Rheinische Post Duisburg

„Trump weiß, dass ich die Wahrheit sage“

- VON FRANK HERRMANN

Pornostar Stephanie Clifford, alias Stormy Daniels, spricht in einem großen TV-Interview über ihre angebliche Affäre mit US-Präsident Donald Trump. Es geht um Schweigege­ld und Drohungen.

WASHINGTON Stephanie Clifford sitzt in einem dezent möblierten Fernsehstu­dio und erzählt, wie ein Mann versucht habe, sie einzuschüc­htern. Ein Parkplatz in Las Vegas, sie wollte mit ihrer kleinen Tochter einen Fitnesskur­s besuchen. Sie kramte nach den Windeln, als sich ein Unbekannte­r ihrem Auto näherte. „Lassen Sie Trump in Ruhe. Vergessen Sie die Geschichte“, habe er ihr gesagt. Dann habe er ihre Tochter angeschaut und gedroht: „So ein süßes kleines Mädchen, es wäre doch schade, wenn ihrer Mutter etwas zustoßen würde.“

Das amerikanis­che Publikum kennt Stephanie Clifford eher als Stormy Daniels, unter dem Namen, den sie sich als Pornodarst­ellerin zulegte. Sie stammt aus Baton Rouge am Mississipp­i, mit 17 trat sie zum ersten Mal in einem Stripclub auf, mit 21 begann sie Pornofilme zu drehen. Als 2010 die Tea-PartyWelle durchs Land rollte, spielte sie mit dem Gedanken, sich in ihrem Heimatstaa­t Louisiana für einen Sitz im US-Senat zu bewerben. Vor zwei Monaten tauchte sie erneut im Rampenlich­t auf, nachdem das „Wall Street Journal“über eine Schweigeve­reinbarung zwischen ihr und Donald Trump berichtet hatte. Seither tourt sie durchs Land, wobei der Titel ihrer Tournee Anleihen beim „Make America Great Again“des Präsidente­n aufnimmt: „Make America Horny Again“(„Macht Amerika wieder geil“).

Waren das bislang eher Nischenver­anstaltung­en gewesen, so suchte Stephanie Clifford am Sonntagabe­nd die renommiert­este Fernsehbüh­ne, die man zwischen Seattle und Miami haben kann. Für „60 Minutes“, den Quotenreko­rdhalter unter den TV-Magazinen, ließ sie sich von Anderson Cooper interviewe­n, einem trotz seiner weißen Haare jungenhaft wirkenden Moderator, einem der populärste­n der USA.

Die verstörend­e Szene auf dem Parkplatz, erzählt sie, hatte damit zu tun, dass eine Zeitung ihre Geschichte über eine Affäre mit Trump drucken wollte. Fünf Jahre zuvor, 2006, habe sie Sex mit ihm gehabt, in einer Hotelsuite am Lake Tahoe, einem Bergsee in der Sierra Nevada. Der Immobilien­mogul war zu einem Golfturnie­r angereist, kurz nachdem seine Frau Melania den gemeinsame­n Sohn Barron zur Welt gebracht hatte. Trump habe sie zum Dinner aufs Zimmer gebeten, wo er ihr als Erstes eine Zeitschrif­t mit seinem Konterfei auf dem Titel zeigte. „Und ich dann: Jemand sollte diese Zeitschrif­t nehmen und Sie damit versohlen.“Sie werde seinen Gesichtsau­sdruck nie vergessen, wahrschein­lich habe noch nie jemand so mit ihm geredet, sagt Clifford schmunzeln­d. Jedenfalls habe er seine Unterhose ein Stück herunterge­lassen und sich den Hintern versohlen lassen. Damals, so die heute 39-Jährige, habe er ihr eine Rolle in seiner Reality-Show „The Apprentice“in Aussicht gestellt. „Es war ein Business-Deal“, sagt sie kühl. Bei ei- ner zweiten Begegnung, 2007 in Beverly Hills, habe sie abgelehnt, mit ihm ins Bett zu gehen.

So plastisch die Frau aus Baton Rouge das beschreibt, es ist das juristisch­e Nachspiel, das die eigentlich­e Brisanz birgt. 2011, so Clifford, habe sie ihre Story für 15.000 Dollar an ein Magazin verkauft. Obwohl der Artikel nicht gedruckt wurde, gibt sie zu verstehen, reichte offenbar schon das Manuskript aus, um jemanden zu veranlasse­n, sie massiv unter Druck zu setzen. Der Mann auf dem Parkplatz habe ihr solche Angst eingejagt, dass sie später nicht lange überlegte, als sie ein Angebot aus Trumps Umfeld annahm. Michael Cohen, einer der Rechtsbera­ter des Tycoons, soll 130.000 Dollar (104.000 Euro) gezahlt haben, um ihr Schweigen zu erkaufen – elf Tage vor der Wahl im Oktober 2016. Ihr damaliger Anwalt habe zugeraten: „Sie können Ihnen das Leben zur Hölle machen“, habe er über Trumps Leute gesagt.

Cohen bestreitet, in Trumps Auftrag gehandelt zu haben. Cliffords Anwalt wiederum, ein Kalifornie­r namens Michael Avenatti, sieht seine Mandantin nicht mehr an die Vereinbaru­ng gebunden. Trump, argumentie­rt er, sollte sie unterzeich­nen, unter dem Pseudonym David Dennison. Nur fehle an der dafür vorgesehen­en Stelle die Unterschri­ft, so dass die Übereinkun­ft hinfällig sei. Cohen wiederum hat Clifford damit gedroht, sie für jeden einzelnen Fall, in dem sie ihr Schweigen bricht, auf eine Million Dollar Strafe zu verklagen. Ihre Retourkuts­che spricht Bände: Spektakulä­rer als mit einem Auftritt bei „60 Minutes“kann man sein Schweigen kaum brechen. Was sie dem Präsidente­n sagen würde, falls er zuschaue, fragt Cooper. Cliffords Antwort: „Er weiß, dass ich die Wahrheit sage.“

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