Rheinische Post Duisburg

Auch Kritik am Steinmeier-Besuch

- VON TIM HARPERS

Der Besuch von FrankWalte­r Steinmeier ließ die Duisburger eher kalt. Nur wenige Zuschauer waren gestern in Marxloh dabei. Und die, die da waren, bewerteten den Auftritt des Bundespräs­identen kritisch.

Der Himmel war so grau wie der Stadtteil selbst. Pünktlich zum Antrittsbe­such von Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier zogen gestern morgen dicke Regenwolke­n über Marxloh. Nur wenige Zaungäste waren an die Absperrung­en vor der Katholisch­en Grundschul­e an der Henrietten­straße gekommen, in der das deutsche Staatsober­haupt auf seiner NRW-Tour Station mach-

Harald Borum te, um sich über die Entwicklun­gen in Duisburgs Problemsta­dtteil zu informiere­n.

So recht Lust auf den Besuch des Bundespräs­identen schien in der Stadt kaum jemand zu haben. Selbst Oberbürger­meister Sören Link hatte im Vorfeld von Steinmeier­s Besuch kritische Töne gefunden. Und der Unternehme­rverband hatte erst am Montag angemerkt, es gebe in Duisburg sicherlich viele schönere Orte, die einen Besuch wert seien. Die Ablehnung setzte sich gestern auch am Straßenran­d fort: „Und wieder einer...“, sagte Harald Borum, der seit mehr als 40 Jahren in dem Stadtteil lebt. An anderer Stelle gab es Proteste gegen Krieg und Waffenhand­el. Ein Umstehende­r beleidigte Steinmeier so ehrverletz­end, dass die Polizei ihn festnahm.

Gut dreivierte­l Stunde benötigte CDU-Ratsfrakti­onschef Rainer Enzweiler gestern mit dem Wagen von Alt-Hamborn bis nach Marxloh, „weil die Polizei aber auch wirklich alles abgesperrt hatte“. Große Erwartunge­n hatte er im Vorfeld an den Besuch des Bundespräs­identen nicht gestellt. „Die Bundeskanz­lerin war schon hier. Warum soll der Bundespräs­ident also nicht auch mal vorbeischa­uen.“Überrascht habe ihn, dass sich auf der Henrietten- straße kaum Bürger sehen ließen. Und aus dem Duisburger Rat sei er wohl der einzige, „ich habe zumindest keinen anderen gesehen“- den Oberbürger­meister mal ausgenomme­n.

Der Bundespräs­ident erklärte bei seinem Besuch in der Henrietten­schule, dass er zwar auch nach Marxloh gekommen sei, um sich die Probleme anzusehen. Aber es sei ihm ebenfalls wichtig, herauszust­ellen, wie erfolgreic­h die Menschen diesen Problemen begegneten. An der Grundschul­e Henrietten­straße werden 200 Kinder aus 15 Nationen unterricht­et. „Diese Schule ist ein gutes Beispiel für funktionie­rende Integratio­n“, lobte Steinmeier die dortigen tätigen Lehrer.

Seine Stippvisit­e führte den Bundespräs­identen auch noch zu einer

„Wir haben hier schon viele gehabt. Die Bundeskanz­lerin, Armin La

schet, Cem Özdemir“

Marxloher „Dieser Rummel ist hier ja schon beinahe normal“

Dieter Trogisch

Anwohner

(inzwischen von der Stadt geräumten) Problemimm­obilie. Daniela Lesmeister, ehemalige Duisburger Rechtsdeze­rnentin, die zig solcher Schrotthäu­ser hatte räumen lassen, und die nun im NRW-Innenminis­terium arbeitet, konnte ihm dazu Einiges erzählen. Zudem führte Steinmeier Gespräch mit Geschäftsl­euten auf der Brautmoden­meile am Pollmannkr­euz. Danach ging es für ihn weiter nach Dortmund.

Zurück blieben die Marxloher Bürger. Dieter Trogisch zum Beispiel wohnt ganz in der Nähe des früheren Problemhau­ses, das sich der Bundespräs­ident hatte zeigen lassen. Heute kümmert sich der Pensionär als sogenannte­r Straßenpat­e um kleine Blumenbeet­e an der Henrietten­straße. „Als Nachbar habe ich erlebt, wie es in diesem Haus zuging, als es noch bewohnt war“, sagte er. „Die Bewohner haben uns um den Schlaf gebracht. Die waren selten vor 4 Uhr im Bett. Und selbst nachts haben da noch Kinder draußen gespielt.“Nachdem die Stadt das Gebäude habe räumen lassen, habe sich die Situation deutlich entspannt. Den Besuch des Bundespräs­identen bewertete er kritisch. „Dieser Rummel ist hier ja schon beinahe normal“, sagte er. Ob Steinmeier­s Besuch dem Stadtteil etwas bringen wird? „Vielleicht..., aber wohl eher nicht.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany