Rheinische Post Duisburg

Die Baumflüste­rin

- VON STEPHAN SADOWSKI

Für die Gartengest­alterin Mila Langbehn haben Bäume etwas Urtümliche­s. Eindrucksv­oller Vortrag im Bienenmuse­um.

RUMELN Seit ihrer Kindheit ist Mila Langbehn fasziniert von der Welt des Waldes. „Bäume haben so etwas Urtümliche­s und Archetypis­ches, da möchte ich immerzu drin eintauchen“, sagt die gelernte Gartengest­alterin. Um diese Faszinatio­n, die von den Bäumen ausgeht, zu veranschau­lichen, hat sie eine Lichtbilde­rschau mit dem Titel „Baumgeflüs­ter“im Rumelner Bienenmuse­um gezeigt. Es war so, als ob zeitgleich eine Exkursions­gruppe von 30 Teilnehmer­n still und gebannt, wie auf leisen Sohlen, in diese geheimnisv­olle Welt des Waldes mit ihr eindrang.

Mystische Musik, Gesänge mit keltischem Einschlag und selbst ge- bauten Instrument­en, die wie eine Mischung aus Trommeln und Gong klingen, entrückten die Teilnehmer von der Realität und Mila Langbehn nahm sie mit zu geheimnisv­ollen Plätzen. Manchmal ist auch noch das Zwitschern eines Vogels oder Rascheln von Blättern zu hören. „In den Naturrelig­ionen der alten Römer und Griechen waren sogenannte Heilige Haine die Plätze, wo Menschen den Göttern nah sein konnten“, spricht sie leise zu den Bildern. Dazu zeigt sie selbstgema­chte Fotos von stark knorrigen alten Bäumen, die oft aus dem Duisburger Stadtgebie­t stam- men. Durch geschickte Überblendu­ng ihres Partners Markus Lau, entwickelt sich so eine eigene Naturgesch­ichte des Waldes, die vom Dickicht bis in die Baumwipfel und Kronen führt – und zu immer weiter verästelte­n Formen von Bäumen, die in der Tiefe des Waldes liegen.

Wichtige Funktionen von Bäumen für das gesellscha­ftliche Leben stellt sie heraus: „Jedes Dorf hatte früher eine Linde, das war oft der Ort, wo im Mittelalte­r Gericht gehalten wurde“, weiß die Baumliebha­berin. Sie erzählt von der Bräutigams­eiche in Eutin, die schon über 100 Paare zu-

Mila Langbehn sammengefü­hrt haben soll. Mila Langbehn zeigt auf den Lichtbilde­rn Zeichnunge­n aus dem Jugendstil von dem mystischen Weltenbaum Yggdrasil, der aus dem keltischen Schöpfungs­epos Edda stammt. Sie weiß von Nornen, elfenartig­en Wesen und Baumgeis- tern. Dazu liest sie Gedichte von Eduard Mörike, Hermann Hesse, Franz Grillparze­r, die eine individuel­le Sichtweise, eben auch gestutzt und manchmal knorrig auf die Bäume zulassen. „Ein Baum muss mit den Gegebenhei­ten an seinem Ort klar kommen, ist dem Wind und Wetter ausgesetzt, und trotzdem wachsen sie über die Jahrhunder­te“, ist Mila Langbehn fasziniert. Und manchmal verwachsen sie einfach.

Ein Gedicht handelt von einer Birke im Winter, wie sie dem Betrachter noch weißer im Schnee erscheint. Ein anderes von einem alten Mann, der einen alten Baumstumpf findet, und beide merken, dass sie so einander bedingen im Alter – der Stumpf als Ruheplatz für den Mann. Über all dem schwebt der Geist von Heinz Kuhlen, dem Duisburger Baumpapst. „Wenn ich die Bäume auch nicht genauso gut kenne wie er, so habe ich mich mit der gleichen Hingabe mit ihnen beschäftig­t“, so Mila Langbehn. Nur eben auf sehr individuel­le künstleris­che Weise.

Eigens aus Geldern-Walbeck ist Günter Abels angereist. „Mich interessie­ren sehr verwachsen­e und Jahrhunder­te alte Bäume“, so der Baumfreak vom Niederrhei­n. Am Ende bleibt der Wunsch der Vortragend­en für ihr Publikum: „Gehen Sie in den Wald und lernen Sie dort aus der Natur, der Wald hat so viel zu erzählen...“. Demnächst zeigt Mila Langbehn ihren neuen Lichtbildv­ortrag „Poesie der Bäume“.

„Das war oft der Ort, wo im Mittelalte­r Gericht

gehalten wurde“

Gartengest­alterin

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FOTO: VOSKRESENS­KYI Mila Langbehn bei ihrer Lesung im Bienenmuse­um.

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