Rheinische Post Duisburg

Im Würgegriff des Fiskus

- Ihre Meinung? Schreiben Sie der Autorin unter kolumne@rheinische-post.de.

Deutschlan­d ist es gewohnt, bei Rankings auf vorderen Plätzen zu landen: Exporte, Jugend-Erwerbstät­igkeit, Patente. Dem Land geht es gut. Doch der zweite Platz beim aktuellen Ranking der Organisati­on OECD ist ein Schlag – auch ins Kontor schwarz-roter Umverteilu­ngspolitik: Danach besteuert Deutschlan­d Arbeit so stark wie kaum ein anderes Land. Einkommens­teuer und Sozialabga­ben machten 2017 bei einem alleinsteh­enden Durchschni­ttsverdien­er 49,7 Prozent der Arbeitskos­ten (Bruttolohn plus Arbeitgebe­rbeiträge) aus. Nur in einem von 35 Industriel­ändern langt der Staat noch stärker zu – in Belgien, wo 53,7 Prozent abgehen.

Und das, obwohl der Aufschwung mittlerwei­le in das achte Jahr geht und die Steuereinn­ahmen sprudeln. Der Staat hätte längst die Gunst der Stunde nutzen sollen. Da die große Koalition sich aber nicht zu wirksamen Schritten gegen die kalte Progressio­n entschließ­en konnte, lan-

Deutschlan­d belastet Arbeitsein­kommen so stark wie kaum ein anderes Industriel­and. Weil wir uns noch immer den Soli, zu viele BA-Mitarbeite­r und marode Kliniken leisten.

den die aktuellen Lohnerhöhu­ngen vorrangig beim Fiskus statt beim Arbeitnehm­er. Auch der Solidaritä­tszuschlag, zunächst befristet eingeführt zur Finanzieru­ng der deutschen Einheit, gehört 29 Jahre nach dem Fall der Mauer abgeschaff­t.

Bei Familien sieht es wegen des Ehegattens­plittings etwas besser aus. Doch auch hier langt der deutsche Staat mit 34,5 Prozent stärker zu als der Durchschni­tt der Länder. Platz neun im Konfiskati­ons-Ranking ist auch kein Ruhmesblat­t. Das Hauptprobl­em hier ist die Belastung mit Sozialabga­ben. Der Beitrag zur Arbeitslos­enversiche­rung könnte längst niedriger sein, doch die Bundesagen­tur für Arbeit leistet sich trotz Rekordbesc­häftigung 97.000 Mitarbeite­r. Auch der Krankenkas­senbeitrag könnte niedriger sein, doch keiner wagt es, unwirtscha­ftliche Kliniken zu schließen und Kassen absurde Bonusprogr­amme zu streichen. Auch bei der Rente ginge es ohne Mütterrent­e günstiger. Bei Arbeitslos­en- und Krankenver­sicherung will die Koalition nun ran. Höchste Zeit, denn der nächste Abschwung kommt bestimmt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany