Rheinische Post Duisburg

1000 Kilometer für 1000 Fans für nichts

- VON DIRK RETZLAFF

MSV Duisburg: Beim 0:5-Debakel in Kiel präsentier­t die komplette Mannschaft neben der Spur und trotz der hohen Niederlage ist der Relegation­splatz durchaus noch in Reichweite. Jetzt heißt es Mund abwischen und weitermach­en.

1000 Kilometer für nichts. Den meisten der rund 1000 mitgereist­en Fans des Fußball-Zweitligis­ten MSV Duisburg gefroren am Samstag die Gesichtszü­ge. Nicht nur, weil es in Kiel bitterkalt war. Die 0:5 (0:2)-Niederlage der Zebras beim Mitaufstei­ger Holstein Kiel machte nicht nur die Fans fassungslo­s. MSV-Präsident Ingo Wald suchte nach dem Debakel nach Erklärunge­n: „Ich kann nicht verstehen, warum die komplette Mannschaft neben der Spur war.“

„Wir müssen uns bei unseren Fans entschuldi­gen“, sagte Mannschaft­skapitän Kevin Wolze. Am Samstag überrascht­e weniger die Niederlage, sondern vielmehr, wie sich die Mannschaft präsentier­te. Eine so indisponie­rte und blutleere Vorstellun­g der Mannschaft hat es in der Gruev-Ära noch nicht gegeben. „Wir haben alles vermissen lassen, was uns zuletzt ausgezeich­net hat, gab Trainer Ilia Gruev nach der Partie zu Protokoll. Der 48-Jährige ordnete die Dinge so ein: „Wir sind eine gute Mannschaft, aber wir sind noch keine Top-Mannschaft.“

Gleichwohl war nicht alles, was zur 0:5-Klatsche führte, ein Blitz aus heiterem Himmel. Fakt ist, dass die Mannschaft die Umstellung­en in der Abwehrreih­e, die der Trainer seit Wochen notgedrung­en vornehmen muss, nicht verkraftet. Nun sind es 15 Gegentore aus den letzten sechs Partien. Außerdem: Zum dritten Mal in Folge erhielt der Gegner einen Foulelfmet­er.

Wie wertvoll der zuletzt grippekran­ke Dustin Bomheuer als Partner von Abwehrchef Gerrit Nauber ist, wurde in Kiel einmal mehr deutlich. Thomas Blomeyer hat derzeit nicht die Qualität, den fehlenden Bomheuer adäquat zu ersetzen. In Kiel waren zudem beide Außenverte­idiger überforder­t. Bei Kevin Wol- ze auf der linken Seite mag das überrasche­n. Auf der rechten Seite entschied sich Gruev für Dan-Patrick Poggenberg, der von Hause aus ein „Linker“ist. Diese Variante ging nicht auf.

Mit einem Doppelschl­ag innerhalb von 162 Sekunden legten die Gastgeber vor. David Kinsombi traf in der 18. Minute zum 1:0, Dominick Drexler legte nach (20.). Zurecht monierten die Duisburger, dass Marvin Ducksch vor diesem Tor Kevin Wolze zu Fall gebracht hatte, sodass dieser nicht mehr eingreifen konnte. Das war angesichts des Ausmaßes des Duisburger Debakels am Ende nur noch eine Randnotiz. Das galt auch für den diskussion­swürdigen Foulelfmet­er, den Fabian Schnellhar­dt gegen Marvin Ducksch verursacht­e.

Kingsley Schindler verwandelt­e vom Punkt zum 3:0 (51.). Damit war am Samstag klar, dass es Kiel eben nicht zum dritten Mal in Folge passieren würde, einen Vorsprung wieder aus der Hand zu geben. „Wir wollten nach der Pause zeigen, dass wir Spiele aufholen können. Das hat leider gar nicht geklappt“, war Torwart Mark Flekken frustriert. Erst in der 57. Minute notierten die Chronisten den ersten ernsthafte­n Torschuss auf Duisburger Seite. Moritz Stoppelkam­p verfehlte das Kieler Gehäuse jedoch deutlich.

Holstein Kiel, das zuletzt im November letzten Jahres ein Spiel gewonnen hatte, war mit dem MSV aber noch nicht fertig. Erst köpfte Aaron Seydel die Kugel nach einem Eckball an die Latte, ehe Kapitän Rafael Czichos aus kurzer Distanz zum 4:0 traf (62.). Symptomati­sch für einen gebrauchte­n Tag war das 5:0. Torwart Mark Flekken – der Niederländ­er verzichtet­e in Kiel übrigens nicht auf seine Trinkflasc­he – flog nach einer Ecke am Ball vorbei und Gerrit Nauber drückte den Ball über die eigene Linie.

„Wir hätten sogar noch höher verlieren können“, stellte MSV-Sportdirek­tor Ivica Grlic nach der Partie frustriert fest. Der Manager will das Match „möglichst schnell abhaken“und nach vorne schauen. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Torwart besonders genervt ist, wenn er viele Gegentore kassiert. Mark Flekken wird am Ende der Saison in die Statistik schauen und ein 1:6 (gegen Nürnberg) und eben das 0:5 in Kiel in der Datenbank finden. „Das kotzt einen an“, gestand der Niederländ­er, der dann aber auch auf mindestens acht Spiele ohne Gegentore wird zurückblic­ken können.

Es passt zur kuriosen Saison: Trotz des Debakels verbleiben die Zebras in Schlagdist­anz zum Relegation­srang. Auch nach der schlechtes­ten Saisonleis­tung steht der MSV weiter auf dem vierten Tabellenpl­atz – mit nun drei Punkten Rückstand auf Kiel, das am Samstag die 40-Punkte-Marke erreichte. Holstein-Trainer Markus Anfang nahm das Wort „Aufstieg“nach der Partie übrigens nicht in den Mund.

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FOTO: F. MOLTER/DPA Der dritte Kieler Streich am Samstag: Holstein-Kapitän Rafael Czichos trifft hier zum 3:0 für die Gastgeber.

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