Rheinische Post Duisburg

JULIA KLÖCKNER „Verbrauche­r entscheide­n über Tierwohl“

- KRISTINA DUNZ UND EVA QUADBECK FÜHRTEN DAS INTERVIEW.

Sie kann Trecker fahren und setzt auf Hightech in der Landwirtsc­haft. Julia Klöckner will die Digitalisi­erung in den Kuhstall tragen und zugleich die Bedingunge­n für die Tiere verbessern. Im Interview spricht sie auch über Öko-Landbau.

Die neue Landwirtsc­haftsminis­terin treffen wir in ihrem Ministeriu­m in Berlin. Ein wenig zu spät kommt sie die breite Steintrepp­e zu ihrem Dienstzimm­er hochgeeilt. Julia Klöckner, wie man sie kennt: herzlich und direkt. Frau Klöckner, drei Bauernweis­heiten – welche trifft auch heute zu? a) Bauer werden ist nicht schwer, Bauer bleiben ist eine Ehr. b) Bauernlebe­n ist am fröhlichst­en und voller Hoffnung. c) Je kleiner das Dorf, desto bissiger die Hunde. KLÖCKNER (lacht) Alle drei Bauernrege­ln enthalten viel Wahres. Sonst hätten sie sich ja nicht bis heute gehalten. Welche gefällt Ihnen am besten? KLÖCKNER Die zweite mit der Fröhlichke­it und der Hoffnung. Es geht um Lebensmitt­el und Zukunft. Fehlt Ihnen das Leben auf dem Land, wenn Sie jetzt als Ministerin auf Berlin festgelegt sind? KLÖCKNER Ich werde an den Wochenende­n auch noch rauskommen. Es kann ja nicht sein, dass ich für den ländlichen Raum zuständig bin, aber in Berlin wie in Tupperware eingemacht lebe. Der Bauernverb­and beklagt, dass der Ausbau des Glasfasern­etzes für schnelles Internet bis 2025 zu lange dauert. Haben Sie da nicht mehr Ehrgeiz? KLÖCKNER Wir wollen deutschlan­dweit Lücken im Mobilfunk schließen und den neuen G5-Standard einführen. Das ist besonders für die ländlichen Räume wichtig. Die Kommunen haben bereits die Zusagen für den Breitbanda­usbau – die Mittel müssen jetzt abgerufen werden. Vielerorts führt das zu einer starken Auslastung im Baubereich und deshalb zu Verzögerun­gen. Hier müssen wir noch schneller werden. Ich bin im vergangene­n Jahr einen GPSgesteue­rten Mähdresche­r gefahren. Oder schauen Sie sich die technische Präzision an, mit der heute Pflanzensc­hutzmittel und Dünger ausgebrach­t werden können. Nicht Gießkanne, sondern ganz gezielt. Eine Reduktion von Pflanzen- schutzmitt­eln und Sprit auf ein Minimum ist dadurch möglich. Auch die Versorgung und das Melken von Kühen im Stall kann durch eine digitale Steuerung so optimiert werden, dass sich die Tiere wohlfühlen und der Bauer bei Problemen über eine App alarmiert werden kann. Ohne schnelles Internet nutzt die ganze Technik aber nichts. Der Bauernverb­and fordert auch, dass Noten für Fleischwar­en vergeben werden sollen, je nachdem, wie gut die Schweine gehalten wurden. Was halten Sie davon? KLÖCKNER Die Verbrauche­r wollen wissen, woher ein Tier kommt und wie es gehalten wurde. Es gibt dazu bereits verschiede­ne Initiative­n aus der Branche und von Supermärkt­en. Für mich steht fest: Verlässlic­hkeit und Übersicht für die Verbrauche­r gibt es nur mit einem staatliche­n Label, an dessen Einführung wir bereits arbeiten. Wir müssen darauf achten, dass wir den Verbrauche­rn eine klare Orientieru­ng an die Hand geben. Das staatliche Tier- wohllabel wird klare, einheitlic­he Kriterien haben. Das ist transparen­t und eine wirkliche Hilfe bei der Kaufentsch­eidung. Wenn wir künftig vor der Supermarkt­theke stehen, dann erkennen wir auf der Salami-Packung, wie das Tier gelebt hat, dessen Wurst da liegt? KLÖCKNER Genau das ist das Ziel eines staatliche­n Tierwohlla­bels. Und die Verbrauche­r können entscheide­n, was ihnen Tierwohl auch im Preis wert ist. Werden die Fleischpre­ise steigen? KLÖCKNER Es wird immer noch so sein, dass es auch preiswerte­s Fleisch gibt. Die Verbrauche­r sollen sich künftig aber bewusst dafür entscheide­n können, zu den Waren zu greifen, die aus Ställen mit mehr Tierwohl kommen. Ich werde niemandem Vorschrift­en machen, was er kauft und isst, aber ich sehe, dass das Bewusstsei­n bei diesem Thema wächst. Was unternehme­n Sie, dass die Tiere nicht mehr unter grausamen Umständen zum Schlachten transporti­ert werden? KLÖCKNER Wir sind Spitzenrei­ter in der EU beim Tierschutz, aber wir wollen natürlich noch besser werden. Gerade Tiertransp­orte treffen die gesamte EU. Gemeinsam mit unseren dänischen und niederländ­ischen Nachbarn haben wir uns schon 2014 für mehr Tierschutz beim Transport stark gemacht. Vergangene­n November hat mein Amtsvorgän­ger den zuständige­n EU-Kommissar aufgeforde­rt, nicht hinnehmbar­e Verhältnis­se bei Tiertransp­orten zu beenden – da bleibe ich dran. Bei unserem Tierwohlla­bel werden wir Zeiten festlegen, wie und wie lange Tiere zum Schlachten transporti­ert werden dürfen. Sollte der Ökolandbau weiter ausgeweite­t werden? KLÖCKNER Wir haben uns das Ziel gesetzt, Öko-Landbau bis 2030 auf 20 Prozent auszubauen. Heute sind wir bei etwa acht Prozent Anteil. Die Nachfrage bei Verbrauche­rn nach Öko-Produkten steigt. Viele Verbrauche­r setzen aber auch auf einen Mix aus Öko- und konvention­ellen Produkten. Ich halte daher nichts davon, Öko- und konvention­ellen Anbau gegeneinan­der auszuspiel­en. Bitte vervollstä­ndigen Sie folgenden Satz: Im Jahr 2021 wird Kanzlerin Merkel . . . KLÖCKNER … drei Jahre älter sein.

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