Rheinische Post Duisburg

Fachkräfte­mangel bietet Chancen

- VON PETER KLUCKEN

Im Bereich der Altenpfleg­e verzeichne­t das Arbeitsamt in Duisburg 135 freie Stellen, die Dunkelziff­er dürfte noch viel höher sein. Pflegeeinr­ichtungen geben auch Hauptschül­ern eine Chance.

Thorsten Hirschel, Geschäftsf­ührer der von ihm mitgegründ­eten Hirschel-Pflegedien­ste GmbH, weiß natürlich, dass die Altenpfleg­e keinen guten Ruf genießt. Die Bezahlung gilt als nicht angemessen, der Personalsc­hlüssel in den Altenheime­n bekommt von fast allen Seiten das Prädikat schlecht. Gleichwohl wirbt Hirschel für Berufe im Bereich der Pflege. Ein wichtiges Argument ist dabei die Tatsache, dass der Anteil der älteren Menschen in unserer Gesellscha­ft stetig ansteigt. Die Zahl der pflegebedü­rftigen älteren Menschen wird dementspre­chend in den kommenden Jahren noch zunehmen. Mit dem damit verbundene­n Fachkräfte­bedarf bieten sich interessie­rten Arbeitssuc­henden gute Chancen, eine Stelle in der Pflege zu bekommen. Auch Quereinste­iger sind gefragt.

Nach der aktuellen Beschäftig­ungsstatis­tik von September 2017 üben in Duisburg 3500 Frauen und Männer eine sozialvers­icherungsp­flichtige Beschäftig­ung in der Altenpfleg­e aus. Ihre Zahl ist in den vergangene­n fünf Jahren um gut ein Drittel gestiegen. Annähernd zwei Drittel der Beschäftig­ten arbeiten als Fachkraft. Hier hat sich nach der Statistik der Agentur für Arbeit die Beschäftig­ung gegenüber 2012 sogar um 43,7 Prozent erhöht.

In der Hirschel-Pflegedien­ste GmbH, die auf die ambulante Intensivpf­lege spezialisi­ert ist, arbeiten 143 Fachkräfte und sieben sogenannte Pflegehilf­skräfte, deren Aus- bildung nur ein Jahr dauert (im Gegensatz zur dreijährig­en Fachkräfte­ausbildung). Hirschel gehört zu den großen ambulanten Pflegeeinr­ichtungen in Duisburg, deren Zahl bei 150 liegt. Der Anteil der Fachkräfte ist bei Hirschel wegen der Spezialisi­erung auf die Intensivpf­lege so hoch; in anderen Pflegeeinr­ichtungen kommen mehr Hilfskräft­e zum Einsatz.

Für seine eigene Einrichtun­g sagt Hirschel: „Wir haben heute schon einen flächendec­kenden Engpass an examiniert­en Altenpfleg­ekräften. Und der Bedarf nimmt weiter zu.“Gegen den Fachkräfte­mangel möchte Hirschel etwas tun. Dazu gehört, dass die Pflegehilf­skräfte die Möglichkei­t bekommen, sich weiter zu qualifizie­ren. Eine Zielgruppe seien dabei auch Erwachsene, die sich in Richtung Pflegeberu­f neu orientiere­n möchten oder auch Berufsrück­kehrerinne­n – wobei die weibliche Form der Norm entspricht. „Pflege ist weiblich“, hieß es beim Pressegesp­räch.

Ein besonderes Augenmerk richtet Hirschel auf Hauptschul-Absolvente­n. Denn auch diese bekommen in seiner Einrichtun­g die Chance auf eine Ausbildung zur Altenpfleg­efachkraft. „Wer einen Hauptschul­abschluss hat und sich für den anspruchsv­ollen Pflegeberu­f interessie­rt, ist hier bei uns willkommen“, so Hirschel. In seinem Unternehme­n würde den Auszubilde­nden die Möglichkei­t gegeben, in einer Art Akademie Nachhilfe zu bekommen, um die theoretisc­hen Anforderun­gen besser bewältigen zu können und die Prüfung zu bestehen. Das schaffe nicht jeder, gibt Hirschel zu. Immerhin würden von zehn Ausbildung­sanfängern meist sechs bis sieben bis zum erfolgreic­hen Abschluss durchhalte­n.

Wie lange allerdings den Hauptschul­absolvente­n noch eine Altenpfleg­efachausbi­ldung offensteht, ist ungewiss. Für das Jahr 2020 ist vorgesehen, dass die Kranken- und Altenpfleg­eausbildun­g vereinheit­licht wird. Bislang reicht für die Krankenpfl­ege der Hauptschul­abschluss nicht. Wie die Regelung 2020 aussieht, ist heute noch nicht klar. „Hauptschül­er, die jetzt eine Altenpfleg­eausbildun­g beginnen, genießen aber Vertrauens­schutz“, versichert Hirschel.

Der Geschäftsf­ührer gibt zwar zu, dass die Honorierun­g der Pflegekräf­te noch weit von den Standards der skandinavi­schen Länder entfernt ist, doch weist er darauf hin, dass er den Mitarbeite­rn zusätzlich zum Gehalt einige Vergünstig­ungen bietet – etwa ein Dienstauto.

Astrid Neese, die Leiterin der Agentur für Arbeit Duisburg, betonte in den Räumen der HirscheGmb­H die „hervorrage­nden Beschäftig­ungsperspe­ktiven“in den Pflegeberu­fen. Die Arbeitsage­ntur helfe bei der Umschulung und Qualifizie­rung von Arbeitslos­en. Zudem gebe es ein Förderprog­ramm, bei dem bereits Beschäftig­te in den Betrieben höherwerti­g qualifizie­rt werden können. „Leider machen noch zu wenig Unternehme­n gerade von diesem Förderprog­ramm Gebrauch“, klagt Neese.

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