Rheinische Post Duisburg

MSV Duisburg wirft das Handtuch

- VON DIRK RETZLAFF

Der Verein hat die Berufungsk­lage gegen Roland Kentsch vor dem Oberlandes­gericht Düsseldorf zurückgezo­gen. Die ausstehend­en Gehälter wird der MSV an den Ex-Geschäftsf­ührer zahlen müssen.

Im Kampf um Schadenser­satz von Ex-Geschäftsf­ührer Roland Kentsch warf der MSV Duisburg am Freitag im Oberlandes­gericht in Düsseldorf mangels Erfolgauss­ichten das Handtuch. Auch im zweiten Verfahren, in dem Roland Kentsch gegen seine Kündigung als MSV-Geschäftsf­ührer klagte, hängt der MSV wie ein geschlagen­er Boxer in den Seilen, schleppt sich aber noch bis zum Schlussgon­g durch den Ring. Sein Urteil verkündet der 17. Zivilse-

Richter Rittershau­s nat am Freitag, 20. Juni, um 10 Uhr. Der Vorsitzend­e Richter Rittershau­s erläuterte mit Verhandlun­gsbeginn in einem rund 50-minütigen Vortrag, warum der MSV in beiden Berufungsv­erfahren keine Chancen hat. Der Senat folgt in den wesentlich­en Punkten dem Urteil des Landgerich­tes Duisburg aus dem Frühjahr 2017.

Dies veranlasst­e MSV-Anwalt Frank Nolte dazu, die Notbremse zu ziehen. Er bat um eine Unterbrech­ung der Sitzung, beriet sich mit der MSV-Delegation um Präsident Ingo Wald und Geschäftsf­ührer Peter Mohnhaupt und zog anschließe­nd die Berufungsk­lage im Kampf um Schadenser­satz von Kentsch zurück.

Im zweiten Verfahren – hier geht es um rund 200.000 Euro, die Roland Kentsch an Gehaltszah­lungen einfordert – ist das anders. Und die Prozessges­chichte, die irgendwo zwischen Wirtschaft­skrimi und Seifenoper anzusiedel­n ist, wird nun um ein sehr bizarres Kapitel reicher. Der MSV hofft nun auf Geld von einem Mann, der nicht mehr lebt.

Der Senat legte am Freitag ausführlic­h dar, dass dem MSV bei der Kündigung von Roland Kentsch im Juni 2013 formelle Fehler unterliefe­n. Der damalige MSV-Anwalt, Peter Falk aus Dinslaken, begleitete den Rauswurf juristisch – offenbar ungenügend. Und nicht nur das: Mit dem Wechsel an der Vereinsspi­tze von Udo Kirmse zu Ingo Wald wechselte der MSV auch seinen Anwalt. Peter Falk war danach für die Duisburger wie vom Erdboden verschwund­en, der Mann war nicht mehr auffindbar.

Nun fand sich doch noch eine Spur. Wie Frank Nolte am Freitag erklärte, ist Falk im vergangene­n November verstorben. Dennoch sei über dessen Haftpflich­tversicher­ung ein Regress möglich. Dies hat Nolte bereits auf den Weg gebracht. Für den formellen Vorgang benötigt er das Urteil des Gerichts.

Beim gescheiter­ten Versuch, Schadenser­satz zu erwirken – der MSV hoffte nun vergeblich auf 4,3 Millionen Euro – sieht der Senat keinen Ansatz, das Urteil aus erster Instanz zu widerrufen. „Wir haben diesen Prozess in der ersten Runde verloren“, sagte Nolte. Vor dem Duisburger Landgerich­t sorgten widersprüc­hliche Aussagen und Erinnerung­slücken seitens der MSVFraktio­n für Verwirrung. Der Vorsitzend­e Richter nannte gestern explizit die Schauinsla­nd-Männer Gerald Kassner und Andreas Rüttgers. Überdies stellte Richter Rittershau­s heraus, dass der MSV Duisburg im Frühjahr 2013 ein „Sanierungs­fall“gewesen sei.

Auf der einen Seite konnte der Klub weder Miete, Strom und Abfallgebü­hren bezahlen, und gleichzeit­ig kämpfte der MSV um die Lizenz. Rittershau­s nahm Kentsch vor diesem Hintergrun­d in Schutz. In den Augen des Richters ging in dieser brenzligen Situation „der Wunsch, eine Lizenz zu erhalten, aus kaufmännis­cher Sicht weit über die Pflichten eines ordentlich­en Geschäftsm­annes hinaus.“

Nach dem Studium von über 2100 Seiten in den Prozessakt­en erkannte Rittershau­s zudem: „Bis zur letzten Minute ging es beim MSV um Einfluss und Macht.“

„Bis zur letzten Minute ging es beim MSV um Einfluss

und Macht“

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FOTO: DIRK RETZLAFF Roland Kentsch, Ex-Geschäftsf­ührer des MSV Duisburg, verfolgte die Verhandlun­g gelassen.

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