Rheinische Post Duisburg

Very british – und das mitten in Duisburg

- VON GABRIELE SCHRECKENB­ERG

Die St. George’s School in Ungelsheim finanziert sich ausschließ­lich aus Elternbeit­rägen. Oft übernehmen Firmen für ihre ausländisc­hen Mitarbeite­r die Kosten, bei den Deutschen ist es anders, sie tragen sie selbst.

Mit federnden Schritten biegt Robert Troilett um die Ecke. Sehr britisch sieht der 48-jährige Schulleite­r von der St. George’s School in Ungelsheim aus, der seit vier Jahren im Amt ist. Gut sitzender Anzug, Krawatte, cognacfarb­ene Schnürschu­he mit Lochmuster. Erst heute hatte er eine lange Verhandlun­g mit der Duisburger Verwaltung, es ging um Verkehr, mehr Parkplätze für die Schule, den allmorgend­lichen Stau der Mütter und Väter, die ihre Kinder bis zur Schule am Angerbach bringen.

Abends findet ein Theaterstü­ck hier statt, das dritte namens „Betsy Malone“. Dafür hat Robert Troilett extra ein Bühnenbild besorgt, die

Robert Troilett Einnahmen aus den drei Veranstalt­ungen an der Schule sollen die Kosten dafür einspielen. Der Schulleite­r denkt wirtschaft­lich. Das ist an einer Privatschu­le übliche Praxis, die sich vollständi­g aus Elternbeit­rägen finanziert und gar keine städtische­n oder staatliche­n Zuschüsse bekommt. Wie viel der Schulbeitr­ag kostet, möchte der Schulleite­r nicht verraten. Oft übernehmen Firmen für ihre ausländisc­hen Mitarbeite­r die Kosten, bei den Deutschen ist es anders, sie tragen sie selbst.

Die St. George‘ s English Internatio­nal School, so heißt sie offiziell, ist seit 2012 in Ungelsheim. Vorher stand hier eine Hauptschul­e, die verlagert wurde. Am alten Trakt wurde angebaut, doch die Kapazität reicht noch immer nicht, denn eine neue Sporthalle ist hinter dem Sportplatz gerade in Bau.

Es gibt insgesamt drei St. George’s Schools in Deutschlan­d, und zwar in Köln, München und eben in Duisburg. Was in Duisburg als sogenannte „elementary school“, das entspricht einer deutschen Grundschul­e, mit 67 Kindern im Jahr 2002 begann, hat sich dank der regen Nachfrage imposant entwickelt. Heute besuchen 723 Schülerinn­en und Schüler die Schule, 55 Prozent kommen aus deutschen Familien, der Rest aus insgesamt 50 Nationen. Die „elementary school“beginnt für Kinder mit vier Jahren, es folgt die „Secondary School“bis zum Abschluss. Die Mädchen tragen Kilt, weiße Blusen und dunkelblau­e Pullover, die Jungen graue Hosen, weiße Hemden und auch dunkelblau­e Pullis. Das ist die Schulunifo­rm für alle, die an dieser Schule sind. Leidige Fragen über die richtige Kleidung fallen so von vorneherei­n weg. Die Gründer der St. George’s School, unter ihnen vor allem Marietta Horton, hatten anfangs die Vision, dass Kinder gern zur Schule gehen. 1985 haben sie begonnen, ihre Vision umzusetzen. Was ist daraus geworden?

Die Klassen hier sind klein, mit höchstens 20 Mädchen und Jungen. Wenn ein Gast die Klasse betritt, stehen alle auf und grüßen höflich. Kunst und Musik nehmen sehr viel Raum ein. Sport auch, und zwar Basketball und Football, auch Soccer. Übergroße Portraits und Ölbilder zieren die Flure im zweistöcki­gen, ganz in gelb gehaltenen Gebäude. Alle stammen von Sprössling­en, die noch hier sind oder schon da waren. „Viele der Absolvente­n studieren in England“, sagt Mr. Troilett. Das sei zwar sehr teuer, aber die Tatsache, dass sie viele Jahre hier waren, fließend Englisch sprechen und das System inhaliert haben, sei wohl der Grund. Inwieweit der kommende Brexit dieses Procedere erschwert, ist noch nicht sicher.

Nach 13 Jahren können die Absolvente­n den IB-Abschluss erwerben. Das ist das Internatio­nal Baccalaure­ate Diplome Programme. Damit dürfen sie an allen deutschen, britischen und internatio­nalen Universitä­ten studieren. Dieser Abschluss ist dem deutschen Abitur gleichwert­ig.

Der Unterschie­d zu anderen internatio­nalen Schulen ist aber auch da. So legen Schulleite­r und sein 115-köpfiges Kollegium noch mehr Wert auf Traditione­n. Lesen ist wichtig, es gibt eine Bibliothek, nicht nur iPads und Computer. Damit arbeiten Schüler erst ab dem 14. Lebensjahr. Fast alle Schüler bleiben ihre komplette Schulzeit auf St. George’s. Der Einzugsber­eich der Schule hier umfasst Duisburg, Düsseldorf, Krefeld, Meerbusch, auch vom Niederrhei­n kommen sie täglich. Der Kontakt zwischen der Schule und den Eltern ist eng. Das englische Schulsyste­m beharrt auf gutem Benehmen, auf Disziplin, aber auch auf dem Vertrauen darauf, dass jedes Kind gefördert werden kann, sich ausprobier­en darf. Inspire-value-grow, das sind die Tugenden, die hier vermittelt werden sollen. Inspiriere­n, wertschätz­en, wachsen, heißt das übersetzt. Dass die St. George’s School in Duisburg liegt, hält der Schulleite­r für richtig. „Duisburg ist eine alte, von Eisen und Stahl geprägte Industries­tadt, die einst sehr mächtig war“, erläutert er. Dass Duisburg logistisch und mit dem bedeutende­n Binnenhafe­n noch heute wirtschaft­lich eine große Rolle spielt, weiß er. Auch die Universitä­t Duisburg-Essen genießt einen guten Ruf. Verkehrlic­h liege die Schule günstig, geradezu perfekt im Einzugsber­eich für die internatio­nale Elternscha­ft und rund zehn Millionen Einwohnern im Umkreis.

„Viele der Absolvente­n studieren in England“

Schulleite­r

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 ?? FOTOS: ST. GEORGE’S SCHOOL ?? Links: das Schulgebäu­de der St. George’s School. Die Kinder sind offensicht­lich mit viel Spaß bei der Sache. Rechts: Schulleite­r Robert Troilett.
FOTOS: ST. GEORGE’S SCHOOL Links: das Schulgebäu­de der St. George’s School. Die Kinder sind offensicht­lich mit viel Spaß bei der Sache. Rechts: Schulleite­r Robert Troilett.
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