„Das kann nicht gut gehen“
INTERVIEW TEIL 2 Die Sekundarschule braucht noch einige Jahre, um sich zu etablieren, glauben Ulrich Ehrentraut und Anne de Roij.
Warum machen in Duisburg weniger Schüler ein Abitur? SEIFERT Vieles hat die Stadt nicht zu verantworten. Aber bei Steuerung und mutigen Entscheidungen ist Luft nach oben. Viele Studien zeigen, dass ein dreigliedriges System nicht in der Lage ist, die Potenziale zu fördern. Duisburg hat nun sechs Systeme. Das kann nicht gut gehen. Auch die Inklusion bekommen die selektiven Systeme nicht hin. DE ROIJ: Das schränkt Kinder aus Familien mit Problemen ein. Die Bildungsregion müsste darauf mehr eingehen. Wo viel Bedarf ist, müsste das Land Geld für Personal in die Hand nehmen. Die Stadt will Zweigstellen einrichten, um den Platzmangel zu lindern. DE ROIJ Da wird es noch harte Kämpfe geben. Wir werden klare Forderungen stellen, nicht einfach ein Gebäude beziehen. Pädagogisch sinnvolle Konzepte sind die Voraussetzung dafür, dass wir weiter erfolgreich arbeiten können. Als Sekundarschule? EHRENTRAUT Ja, wir fühlen uns wohl damit. Ich sage: Wir sind die Spezialisten für die Sekundarstufe eins. DE ROIJ Viele Eltern entscheiden sich mittlerweile bewusst für uns. Wir kooperieren mit dem benachbarten Bertolt-Brecht-Berufskolleg, das auch das Vollabitur anbietet. Deshalb müssen wir das im eigenen Haus nicht unbedingt haben. Auch die Ausbildung in Handwerk und Industrie, ein Meister-Abschluss oder das Fachabitur sind gute Optionen. Da fehlt oft die Wertschätzung. Wichtig ist, dass jeder nach der Klasse zehn in die Richtung gehen kann, die für ihn die Beste ist. Wie gelingt die Integration von zugewanderten Schülern? SEIFERT Das ist eine Kärrneraufgabe. In der Elternschaft und der Öffentlichkeit ist es schwierig, damit einen Blumentopf zu gewinnen. Deshalb müssen wir uns darüber verständigen, was wir brauchen. Es kann nicht nur im Ermessen einer Schulleitung liegen, ob Kinder ohne Schulplatz aufgenommen werden. DE Roij: Die integrierten Systeme können es nicht allein stemmen. Dass wir uns auf ein Duisburger Modell geeinigt haben, dass sich auch Gymnasien und Berufskollegs beteiligen, ist gut. Das muss weiter ausgebaut werden. Es muss selbstverständlich sein, dass alle gemeinsam die Kinder auffangen. Ihr Fazit? SEIFERT Jetzt vermissen wir die politische Unterstützung. Im ländlichen Bereich funktionieren die Sekundarschulen, in den Großstädten ist es schwierig. Dort bleibt weiter die Gefahr, dass sie als Restschulen angesehen werden. Die Widerstände, die wir bei den Eltern überwinden müssen, sind groß. Das sollte man mal auswerten. DE ROIJ Ich sehe die Wurzel des Problems in der Landespolitik. Es gibt keine klare Linie. Ich sehe hier nicht mehr die Gefahr, dass wir als Restschule abgestempelt werden. Bis zu einer abschließenden Bewertung sollte man uns noch Zeit geben. EHRENTRAUT Ich lag lange zwischen den beiden Kolleginnen mit meiner Position. Ich denke heute, man sollte der Sekundarschule noch einige Jahre geben, ehe man über ihre Zukunft entscheidet.