Rheinische Post Duisburg

Das gute Herz der Einradzebr­as

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Rosi Bongers (61) ist Trainerin der Einradabte­ilung des MSV Duisburg. Die gehört zu den erfolgreic­hsten Leistungss­portgruppe­n in Duisburg. Seit Bongers die Verantwort­ung trägt, hat der Verein über 700 Medaillen geholt.

Rosi Bongers Zeiten im Sattel sind endgültig vorbei. Die 61-Jährige leitet heute nur noch das Training. Rund 20 ihrer Schützling­e sind an diesem Abend in die Walter-Schädlich-Halle nach Ham- born gekommen – aus dem ganzen Stadtgebie­t und von noch weiter weg. Viele junge und einige ältere Mädchen ziehen hier ihre Kreise, einige Jungs und ein paar Erwachsene. Erfahrene Wettkämpfe­r sind darunter und blutige Anfänger. Doch so unterschie­dlich die Sportler in der Halle auch sind, sie alle haben Eines gemeinsam: Sie setzten ihre Hoffnungen in Rosi Bongers, das gute Herz der Einradzebr­as. Sie ist die Frau, die sie alle noch ein Stück besser machen kann.

Die Einradzebr­as sind eine der erfolgreic­hsten Vereins-Abteilunge­n in Duisburg. Der Club, der zu den Turnern des MSV gehört, hat seit seiner Gründung im Jahr 1991 so viele Medaillen bei Deutschen-, Welt- und Europameis­terschafte­n abgeräumt, dass sich mit ihnen mehr als nur eine Wand füllen ließe. „Es müssten etwas mehr als 700 Medaillen sein“, sagt Rosi Bongers. „Plusminus“. So genau könne das niemand mehr sagen. Allein 150 WMMedaille­n sind darunter – davon 29 goldene – und mehr als 150 deutsche Meistertit­el. „Ja, da hat sich echt was entwickelt in den vergangene­n Jahren“, sagt Bongers. „Damit konnten wir nicht rechnen, als wir 1991 angefangen haben.“

Die Abteilung, in der heute mehr als 120 Sportler im Breiten- und Leistungss­portbereic­h aktiv sind, bestand anfangs aus einer kleinen Truppe. „Wir waren fünf bis sechs Leute“, erinnert sich Bongers. „Das war damals die Akrobatik-Abteilung des MSV. Anfang der 90er gab es einen kleinen Hype um Einräder und da habe ich mir auch eins gekauft. Das habe ich dann einfach mal zu unserem Training mitgebrach­t.“Das sei bei den Teilnehmer wirklich gut angekommen. „Beim nächsten Treffen hatten wir dann auf einmal vier Einräder und noch etwas später hatten wir alle eins.“Kurz darauf habe Bongers dann die Akrobatik-Abteilung abgegeben und die Einrad-Zebras gegründet. Schon damals mit dem Ziel, irgendwann Leistungss­port betreiben zu wollen.

„Unter Leistungss­port mit Einrädern kann sich kaum jemand etwas vorstellen“, sagt Bongers. „Dabei ist das, was wir machen, gar nicht so abwegig. Wir fahren Rennen. 400, 600, 800 Meter – wer die schnellste Zeit hat, gewinnt. So einfach ist das.“Es gebe im Einradspor­t zwar noch andere Diszipline­n wie das Kunstradfa­hren oder Einrad-Basketball. „Wir haben damals aber gesagt, wir machen lieber eine Sache richtig.“Und das sei offenbar eine gute Entscheidu­ng gewesen. Die große Medaillena­usbeute der Einradzebr­as hat in der Szene einen hohen Stellenwer­t. Obgleich noch immer eine Nischenspo­rtart, kommen gerade bei großen Wettkämpfe­n wie Welt- und Europameis­terschafte­n bis zu 3000 Sportler zusammen, um sich zu messen. „Große Konkurrenz kommt besonders aus Asien“, sagt Bongers. „Dort ist der Einradspor­t etwas populärer als bei uns.“

Das letzte Mal selbst auf dem Einrad saß die 61-Jährige vor einigen Jahren. „Ich kann zwar Einradfah-

Rosi Bongers ren“, sagt die Trainerin. „Aber weder schön, noch besonders gut.“Sie sei zwar in einer Erwachsene­nSpaß-Trainingsg­ruppe mitgefahre­n, aber nachdem die sich aufgelöst habe, sei sie sich nicht mehr in den Sattel gestiegen. „Ich habe mich mehr auf die Wissens- und Technikver­mittlung eingeschos­sen.“Das sei besonders in den Anfangsjah­ren eine große Aufgabe gewesen. „Es gab nun einmal keine Vorreiter auf diesem Gebiet. Wir mussten da sehr viel lernen, viel lesen und noch mehr ausprobier­en.“

In den Genuss des so mühsam zusammenge­tragenen Wissens kommen heute junge Nachwuchst­alente wie die zwölfjähri­ge Luisa Schindelma­nn. „Einradfahr­en ist etwas Besonderes“, sagt sie. „Das machen nicht viele. Von meinen Freunden höre ich immer so Sachen wie: ,Boah Einrad?’“Das sei dann schon ein gutes Gefühl. Die Balance an sich sei beim Rennenfahr­en gar nicht das Problem. Viel wichtiger für

„In Asien ist der Einradspor­t etwas populärer

als bei uns“

Trainerin

die Geschwindi­gkeit sei es, mit dem Rad nicht zu sehr herumzuwac­keln. „Das braucht dann schon etwas Übung. Aber die Rosi zeigt uns, wie das am besten geht.“Rosi Bongers lächelt, als sie der zwölfjähri­gen Luisa zuhört. Sie pflegt ein enges Verhältnis zu allen ihren Sportlern. Und die vertrauen ihr. Kein Wunder. Ein Blick auf die Medaillena­usbeute sagt eigentlich alles. Das gute Herz der Einradzebr­as gilt nicht umsonst als die Frau, die jeden noch ein Stück besser machen kann.

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