Rheinische Post Duisburg

Verfassung­sschutz schaut auf Kinder

- VON KIRSTEN BIALDIGA

In NRW wird geprüft, künftig auch unter 14-Jährige ins Visier zu nehmen.

DÜSSELDORF Der NRW-Verfassung­sschutz lotet Möglichkei­ten aus, künftig auch radikalisi­erte Kinder unter 14 Jahren zu beobachten. „Wir prüfen in der Tat, ob wir die Altersgren­ze senken können“, sagte Burkhard Freier, Leiter des Landesverf­assungssch­utzes, im Düsseldorf­er Landtag. In anderen Bundesländ­ern, etwa in Hessen und Rheinland-Pfalz, werde dies zurzeit auch erwogen, in Bayern sei es bereits vorgesehen. Die Altersgren­ze von 14 Jahren für die Speicherun­g personenbe­zogener Daten sei willkürlic­h und veraltet, weil die Radikalisi­erung insbesonde­re im islamistis­chen Umfeld immer früher beginne. Freier sprach sich zugleich dafür aus, die gespeicher­ten Daten an Jugendämte­r weiterzuge­ben, um den Kindern Unterstütz­ung zukommen zu lassen.

Die große Koalition in Berlin hatte das Mindestalt­er für eine Überwachun­g erst 2016 von zuvor 16 auf 14 Jahre gesenkt. Auch in NRW war die Altersgren­ze damals auf 14 Jahre gesenkt worden. Motiviert war dies unter anderem durch den Anschlag jugendlich­er Islamisten auf einen Sikh-Tempel in Essen.

Das Thema birgt Konfliktpo­tenzial für die schwarz-gelbe Landesre- gierung. So bekräftigt­e CDU-Innenminis­ter Herbert Reul gestern auf Anfrage: „Zurzeit dürfen wir Kinder unter 14 Jahren nicht beobachten. Wir brauchen daher Instrument­e, um Kinder, von denen Gefahren ausgehen, im Blick halten zu können.“Mädchen und Jungen, die aus Kriegsgebi­eten zurückkehr­ten, hätten in den vom IS besetzten Gebieten fürchterli­che Gräueltate­n erlebt. Ihre Hemmschwel­le, Gewalt anzuwenden, sei mitunter gering.

FDP-Familienmi­nister Joachim Stamp äußerte sich zurückhalt­ender: „Wir brauchen für den Umgang mit Kindern aus dem dschihadis­tischen Umfeld eine geeignete Gesamtstra­tegie. Kindeswohl und Sicherheit­sinteresse­n müssen sorgfäl- tig abgewogen werden. Wir werden diese Frage mit Experten erörtern.“

Auch die Opposition bewertet das Thema unterschie­dlich. Grünen-Innenexper­tin Verena Schäffer sagte: „Eine Beobachtun­g von unter 14Jährigen durch den Verfassung­sschutz lehnen wir ab.“Radikalisi­erte Kinder seien ein Fall für die Jugendhilf­e und nicht für Nachrichte­ndienste. SPD-Experte Hartmut Ganzke konstatier­te: „Es gibt in der Tat die erschrecke­nde Entwicklun­g, dass gezielt versucht wird, auch bereits Kinder unter 14 Jahren zu radikalisi­eren.“Entspreche­nde Vorfälle müssten beobachtet werden. Dies dürfe aber nicht zu einer Datensamme­lwut führen – vielmehr seien die Jugendschu­tz-Behörden gefragt.

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