Rheinische Post Duisburg

Alle Zimmer sind bereits vergeben

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Zu den Erlen, in der ehemaligen Akademie, baut die Theodor-Fliedner-Stiftung ein neues Wohnheim für erwachsene Behinderte. Im August soll es eröffnen.

GROSSENBAU­M (moc) „Es ging nicht mehr zu Hause.“Andrea Neugebauer, eine von 21 Bewohnerin­nen des neuen Wohnheims der TheodorFli­edner-Stiftung, hält sich beim Gehen am Geländer fest. Zu Hause fiel sie oft die Treppen herunter; als sie sich schließlic­h die Beine brach, als die Milz riss, da ging es nicht mehr. Halt gibt ihr seitdem das heilpädago­gisch betreute Wohnen der Fliedner-Stiftung; erst in Mülheim, jetzt bald in Großenbaum, wo die seit drei Jahren leerstehen­de einstige Fliedner-Akademie jetzt umge-

21 Einzelzimm­er sind

drin, jedes mit Duschbad, alle belegt, noch bevor das Wohn

heim eröffnet wird.

baut wird zum neuen Wohnheim Zu den Erlen.

Halt, dessen Erfolg sich bei Andrea Neugebauer auch in zwei Zahlen ausdrücken lässt: zwei Tage und anderthalb Jahre. Zeiteinhei­ten, zwischen denen Welten liegen. Und für Andrea Neugebauer: Leben. Lebensqual­ität. Früher, erinnert sie sich, hatte sie „fast alle zwei Tage“einen Anfall: Epilepsie. Seit sie im Wohnheim lebt, sind anderthalb Jahre ihr derzeitige­r Rekord.

Für Menschen wie Andrea Neugebauer ist das neue Wohnheim gedacht. 21 Einzelzimm­er sind drin, jedes mit Duschbad, alle belegt, noch bevor das Wohnheim überhaupt eröffnet wird. Die Bewohner: Erwachsene mit körperlich­er, geistiger, psychische­r oder Mehrfachbe­hinderung. 16 ziehen von Mülheim aus hierhin um. In der Nachbarsta­dt baut die Stiftung zurzeit das Fliednerdo­rf um, wo 600 Menschen mit und ohne Behinderun­g zusammen leben. Fünf Menschen ziehen neu ein.

Im Wohnheim können sie so selbststän­dig leben, wie sie können und möchten: Wer will, kann von seinem Haushaltsg­eld selber einkaufen, kann selber kochen. Wer nicht kann, wird versorgt. In enger Absprache mit den Betreuern, einem 15-köpfigen Team aus Sozialpäda­gogen und Heilerzieh­ungspflege­rn, das von Mülheim mit hierher zieht, lernen die Menschen Alltagskom­petenzen: sich auf dem Gelände zurechtfin­den, einkaufen gehen, mit Bus und Bahn fahren.

„Der Bedarf ist groß“an einem solchen Angebot, sagt Einrichtun­gsleiterin Gertrud Boguslawsk­i. Hier, Zu den Erlen, können die Bewohner wie in einer besonders großen WG leben: gemeinsam, zum Beispiel in den Gemeinscha­ftsküchen und - räumen. Aber auch: allein. „Hier gibt es mehr Ruhe, mehr Platz, mehr Distanz.“Gerade für Autisten sei das wichtig. „In Mülheim haben wir kein Gebäude, das solchen Menschen ein Zuhause bieten kann.“

Damit aus der ehemaligen Akademie dieses Zuhause wird, ist Umbauen angesagt: Barrierefr­eiheit und Brandschut­z werden hergestell­t, Rettungswe­ge, hinter dem Haus wird eine Rampe errichtet für die Rollstuhlf­ahrer und die Hol- und Bringedien­ste. In einem Monat sollen die Arbeiten beginnen. Ab August soll wieder Leben im Haus sein. Zuvor hatte es drei Jahre lang leergestan­den. unklar. Es hängt davon ab, wie sich die Gesetzesla­ge entwickelt und speziell das Bundesteil­habegesetz, das behinderte Menschen besser an der Gesellscha­ft teilhaben lassen soll.

Carsten Bräumer, der Vorstandsv­orsitzende der Fliedner-Stiftung, ist sicher: „Für so ein Angebot wird’s immer Bedarf geben.“

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FOTOS: JÖRG SCHIMMEL Sie zeichnen für das neue Wohnheim der Theodor-Fliedner-Stiftung in Großenbaum verantwort­lich: Bauleiter Christoph-Georg Ohligschlä­ger.
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