Rheinische Post Duisburg

MSV Duisburg kann wieder aufatmen

- VON HERMANN KEWITZ

Fußball: Mit dem 3:1-Auswärtssi­eg beim FC Erzgebirge Aue hat der Zweitligis­t die lange Negativser­ie vorerst beendet. Das Ziel Klassenerh­alt rückt immer näher. Aber MSV-Trainer Ilia Gruev hat am Sonntag nicht nur Gutes gesehen.

Überschwan­g der Gefühle allenthalb­en: Dustin Bomheuer war nach dem 3:1-Sieg des Fußball-Zweitligis­ten MSV Duisburg in Aue „überglückl­ich“, wie er sagte. Kapitän Kevin Wolze fand den Nachmittag im Erzgebirge-Stadion „einfach überragend“. Gerrit Nauber sprach von einem „sehr großen Stein“, der mit dem ersten Sieg nach der langen Negativser­ie vom Herzen gefallen sei. Präsident Ingo Wald bekannte „mega froh“und „mega erleichter­t“zu sein.

Trainer Ilia Gruev ließ dagegen keineswegs seine Stimmbände­r vibrieren. Nüchtern analysiert­e der Coach den „sehr, sehr wichtigen Sieg“. Selbst beim traditione­llen Lob des Siegers für den Verlierer fiel ihm nicht mehr ein, als Aues schönes neues Stadion zu würdigen. Das konnte er schon mal besser. Der MSV-Trainer wirkte alles andere als euphorisch. Es lohnte sich auf die Zwischentö­ne zu hören. „Von viel Kommunikat­ion“der Kicker auf dem Platz sprach der Trainer und davon, dass man an diesem Tag bereit gewesen sei, die Wege zu gehen, die wehtun. „Wir haben noch nichts erreicht. Es sind drei weitere Spiele, und die Liga ist sehr eng“, sagte Gruev. „Mit diesem Sieg können wir aber noch ruhiger arbeiten.“Die Betonung liegt auf dem Wörtchen „noch“, denn Gruev wollte deutlich machen: Man habe trotz mancher Störfeuer die Nerven im Griff gehabt.

Es gab da zum Beispiel den Querschuss von Ex-Kicker Baris Özbek, der sich wohl nicht unmotivier­t bemüßigt fühlte, die Qualitäten des Trainers in heikler Lage anzuzweife­ln. Gruev ging darauf – wenn er es überhaupt so gemeint hatte – wie ein Billardspi­eler ein. Er ließ den Ball über die Bande ins Ziel rollen: „Wir haben gezeigt, dass uns bewusst ist, dass wir uns im Abstiegska­mpf befinden.“

Es war freilich nicht alles Gold, was da im Licht der strahlende­n Frühjahrss­onne glänzte. Es kann auch sein, dass die Zebras nur lange genug am Baum gerüttelt haben. Bis endlich einfach irgendwann eine Birne runterplum­psen musste. Es brauchte am Sonntag durchaus eine gute Portion Glück. Die beiden Konter des Gastgebers in den ersten sechs Minuten offenbarte­n, dass nicht alle Tücken im System beseitigt sind. Dass alle drei Tore nach Standard-Situatione­n fielen, war keineswegs Zufall. Aus dem Spiel heraus gelang dem MSV sehr wenig. Offensiv war die Formation vor allem in der ersten Halbzeit so gefährlich wie ein Rudel Kaninchen in der Abendsonne.

Die Marschrout­e lautete offenbar: Bitte nicht wieder in Rückstand geraten. Andreas Wiegel auf rechts und Kevin Wolze auf links brauchten ein Visum, wenn sie über die Mittellini­e wollten. Boris Tashchy und Stanislav Iljutcenko fanden keinen Weg, sich in Szene zu setzen. Ohne den Zupfer gegen Cauly Souza im Strafraum wäre wenig Hoffnung auf ein MSV-Tor gewesen.

Damit zeichnet sich dann ab, woran der Coach dank des nun gewonnen Selbstbewu­sstseins „weiter in Ruhe, seriös und fokussiert“arbeiten will und muss. Es gilt, den Weg in den Strafraum des Gegners zu finden. Nicht immer helfen Elfmeter aus der Offensivkl­emme. Daran kann man entspannte­r feilen. Der Vorsprung von vier Punkten auf den Relegation­splatz ist drei Spieltage vor Schluss ein gutes Polster.

Denn die Konkurrent­en spielen auch noch gegeneinan­der und neh- men sich die Punkte weg. Zudem hat es der MSV in Fürth und daheim gegen den taumelnden FC St. Pauli selbst in der Hand, die Gegner auf Distanz zu halten. Das Risiko muss die Konkurrenz gehen und nicht der MSV. Und im Zweifelsfa­ll gilt für die letzten drei Partien: Wenn der MSV nur heftig genug auf den Busch klopft, wird das eine oder andere Pünktchen raushüpfen.

Was aber auch im Blick bleiben muss: Den Klassenerh­alt hat man vor allem den guten und überzeugen­den Spielen im November, Dezember, Januar und Februar zu verdanken. Die Vorstellun­g in Aue war lediglich besser als vorher, aber noch nicht wirklich gut. Am Sonntag gegen Regensburg reicht ein „schon besser“aber sicher nicht. Und es gibt für den Verein mehr zu erreichen als den Klassenerh­alt. Für eine gute finanziell­e Zukunft wäre ein einstellig­er Platz hilfreich. Bis Rang fünf sind es übrigens nur drei Zähler. Klingt verrückt, nachdem man gerade erst in den Abgrund geschaut hat. Doch die ganze Liga ist in diesem Jahr verrückt.

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FOTOS: IMAGO Nach dem Schlusspfi­ff brach der MSV in Jubel aus.
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Sportdirek­tor Ivica Grlic (li.), Torwarttra­iner Sven Beuckert und Fabian Schnellhar­dt freuen sich über das 3:1.

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