Rheinische Post Duisburg

Der Hüter des feuerroten Geleuchts

- VON SABINE HANNEMANN

Karl Brand kümmert sich um das von weitem sichtbare Wahrzeiche­n auf der Halde Rheinpreuß­en. Er schließt die Tür des Kunstwerks auf und erklärt es anderen Menschen.

MOERS Wer sich Moers von Nordosten über die A 42 nähert, für den ist sie ein vertrauter Anblick. Die rot strahlende, riesige Grubenlamp­e weist den Weg nach Hause, fast wie ein Leuchtturm. Seit 2007 ist das „Geleucht“auf der Halde Rheinpreuß­en ein Wahrzeiche­n von Moers, ein Symbol für Heimat. 30 Jahre lang (1960-1990) entstand die 72 Meter hohe Halde aus dem Bergemater­ial des Bergbaus, hauptsächl­ich von Schacht IX der Moerser Ze- Stahlwerke­n des Ruhrgebiet­s eine Grundlage für den Wohlstand des ganzen Landes gelegt haben.

„Das Geleucht ist ein Denkmal“, sagt Karl Brand, der das Projekt von Beginn an begleitet. „Eine Erinnerung daran, dass unser Land ohne die Berg- und Stahlarbei­ter nicht das wäre, was es ist.“Karl Brand ist stolz, dieses Stück Heimat betreuen zu können. „Die Halde und das Geleucht sind mein Vorgarten. Mein Wohnzimmer“, sagt er, der seit 40 Jahren in Moers wohnt. „Zuerst war es eine willkommen­e neue Aufgabe, doch je mehr ich mich damit beschäftig­e, desto mehr identifizi­ere ich mich damit.“In der warmen Jahreszeit ist Brand an jedem Wo- chenende sowie mittwochs und donnerstag­s jeweils vier Stunden vor Ort. Er schließt dann die Tür des Kunstwerks auf, damit die Ausflügler auf die Aussichtsp­lattform auf zehn Metern Höhe steigen können. Auf kleinen Bronzetafe­ln ist dort rundum zu lesen, was es in der Ferne zu entdecken gibt.

Wenn die Leute rätseln, was gemeint ist, hilft Brand gerne auf die Sprünge. Im Laufe der Jahre ist er zum Experten geworden. Für den Bergbau, das Kunstwerk und alles, was das Auge rundum erblickt. „Erstaunlic­h, wie viel Grün man von oben sieht“– das sagen viele, die zum ersten Mal hier sind. Der Baerler Busch, der sich auf weiter Fläche im Norden der Halde erstreckt. Brand liebt es, die Veränderun­gen der Natur zu beobachten. Er ist immer wieder fasziniert vom Spiel des Lichts, vom aufsteigen­den Nebel, vom Aufreißen der Wolken nach einem Gewitter, wenn der Rhein wie mit Lichtspots von der Sonne angestrahl­t wird.

Der 68-Jährige liebt den Kontakt mit den Menschen. An manchen Tagen sind es bis zu 1000, die ihren Weg hier hoch finden. Hundehalte­r, Familien mit Kindern, Mountainbi­kefahrer, Jogger. Auch Wanderer führt ihr Weg hierhin, denn auf Initiative von Karl Brand führen sowohl der Niederrhei­nweg als auch der Bergbau-Wanderweg hier vor- bei. Brand ist Fremdenfüh­rer, Naturschüt­zer und Heimaterkl­ärer. Müllaufsam­mler. Manchmal Seelsorger. Dann und wann auch Verbündete­r bei kreativen Heiratsant­rägen. Besonders wichtig ist es ihm, auch gehbehinde­rten Personen den Aufstieg zu ermögliche­n. Bei Bedarf organisier­t er dazu einen Shuttleser­vice. Brand hat schon viele Fotosessio­ns vor der Kulisse des Geleuchts beobachtet. Immer wieder nutzen Autoclubs und Firmen das leuchtend rote Kunstwerk für ihre Werbeprosp­ekte und Webseiten. Von „seinem Geleucht“Abschied zu nehmen, das kann sich Brand nicht vorstellen. Er braucht dieses Stück Heimat – und umgekehrt genauso.

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RP-FOTO: KLAUS DIEKER Karl Brand kann sich ein Leben ohne das Kunstwerk nicht vorstellen.

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