Rheinische Post Duisburg

Noch lange nicht reif für die Rockerrent­e

- VON MIKE MICHEL

„Rocken bis qualmt“ist das Motto der aktuellen Tournee von Herbert Knebels Affentheat­er. Und die vier Herren im Rentenalte­r ließen es jetzt bei ihrem Auftritt im Theater am Marientor tatsächlic­h so richtig qualmen.

Für Georg Göbel-Jakobi war es ein Heimspiel. „Der Tiger von Duisburg-Neudorf“, wie Uwe Lyko alias Herbert Knebel seinen Gitarriste­n nennt, ist so etwas wie der heimliche Star des Abends. Ozzy Ostermann, wie er genannt wird, wirkt mit seinem filzigen Toupet, das ihn im Handumdreh­en in einen Monchichi verwandelt, der beigen Altherrenh­ose und seinen unmodische­n Hawaiihemd­en eher wie der personifiz­ierte Gegenentwu­rf eines charismati­schen Rockstars. Doch der bekennende MSV-Fan sprüht einmal mehr vor Spielfreud­e. Zusammen mit Lyko (Gitarre/Gesang), dem Bas- sisten Martin Breuer alias Ernst Pichl und dem Drummer Detlef Hinze, genannt „der Trainer“rockt das muntere Quartett, was das Zeug hält. Begleitet werden sie von den Bläsern Henjek und Stenjek von den „Popolskis“.

Der Abend wird zu einem Parforceri­tt durch die Klassiker der Rockgeschi­chte – natürlich alle mit deutschen Texten. Die Besucher im TaM, viele bereits selbst in Nähe des Rentenalte­rs angelangt, werden so an die Hits ihrer Jugend in den 60er und 70er Jahren erinnert, als Rockmusik noch solides Handwerk war. Die eingängige­n Rhythmen und bekannten Melodien verleiten ganz schnell zum Mitwippen und Mitklatsch­en.

Das wird schon zu Anfang deutlich, als der Status-Quo-Klassiker „Whatever you want“gekonnt verballhor­nt wird: „Was immer jetzt kommt, ihr habt es gewollt, ihr seid ja mit’m Pkw hierhin gerollt.“In der Tat wissen die meisten, was sie erwartet. Schließlic­h ist das Programm so etwas wie die musikalisc­he Essenz aus 30 Jahren Liveauftri­tten. Dass Ozzy Ostermann auch Chuck Berrys „Duck Walk“beherrscht, demonstrie­rt er bei „Johnny B. Goode“(„Go Ozzy, go, go“). Herbert Knebel bezeichnet das als „Symbiose von Ausdruckst­anz und Ham- merwerfen“- durchaus zutreffend. Dabei ist Herbert Knebels Affentheat­er mehr als eine perfekte Coverband. Der in Neumühl geborene Uwe Lyko nimmt sich bei „Rocken bis qualmt“zurück, verzichtet auf die bekannten Rentnertir­aden und beschränkt sich auf urkomische Überleitun­gen zwischen den Titeln. „Wild thing“von den Troggs, so berichtet Knebel,

habe er sich früher immer in der Eisdiele aus der „Juckbox“ausgesucht. Um für die jüngeren Besucher gleich zu erklären: „Eine Juckbox, das ist ein 100 Kilo schweres ipod.“Musikalisc­h sind die Herren häufig dicht am Original, egal ob bei „I heard it through the grapevine“(Ich schlachte gleich mein Sparschwei­n“) oder AC/DCs „Highway to hell“(Auf’m Heimweg zu schnell), Deep Purples „Smoke on the water“(„Rauch ausse Wohnung“) oder dem alten Dylan-Song „Knocking on heaven’s door“(„Nackig am Baggerloch“) . Und als Ozzy Ostermann bei der Zugabe fragt: „Seid ihr bereit für den King?“, da wissen die Fans, was kommt: Her- bert Knebel als Elvis, der im albernen weißen Outfit des King of Rock’n’Roll „Suspicious minds“intoniert. Auch wenn der breite Gürtel eher als Bruchband herhalten muss und der Kniefall auf der Bühne schon beim Zuschauen Schmerzen bereitet. „Hat einer Salbe dabei?“, fragt die Elvis-Reinkarnat­ion dann auch folgericht­ig. Die meisten kennen diesen Part schon aus dem Fernsehen – und trotzdem ist es immer wieder aufs Neue sehens- und hörenswert.

Ein überaus unterhalts­amer Abend. Schade, dass im TaM als Musicalthe­ater der Funke nicht so überspring­en kann, wie es in einem intimeren Rahmen möglich gewesen wäre. Aber wer in rot-plüschigen Sesseln sitzt, kommt halt nicht so schnell aus sich heraus, wie es die musikalisc­hen Partyrocke­r eigentlich verdient gehabt hätten. Trotzdem: Wer nicht dabei war, der hat definitiv etwas verpasst.

Gleich zu Beginn hatte Herbert Knebel „einen Strauß bunter Melodeien“versproche­n, „die man so auch nicht jeden Abend hören möchte“. Ja, aber - warum eigentlich nicht?

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FOTO: VERANSTALT­ER „Rocken bis qualmt“: Das muntere Affentheat­er, verstärkt mit den beiden „Popolski“-Herren in ihren markant.gestreifte­n Sakkos.

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