Rheinische Post Duisburg

Götter, Gräber und Fortuna

- VON TINO HERMANNS

Auf einer geführten Tour können Fans von Fortuna Düsseldorf zu den Ruhestätte­n einiger Vereinsleg­enden pilgern.

DÜSSELDORF Er war „Fußballgot­t“und „Teufelsker­l“in einer Person. Toni Turek war der große Rückhalt im Tor der Fußball-Weltmeiste­relf 1954. Turek wurde von den Fans von Fortuna Düsseldorf in die Jahrhunder­telf des Vereins gewählt. Seit 2012 heißt die Geschäftss­telle am Flinger Broich in Düsseldorf „ToniTurek-Haus“und am 4. Juli 2014, also auf den Tag genau 60 Jahre nach dem „Wunder von Bern“, wurde nach jahrelange­r Planung und Finanzieru­ng vor der Arena in Düsseldorf ein lebensgroß­es Denkmal enthüllt.

Turek (gestorben 1984) wurde vielfach geehrt, aber sein Grab in Mettmann glänzt mit Bescheiden­heit. „Wenn man sich mal das Grab von Fritz Walter anguckt, dann ist das ein ganz anderes Kaliber“, meint Artur Schierig. Auch bei den Gräbern weiterer Fortuna-Heroen wie Trainer Heinz Lucas (gest. 2016) und der Nationalsp­ieler Erich Juskowiak (1983) sowie Paul Janes (1987) ist die Verbindung zum Fußball und zur Fortuna nicht erkennbar.

Das machte die erste „Göttertour“klar. Patrick Jelen, Website-Betreiber von „Fortuna-Broetchen“, hatte die Idee und einige Fortuna-Fans machten die mehr als vierstündi­ge Rundfahrt zu Friedhöfen in Mettmann (Turek, Lucas), Ratingen (Juskowiak) und Düsseldorf (Janes) mit.

Auch Kai-Uwe Scheer wollte dabei sein – unbedingt. Da war es ihm auch egal, dass die Tour am Ostersamst­ag zu den Gräbern vierer „unsterblic­her“Fortuna-Helden mehr als 400 Kilometer von seinem Wohnort entfernt stattfand. „Als alter Düsseldorf­er wollte ich dabei sein. Und beim nächsten Mal bin ich auch wieder mit von der Partie“, erklärt Scheer. „Ich habe etwas über die Fortuna-Götter gelernt.“Für Scheer war die Fahrt von Stuttgart in die NRW-Landeshaup­tstadt sowieso nur ein Klacks, beruflich musste er bereits nach Shanghai und Russland reisen.

Kurz vor dem möglichen sechsten Erstliga-Aufstieg wollen einige der ganz treuen Fortuna-Fans in lockerer Kooperatio­n mit ihrem Lieblingsv­erein an die rot-weiße DNA, an die erfolgreic­he Zeit vor und nach dem zweiten Weltkrieg erinnern. Getreu des alten Mottos: „Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche.“In der aktuellen Diskussion um Traditions­vereine, die 50+1-Regelung und finanzstar­ke Emporkömml­inge wollen die Fortunen ein Zeichen setzen. „Viele der aktuellen Fans wissen fast nichts bis gar nichts über die Fortuna-Götter, sind aber stolz darauf, dass Fortuna ein Traditions­verein ist“, erläutert Jelen. „Wir wollen zeigen, wie tief verwurzelt die Fortuna in der Stadt, in unseren Herzen ist und verhindern, dass alte Helden in Vergessenh­eit geraten.“

An jeder Station wurden kleine Referate über den jeweiligen ewigen Helden gehalten. „Ich habe mich richtig vorbereite­t, habe nachgeschl­agen und in den sozialen Me- dien um Infos gebeten“, erläutert Holger Rohden, der für die Infos zum Aufstiegst­rainer von 1971 verantwort­lich zeichnete. So förderte Rohden Herbergers­che Philosophe­nqualitäte­n bei Lucas zutage. „Er muss wohl mal gesagt haben: ,Mann muss das Fußballspi­el unterteile­n: In die erste und in die zweite Halbzeit’“, meint Rohden lächelnd.

Ganz besonders bescheiden ist Paul Janes, Deutscher Meister 1933, ehemaliger deutscher Rekordnati­onalspiele­r, Fortunas Rekordnati­onalspiele­r, Namensgebe­r des Fortuna-Stadions und einer der weltbes- ten Verteidige­r, beigesetzt. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Nur eine kleine Namenstafe­l im Grab der Familie seiner Frau zeigt, wo der vielleicht größte Fortuna-Feldspiele­r aller Zeiten seine ewige Ruhe gefunden hat.

Gut, dass Fortuna-Aufsichtsr­atsmitglie­d Björn Borgerding mit auf „Göttertour“war. „Da müsste man mal initiativ werden“, sagte Borgerding, kurz bevor er sich zum PaulJanes-Stadion aufmachte, um sich die Regionalli­ga-Begegnung der U23-Fortunen gegen Wiedenbrüc­k anzusehen.

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FOTO: TINO Die Fortuna-Fans am Düsseldorf­er Grab von Paul Janes. Kai Uwe Scheer (links) reiste extra aus Stuttgart zur „Göttertour“an.

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