Wenn der Kontrolleur auf Holz klopft
Henning Hürten und acht Mitarbeiter kontrollieren für die Wirtschaftsbetriebe Duisburgs Straßenbäume. Diese sieht er als „Einrichtungsgegenstände der Straße“.
RHEINHAUSEN Sie sind aktuell rund um den Hochemmericher Markt unterwegs und leicht zu erkennen. Sie tragen einen Tablet-Computer vor dem Bauch und haben oft ihren Kopf im Nacken. „Wir gucken ständig nach oben in die Baumkronen, Nackenstarre ist so etwas wie eine Berufskrankheit“, sagt Henning Hürten schmunzelnd. Der Gärtnermeister ist als Arbeitsgruppenleiter zusammen mit acht Kollgen zuständig für die Straßenbaumpflege. Ein Besuch auf dem Grünpflege-Betriebshof der Wirtschaftsbetriebe (WBD), unweit des Volksparks:
Hürten, 57, sitzt in seinem Büro beinahe schon im Park. Wenige Meter hinter der Büroscheibe stehen mächtige Bäume, ein umhertollendes Eichhörnchen inklusive. „Für das Prüfen eines Straßenbaums reicht unseren Gärtnern und Forstwirten in der Regel ein Blick. Es ist so, als wenn ich Ihnen eine rote und eine gelbe Tafel zeige, die können Sie auch sofort unterscheiden.“Der über die Jahre geschulte Blick lässt die Experten Schäden an Ästen oder Blattwerk ebenso schnell erkennen wie Schädlingsbefall. Zudem sei jeder der 12.310 linksrheinischen Straßenbäume in einem Kataster aufgeführt. Von den Bäumen in Parks oder auf anderen städtischen Geländen sind lediglich diejenigen gelistet, die einmal Schäden oder Befall hatten.
Im Volkspark geht Henning Hürten schnellen Schrittes auf einen Ahornbaum zu, Stammdurchmesser: etwa 1,80 Meter. Und demonstriert eine Baumprüfung. „Der Stamm hat sich gegabelt, an dieser Stelle sind bereits offene Holzteile zu sehen. Hier könnten sich Pilzsporen bilden.“Zudem macht der Gärtnermeister an einem Ast weit oben ein Spechtloch aus, ebenfalls ein Zeichen von „Baumschwäche“. An gesunde und starke Bäume samt Rinde machen sich die Vögel eher nicht ran. Mit dem Holzende einer sogenannten „Baumschulhippe“, einem Messer mit abgerundeter Klinge, klopft Hürten gegen den Baumstamm. „Hört sich gut an“, sagt er, um nachzuschieben, dass dieser Ahorn kurzfristig nicht zur Fällung anstünde, aber unter Beobachtung bleibe.
Gärtnermeister Henning Hürten, ein Mann quasi mit grünem Daumen und Gewissen, bezeichnet Straßenbäume als „Einrichtungsgegenstände der Straße“, die eben wie die Straße auch, eine begrenzte Lebensdauer hätten. „Auch wenn es sich vielleicht merkwürdig anhört, wir müssen Straßenbäume technischer sehen.“Er meint damit, dass man sich von Bäumen trennen müsse, die die Verkehrssicherheit gefährden würden. Es gehe nicht darum, Bäume wegzunehmen, selbstverständlich müsste anderswo nachgepflanzt werden. Beispiel Umbau der Friedrich-Ebert-Straße in Rheinhausen. „Ich stelle die Fra- ge, ob es sinnvoll war, die Platanenallee stehenzulassen? Die gesamte Straße wird erneuert, dass dabei das weitreichende Wurzelwerk Schäden nimmt, lässt sich kaum vermeiden.“Sein Credo: Gefährdet ein Straßenbaum die Verkehrssicherheit, müsse man sich von diesem trennen. Es gehe dabei eben auch um das Wurzelwerk, das Leitungen oder Rohre abquetsche.
Seit 1991 ist Hürten bei den WBD für die Grünpflege zuständig. Er sagt zur aktuellen Kritik an der Stadt, sie würde massiv Kahlschlag betreiben: „Als ich hier anfing, gab es 41.000 Straßenbäume. Heute sind es 50.000, die Zahl ist gestiegen, nicht, wie mancher meint, gesunken.“