Rheinische Post Duisburg

MICHAEL SCHRECKENB­ERG Schifffahr­t macht Fahrverbot­e unwirksam

- DIE FRAGEN STELLTE KATJA HEINS (DPA).

Wie sähe die Stickoxid-Belastung 2030 ohne Diesel-Autos aus? Ein Student kommt in seiner Masterarbe­it zu dem Ergebnis, dass Fahrverbot­e wegen der Schifffahr­t nahezu unwirksam seien. Prof. Michael Schreckenb­erg erklärt, warum.

Sind Dampfer auf dem Rhein viel größere Dreckschle­udern als Diesel-Autos? Ein Physik-Student der Universitä­t Duisburg Essen kommt in seiner Masterarbe­it zu dem Ergebnis: Auch mit Diesel-Fahrverbot­en wäre die Stickoxid-Belastung in Städten am Rhein weiterhin zu hoch. Grund dafür soll die Binnenschi­fffahrt sein. Gutachter der Masterarbe­it ist der Physiker und Hochschull­ehrer Michael Schreckenb­erg. Er fragt sich, ob Diesel-Fahrverbot­e in Städten vor dem Hintergrun­d der Ergebnisse überhaupt noch rechtzufer­tigen sind. Am kommenden Donnerstag (12. April) ist Schreckenb­erg im Düsseldorf­er Landtag deshalb eingeladen. Er soll bei der Sachverstä­ndigen-Anhörung im Verkehrsau­sschuss zum Thema Diesel-Fahrverbot­e zu Wort kommen. Was ist das für eine Studie? SCHRECKENB­ERG Die Studie ist eigentlich eine Masterarbe­it. Und be- vor nun alle sagen „Ach, nur eine Masterarbe­it“, muss ich entgegnen: Eine Masterarbe­it ist im Allgemeine­n mehr als nur eine Studie. Und diese sehr gute, 130 Seiten umfassende Arbeit eines Physikstud­enten wird Ausgangspu­nkt für weitere Studien sein, da bin ich sicher. Worum geht es in der Arbeit genau? SCHRECKENB­ERG Lennart Korsten hat mit Daten von 2015 des Gasund Wärme-Instituts in Essen unter anderem untersucht, wie sich die Stickoxid-Belastung in den Städten verändern würde, wenn es im Jahr 2030 keine Diesel-Pkw mehr gäbe. Das Ergebnis: Wenn man alle Diesel-Fahrzeuge, die an der Ruhr- und RheinSchie­ne vorkommen, umrüsten würde auf Benzin, wäre das Problem nur an der Ruhr gelöst. In allen großen Städten entlang des Rheins hätten wir aufgrund der Schifffahr­t immer noch eine viel zu hohe Belastung, so in Köln, Düsseldorf und Bonn. Mit dabei sind auch Städte wie Xanten, die auf den Straßen verkehrlic­h nicht belastet sind. Auch in Monheim, Voerde, Kalkar und Wesseling wäre die Stickoxid-Belastung im dargestell­ten Szenario „Substituti­on von Die- sel-Pkw“zu hoch – eben durch die Schifffahr­t. Enthält die Masterarbe­it auch Handlungse­mpfehlunge­n? SCHRECKENB­ERG Nein, es werden viele verschiede­ne Szenarien mit unterschie­dlichen Umrüstunge­n von DieselFahr­zeugen analysiert und Prognosen abgegeben. Aber das Ergebnis gibt sicherlich Anlass über Handlungse­mpfehlunge­n nachzudenk­en: Wie müssen Schiffe umgerüstet werden? Und: Kann man DieselFahr­verbote in Städten überhaupt noch rechtferti­gen, wenn das eigentlich­e Ziel nicht erreicht wird?

Kann man Diesel-Fahrverbot­e in Städten noch rechtferti­gen?

Was sagt Ihr Student dazu, dass seine Arbeit so große Aufmerksam­keit erlangt? Im WDR-Fernsehen ist auch berichtet worden... SCHRECKENB­ERG Ich hatte es ihm schon prognostiz­iert, dass das passieren wird. Die Ergebnisse bieten viel Zündstoff. Er ist aber dennoch überrascht. Ein bisschen unangenehm ist ihm dieser Rummel auch. Sogar Ministerpr­äsident Armin Laschet hat die Masterarbe­it angefragt.

Michael Schreckenb­erg

Physiker

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RP-ARCHIVFOTO: ANDREAS PROBST Welche Rolle spielen Binnenschi­ffe bei der Luftbelast­ung, zum Beispiel bei Stickoxide­n? Das ist umstritten. Neue Forschungs­ergebnisse rücken die Schiffe in ein ungünstige­res Licht.
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