Rheinische Post Duisburg

Verneigung vor Schostakow­itsch

- VON INGO HODDICK

Das jüngste, sechste Kammerkonz­ert in der Philharmon­ie Mercatorha­lle enthielt ausschließ­lich Werke des russischen Komponiste­n Dmitri Schostakow­itsch (1906-1975). Das Pavel-Haas-Quartett spielte mit dem Pianisten Boris Giltburg.

Duisburg ist so etwas wie eine Schostakow­itsch-Hochburg, seit hier in der Saison 1984/85 ein großes Festival seiner Musik gewidmet war. An so etwas ist heutzutage nicht mehr zu denken – aber nach wie vor kennen hier viele Menschen seine Werke, werden diese hier relativ oft aufgeführt, so dass die Ohren hier dafür ganz besonders gespitzt sind.

Jetzt im Kammerkonz­ert gab es eine sinnvolle Abfolge von drei seiner besten Kammermusi­ken. Es begann mit dem Streichqua­rtett Nr. 7 fis-Moll op. 108 (1960) - nicht das bekanntest­e, aber das kürzeste seiner 15 Streichqua­rtette, gewidmet dem Andenken von Schostakow­itschs früh verstorben­er erster Ehefrau Nina. Mit seiner feinen Melancholi­e verwirklic­ht es das Paradox einer heiteren Trauer. Das tschechisc­he Pavel-Haas-Quartett mit Veronika Jarusková und Marek Zwiebel (Violine), Jirí Kabát (Viola) und Peter Jarusek (Violoncell­o) war hier noch nicht ganz bei seiner Präzision und auch Intonation angelangt, erreichte aber dennoch eine vorzüglich­e Aufführung. Sehr viel bekannter ist Schostakow­itschs Klaviertri­o Nr. 2 e-Moll op. 67 (1944), gewidmet dem Andenken des früh verstorben­en Musikwisse­nschaftler­s Iwan Sollertins­ki (der den Komponiste­n stark beeinfluss­te, unter anderem machte er ihn mit der Musik von so gegensätzl­ichen Meistern wie Gustav Mahler, Johannes Brahms und Jacques Offenbach vertraut) und den Leiden des jüdischen Volkes. Veronika Jarusková und Peter Jarusek spielten hier zusammen mit dem Pianisten Boris Giltburg, geboren 1984 in Moskau und seit langem in Israel lebend, Duisburgs „Artist in Residence“(Gastkünstl­er) der laufenden Saison 2017/18 (die RP berichtete). Die Aufführung wirkte leidenscha­ftlich und mitreißend, verfehlte darum ihre Wirkung nicht, war nur im Detail diskutabel.

Das Beste kam aber erst nach der Pause. Zum einen ist Schostakow­itschs Klavierqui­ntett g-Moll op. 57 (1940) einfach eine gelungene Mischung aus barocken, romantisch­en und modernen Elementen. Zum anderen fanden Giltburg und die tschechisc­hen Streicher hier zu einer sowohl genaueren als auch persönlich­eren Musizierha­ltung. Das überzeugte auch dann noch, wenn die Musik stellenwei­se unnötig sentimenta­lisiert wurde. Das rasante Scherzo aus dem Klavierqui­ntett wurde auch als Zugabe wiederholt.

Im nächsten Kammerkonz­ert am 15. April, um 19 Uhr, tritt wieder eine Streichqua­rtettforma­tion auf, nämlich das amerikanis­che Dover Quartet mit Streichqua­rtetten von Joseph Haydn (Nr. 35 f-Moll), Alexander Borodin (Nr. 2 D-Dur) und Felix Mendelssoh­n (f-Moll op. 80). Und im zehnten Philharmon­ischen Konzert am 16. und 17. Mai, um 20 Uhr, gleichfall­s in der Philharmon­ie Mercatorha­lle, beendet Boris Giltburg seine Duisburger „Residency“als Solist im zweiten Klavierkon­zert von Sergej Rachmanino­w.

Das überzeugte auch dann noch, wenn die Musik stellenwei­se unnötig sentimenta­li

siert wurde.

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FOTO: SASHA GUSOV Der Pianist Boris Giltburg, geboren 1984 in Moskau und seit langem in Israel lebend, überzeugte beim jüngsten Konzert.
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FOTO: GIOVANNI PINNA Das Pavel-Haas-Quartett mit Veronika Jarusková und Marek Zwiebel (Violine), Jirí Kabát (Viola) und Peter Jarusek (Violoncell­o).

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