Berlin hat die schnellsten Finanzämter
Der Bund der Steuerzahler hat die durchschnittlichen Bearbeitungsdaten für Steuererklärungen ermittelt. Fazit: Es dauert zwischen sechs und acht Wochen. NRW liefert keine präzisen Daten und entzieht sich so einer Beurteilung.
DÜSSELDORF Das mit der Bearbeitungszeit bei Steuererklärungen ist ein bisschen so wie die gefühlte Temperatur. Die nimmt der Mensch subjektiv wahr, aber das Gefühl muss nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Auf die Steuererklärung übertragen: Viele Bürger haben das Gefühl, dass die Finanzämter immer länger für die Bearbeitung brauchen, wenn der Steuerzahler Geld zurückbekommt, während es deutlich schneller geht, wenn der Fiskus eine Nachforderung hat. Dem ist aber nicht so, wenn man dem Bund der Steuerzahler glaubt: „Die Bearbeitung der Steuerfälle erfolgt allein nach dem Eingang der Steuererklärungen. Ob es dann zu einer Steuererstattung oder Nachzahlung kommt, ist nicht entscheidend“, sagt Isabel Klocke, Abteilungsleiterin Steuerrecht und Steuerpolitik beim Bund der Steuerzahler.
Die zweigeteilte Geschwindigkeit ist also eine Mär. Tatsächliche Tempo-Unterschiede bei der Bearbeitung gibt es zwischen den einzelnen Bundesländern. Die schnellsten Finanzämter gibt es nach einer Auswertung des Bundes der Steuerzahler für 2016 in Berlin, Hamburg und im Saarland, die langsamsten in Hessen, Niedersachsen und Bremen (siehe nebenstehende Tabelle).
Jedenfalls, wenn es um die Bearbeitungszeiten in Tagen geht. In Nordrhein-Westfalen sind die Finanzämter im Schnitt womöglich noch langsamer, doch das lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, weil sich das nordrhein-westfälische Finanzministerium seit Jahren beharrlich weigert, dem Bund der Steuerzahler präzise Daten mitzuteilen. Eine fundierte Begründung habe es dafür bisher nicht gegeben, heißt es. Das Ministerium wollte sich auf Anfrage nicht zu den Gründen für die von allen anderen Ländern abweichenden Auskünfte äußern. Dem Steuerzahler-Bund hat das Ministerium unter anderem mitgeteilt, dass innerhalb von zwei Wochen bis vier Monaten 95 Prozent aller Einkommensteuererklärungen bearbeitet und binnen sechs Monaten fast 99 Prozent der Erklärungseingänge erledigt würden. So eine Spanne hilft beim Vergleich natürlich nicht. „Aus welchem Grund NRW keine konkreten Angaben macht, ist uns nicht bekannt“, sagt Isabel Klocke. Im Umfeld der Finanzverwaltung heißt es, dass es nicht an der Software liegen könne, weil NRW dasselbe Tool nutze wie andere Länder.
In der bundesweiten Statistik haben sich 2016 neun Bundesländer verbessert, sechs schnitten schlechter ab als im Vorjahr. NRW bleibt dank seiner großzügig bemessenen Spielräume stabil, wird aber dafür in der Steuerzahlerbund-Statistik auch auf dem letzten Platz geführt.
Den größten Sprung nach vorn gemacht hat das Saarland. Aus 62 Tagen durchschnittlicher Bearbeitungszeit im Jahr 2015 sind ein Jahr später 46 geworden. Rechnet man das in Arbeitstagen, sind die Saarländer im Mittel drei Wochen schneller geworden. So eine Beschleunigung weist im Bundesvergleich niemand auf. Das Finanzministerium in Saarbrücken erklärt auf Anfrage, man habe einen Maßnahmenkatalog aufgelegt, um die Bearbeitungszeiten zu verkürzen.
Isabel Klocke
Bund der Steuerzahler