Der Verlierer ist der Gewinner
Landesligist FSV Duisburg ist stolz auf die Leistung, die er bei der 4:5-Niederlage im Halbfinale des Niederrheinpokals bei Rot-Weiß Oberhausen gezeigt hat. Nur die Rote Karte für Torhüter Marian Ograjensek trübt die Stimmung.
Am Ende ließen sich beide Mannschaften feiern. Die Spieler von RotWeiß Oberhausen gingen zu ihren Fans in die Kurve des Stadions Niederrhein, die Kicker des FSV Duisburg machten vor der Haupttribüne die Welle, wo ihr zahlreich mitgereister Anhang nach dem Schlusspfiff ausgeharrt hatte. Wer mehr Grund dazu besaß? Die Frage war nach dem Halbfinalspiel im Fußball-Niederrheinpokal gar nicht so leicht zu beantworten. Zwar hatte Regionalligist RWO durch das spektakuläre 5:4 den Einzug ins Endspiel gegen Rot-Weiß Essen geschafft, doch die Gäste aus der Landesliga mussten sich höchstens auf dem Papier als Verlierer fühlen.
Tatsächlich währte die Enttäuschung nach dem Abpfiff nur kurz und machte einem gewissen Stolz Platz. FSV-Vereinschef Erol Ayar plauderte am Spielfeldrand mit Oberhausens Trainer Mike Terranova und sagte nachher: „Ein toller Abend. Sogar die Fans von RWO haben uns für unsere Leistung applaudiert. So macht das Spaß.“
Der einzige Stimmungskiller war die Rote Karte, die sich Stammkeeper Marian Ograjensek in der Nachspielzeit einhandelte. „Wir haben uns nicht nur gut verkauft – wir haben uns teuer verkauft“, sagte Trainer Denis Tahirovic mit Blick auf den im Prinzip zu harten Platzverweis, dem nur noch der fällige Elfmeter von Maik Odenthal – mit bravourösem Reflex pariert vom ins Tor gegangenen Innenverteidiger Daniel Bertram – und der Abpfiff folgten. In der Schlussphase der Meisterschaft wird Ograjensek nun min- destens zweimal fehlen. Als Ersatz stehen Talha Bayram und der am Dienstagabend auf der Bank sitzende A-Jugendliche Jannik Hinsenkamp zur Verfügung. Hinzu kommen die verletzungsbedingten Ausfälle von Abwehrchef Joel Schoof, der auf Krücken zuschaute, und Außenverteidiger Fatih Duran. „Wenn die beiden noch dabei gewesen wären. . .“, sagte Ayar.
Tatsächlich war es die Stabilität in der Abwehr, die dem FSV zum großen Coup abging. Der nötige Kampfgeist und der Mut zur Offensive waren vorhanden – nur das Toreschießen machten die Gäste den Oberhausenern etwas zu einfach. Festzuhalten bleibt aber auch: Der Abstand zwischen beiden Kontrahenten war nicht so extrem, wie es RWO-Coach Terranova nachher darstellen wollte. „Der Gegner kommt ja nie wieder ins Spiel, wenn wir nicht den Rückpass machen, der zum 1:2 führt. Respekt vor der Leistung von Duisburg, aber wir hatten Chancen zu sieben, acht, neun Toren.“Mag sein, doch ein Hauch mehr Demut angesichts vier eigener Gegentreffer gegen einen zwei Klassen tiefer kickenden Gast wäre auch mal ganz
„Wir haben uns nicht nur gut verkauft – wir haben
uns teuer verkauft“
Denis Tahirovic erfrischend gewesen. Stattdessen lautete der Terranova-Tenor: „Wichtig ist nur, dass wir das Finale erreicht haben.“
Das ist für den FSV letztlich ein schöner Traum geblieben: keine Fernseh-Übertragung, keine Chance auf ein Duell mit einem Profiklub im DFB-Pokal. Stattdessen folgt die Rückkehr in den Alltag – oder, wie Tahirovic es ausdrückte: „Morgen werden wir wieder um sechs Uhr aufstehen und zur Arbeit gehen.“
Der Mann, der in den ersten vier Pokalspielen der Saison auf der Bank gesessen hatte, meldete sich auch zu Wort. Ex-Trainer René Lewejohann schrieb bei Facebook: „An dieser Stelle möchte ich sagen, dass ich megastolz bin, diese Truppe bis letzten Winter trainiert zu haben. Ihr habt wie Krieger gekämpft und tollen Fußball gezeigt. Nicht umsonst hat man zwei etablierte Oberligisten rausgehauen. Tolle Werbung für den Amateurfußball.“