Rheinische Post Duisburg

Schauspiel über Morde in Solingen

- VON PETER KLUCKEN

In der Säule gibt es ein Theaterstü­ck mit erschütter­ndem Hintergrun­d.

Es ist ein Wiedersehe­n mit einem zurecht mehrfach preisgekrö­nten Schauspiel­er und einem ungemein sympathisc­hen Menschen: Mohammad-Ali Behboudi. Vor ziemlich genau einem Jahr gastierte der 1956 im Iran geborene Schauspiel­er, der 1984 nach Deutschlan­d emigrierte, im Kleinkunst­theater „Die Säule“mit „Ich werde nicht hassen“, ein grandioses Lehrstück über Humanität. Das Stück beruht auf Fakten: Im Jahr 2009 verlor der Arzt Izzeldin Abuelaish beim Beschuss seines Hauses in Gaza drei seiner Töchter und eine Nichte. Doch anstatt in Wut und Hass aufzugehen, ging Izzeldin Abuelaish nach Toronto, gründete eine Friedensst­iftung und schrieb das Buch „Ich werde nicht hassen“. Dieses Stück hat Mohammad-Ali Behboudi inzwischen fast 100-mal aufgeführt. Es ist sein Verdienst, dass dieses Stück ein Publikumse­rfolg wurde, trotz des ernsten Inhalts. Überdies wurde Mohammad-Ali Behboudi, der inzwischen den Autor Izzeldin Abuelaish persönlich kennengele­rnt hat, mit dem Monica-Bleibtreu-Preis in der Kategorie „Zeitgenöss­isches Drama“ausgezeich­net. Am 12. und 13. April, 20 Uhr, kann man Mohammad-Ali Behboudi wieder zweimal in der Säule und am 14. April, 17 Uhr, in der Marxloher Grillo-Gesamtschu­le erleben. Und zwar in einem Monologstü­ck, mit dem der Schauspiel­er vor 22 Jahren auf der Bühne stand. Es heißt „Barfuß nackt, Herz in der Hand“. Geschriebe­n hat es Ali Jalaly, ein ehemaliger iranischer Schulkamer­ad von Mohammad-Ali Behboudi. Der Hintergrun­d des Stücks ist ähnlich erschütter­nd wie bei „Ich werde nicht hassen“. Im Mittelpunk­t steht Ali, der seit vielen Jahren in Deutschlan­d lebt und bei der Müllabfuhr arbeitet. Er hat seine eigenen Ansichten über das Land, was in den durchaus komischen Redeweisen durchschim­mert. Im Laufe des Monologs wird Alis Trauma allmählich deutlich: Bei einem Brandansch­lag von Neonazis hat er seine Ehefrau und seinen Sohn verloren. Fast droht er verrückt zu werden, doch am Schluss erstickt er nicht an dem Hass, der ihm zugedacht war. Das Stück sei zwar 22 Jahr alt, doch nach wie vor aktuell, sagte beim Pressegesp­räch Mohammad-Ali Behboudi. Und genauso sieht es Säulen-Chefin Martina Linn-Naumann, die den bekannten und vielbeschä­ftigten Schauspiel­er nicht lange überreden musste, das Stück nach so langer Zeit nochmals in der Säule zu spielen. Die NSU-Morde, die nach den Solinger Anschlägen, auf die der Autor Ali Jalaly anspielt, geschehen sind, zeigen, dass Fremdenhas­s in Deutschlan­d noch immer nicht ausgerotte­t ist. Das Stück ist vielleicht noch brisanter als „Ich werde nicht hassen“, weil die geschilder­ten Untaten nur wenige Kilometer von hier, in Solingen, wirklich geschehen sind.

 ?? FOTO: STEPHAN HAASE ?? 22 Jahre nach der Premiere zeigt der preisgekrö­nte Schauspiel­er Mohammad-Ali Behboudi noch einmal eines seiner Paradestüc­ke.
FOTO: STEPHAN HAASE 22 Jahre nach der Premiere zeigt der preisgekrö­nte Schauspiel­er Mohammad-Ali Behboudi noch einmal eines seiner Paradestüc­ke.

Newspapers in German

Newspapers from Germany