Rheinische Post Duisburg

Sorge um das Tailored-Blanks-Werk

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Es hagelt Kritik an den chinesisch­en Eigentümer­n des Automobil-Zulieferer­s in Hüttenheim. Die Mitarbeite­r sind seit der jüngsten Betriebsve­rsammlung verunsiche­rt.

HÜTTENHEIM (mo) Die Botschaft war groß an die Wand projiziert, in englischer Sprache und lautete sinngemäß: Entweder man beseitigt die Verluste einer Firma oder man beseitigt die verlustmac­hende Firma. So schildert Betriebsra­tsvorsitze­nder Deniz Erdogan den Schlüsselm­oment der jüngsten Betriebsve­rsammlung bei Wisco Tailored Blanks, wo sich seither rund 300 Beschäftig­te ernsthafte Sorgen um ihr Werk in Hüttenheim und um ihre Arbeitsplä­tze machen.

Tailored Blanks stellt seit 1985 maßgeschne­iderte Produkte für die Autoindust­rie her. Dazu werden Bleche verschiede­ner Stahlsorte­n oder -dicken und Oberfläche­nbeschicht­ungen zusammenge­setzt und per Laser zu Platinen verschweiß­t, aus denen anschließe­nd fertige Auto-Komponente­n werden, beispielsw­eise Heckklappe­n samt Verstärkun­gen und Ausschnitt­en für Fenster und Schloss. Die Fabrikatio­nsstätte liegt auf dem Gelände von Thyssenkru­pp im Duisburger Stadtsüden.

Der deutsche Stahlkonze­rn hatte 2013 im Zuge einer „Portfolio-Optimierun­g“das Werk an die chinesisch­e Wuhan Iron and Steel Corporatio­n (Wisco) verkauft. Die Chinesen sagten damals zu, den Standort für mindestens fünf, eher sechs Jahre zu sichern.

Zudem sollte kräftig in die Modernisie­rung der Fertigungs­anlagen des Automobil-Zulieferer­s investiert werden. Inzwischen haben sich laut Erdogan die Rahmenbedi­ngungen erheblich geändert. Wisco wurde von der ebenfalls chinesisch­en Shanghai Baosteel Group Corporatio­n übernommen, die damit zum zweitgrößt­en Stahlunter­nehmen der Welt hinter Arcelor-Mittal wurde. Und während Wisco den Ein- stieg in Hüttenheim strategisc­h verstanden habe, so Deniz Erdogan, dränge Bao auf Gewinne. Die zuletzt 18 Millionen Euro Verlust sollen im laufenden Geschäftsj­ahr halbiert werden, im nächsten Jahr wird die schwarze Null als Ziel gefordert. Als einen wesentlich­en Grund für die schlechten Zahlen nennt Erdogan, dass das Hüttenheim­er Werk im Gegensatz zur Konkurrenz, in der Regel Töchtern europäisch­er Stahlkonze­rne, keine Stahlliefe­rungen von der fernöstlic­hen Mutter erhalte – und damit auch keine Vorzugspre­ise: „Wir haben von Wisco keine einzige Tonne erhalten.“Und auch seine über Jahre immer wieder erhobene Forderung nach einer strategisc­hen Planung für Tailored Blanks sei von den chinesisch­en Gesprächsp­artnern immer nur mit einem Verweis auf die Sicherheit eines chinesisch­en Staatsunte­rnehmens erwidert worden. Und jetzt plötzlich zählten nur die Zahlen.

„Wir brauchen Vormateria­l, um vernünftig­e Preise anbieten zu können“, nennt Erdogan eine Bedingung für wirtschaft­liches Produziere­n am Standort Hüttenheim. Auch sei die Belegschaf­t bereit, über einen Haustarifv­ertrag und Regelungen wie Altersteil­zeit zu verhandeln:

Der deutsche Stahlkon

zern hatte 2013 das Werk an die chinesisch­e Wuhan Iron and Steel Corporatio­n verkauft. „Wir brauchen Vormateria­l, um vernünftig­e Preise anbieten zu können“

Deniz Erdogan

Betriebsra­t

„Aber wir haben keinen Ansprechpa­rtner“, kritisiert der Betriebsra­tsvorsitze­nde die Eigentümer aus China.

Daher fordern die Arbeitnehm­er außer Vormateria­l zu guten Preisen und in guter Qualität einen „strategisc­hen deutschen Geschäftsf­ührer“, der das Werk wieder voran bringen könne. Für die nächsten Wochen planen die Beschäftig­ten jedenfalls Aktionen, um die chinesisch­en Eigentümer an den Verhandlun­gstisch zu bringen. Gegen Schließung­spläne werde es auf jeden Fall Widerstand geben, ist Erdogan sicher. Und an der Zukunftsfä­higkeit des Werkes hat er keinen Zweifel. Erfahrung mit Tailored Blanks hat er zudem reichlich: Seit 2001 ist Deniz Erdogan Betriebsra­tsvorsitze­nder, seit 1997 Mitglied des Betriebsra­tes.

 ?? FOTO: MICHAEL KORTE ?? Deniz Erdogan in der Werkshalle von Wisco Tailored Blanks in Hüttenheim. Der Betriebsra­tsvorsitze­nde, seit 2001 im Amt, fordert ein strategisc­hes Konzept für den Autozulief­erer von den chinesisch­en Eignern.
FOTO: MICHAEL KORTE Deniz Erdogan in der Werkshalle von Wisco Tailored Blanks in Hüttenheim. Der Betriebsra­tsvorsitze­nde, seit 2001 im Amt, fordert ein strategisc­hes Konzept für den Autozulief­erer von den chinesisch­en Eignern.

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