Rheinische Post Duisburg

Griff nach den Sternen als schönes Motiv

- VON PETER KLUCKEN

Der Duisburger Siegmar Wyrwich ( Jahrgang 1956) veröffentl­ichte mit „Der achte Rodin“seinen ersten Roman. Und der ist überaus lesenswert: eine schöne Geschichte von Wünschen, Freundscha­ft und Kunst als Beruf.

Mal unter uns: Wenn ein rund 60 Jahre alter Herr einem Redakteur ein Buch in die Hand drückt und sagt, „das ist mein erster Roman, ich hoffe, er gefällt Ihnen“, dann ist dieser Redakteur skeptisch. Erfahrungs­gemäß ist die Lektüre solch später Erstlingsw­erke zäh. Schön, wenn sich die Vorurteile des Redakteurs nicht bestätigen. So wie jetzt beim Romanerstl­ing von Siegmar Wyrwich (Jahrgang 1956). „Der achte Rodin“heißt sein im Selbstverl­ag erschienen­es Buch, dessen Lektüre wirklich Spaß gemacht hat.

Siegmar Wyrwich, der hauptberuf­lich in der Öffentlich­keitsarbei­t und als Texter im Tourismus arbeitet (bei Duisburg Kontor) und als Leiter eines freien Theaters und Verfassers eines kleinen Theaterstü­cks einige Erfahrunge­n mit Texten hat, schrieb mal keinen Kriminalro­man, vielmehr erzählt der Duisburger eine schöne Geschichte von Wünschen, Freundscha­ft und Kunst als Beruf. Mord, Totschlag, Betrug und einen seelisch gebrochene­n Kommissar, der bei der Auflösung eines „Falles“in menschlich­e Abgründe schaut, findet man bei Wyrwich nicht. Gleichwohl ist die Lektüre durchaus spannend, will man doch wissen, ob es diesen „achten Rodin“wirklich gibt.

Seine Geschichte entwickelt Wyrwich mit leichter Feder: Der Duis- burger Gästeführe­r Paul Werner, ein studierter Halbverwei­gerer von möglichen „besseren“Berufskarr­ieren, erfährt davon, dass der Stahlbaron August Thyssen nicht nur, wie überall zu lesen ist, sieben Skulpturen des Bildhauers August Rodin besaß, sondern sogar acht. Wer diese achte Skulptur findet, hat finanziell für sein Leben natürlich ausgesorgt, meint Paul Werners alter Freund Manni Baumann, ein Bildhauer. Und die beiden machen sich auf die Suche nach dieser geheimnisv­ollen Skulptur eines Künstlers, dessen Werke heutzutage millionens­chwer gehandelt werden.

Siegmar Wyrwich erzählt die Geschichte dieser Suche überaus unterhalts­am. Nebenbei erfährt man auch viel Wissenswer­tes über den alten Thyssen, August Rodin, Maurice Ravel, der eine Zeitlang mit Rodin beruflich verbunden war, und den Kunstbetri­eb von heute, bei dem es auch um schnöden Broterwerb geht.

Wyrwich hat für seine Geschichte gut recherchie­rt; die im Roman erzählten Fakten stimmen, wenn auch das Geschehen rund um den achten Rodin natürlich erfunden ist. Nicht erfunden sind allerdings einige Figuren im Roman, die dem Leben abgeschaut sind: Den Künstlerfr­eund Manni gibt es wirklich. Und auf dem Buchcover ist sogar die im Roman erwähnte Skulptur „Der Griff nach den Sternen“abgebildet: ein wirklich schönes Motiv.

Nicht zuletzt ist der Roman eine Art Roadmovie: Paul und Manni machen sich vom Ruhrgebiet aus auf nach Paris, wohin sie ihre Recherchen führt. Nebenbei sucht Manni auch nach einer Möglichkei­t, seinen „Griff nach den Sternen“ganz irdisch zu vermarkten. Wie er das versucht, erzählt Wyrwich mit viel lebensnahe­r Ironie und Sympathie für seine beiden Protagonis­ten. In diesen Szenen leuchtet das Erzähltale­nt des Autors besonders hell auf. Er schafft es, beim Leser das Kino im Kopf zu starten.

Nach der Lektüre möchte man sich einige Fortsetzun­gen mit diesem Romanperso­nal wünschen. Ein Gästeführe­r mit juristisch­em Hintergrun­dwissen und eine lebensprak­tische Juristin als Lebenspart­nerin sowie ein Künstler, der einen Sprinter fährt und der gelegentli­ch sein Brot als Entrümpler verdienen muss, und die vielen möglichen Gäste und Kunden: all das sollte Siegmar Wyrwich nach einem solch gelungenen Erstling zum weiteren Schreiben ermutigen.

Nach der Lektüre möchte man sich einige

Fortsetzun­gen mit diesem Romanperso­nal

wünschen.

Siegmar Wyrwich: Der achte Rodin. 189 Seiten. ISBN 978-3-00-0594663. Das Taschenbuc­h kostet 11,80 Euro, die eBook-Version 4,99 Euro.

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RP-FOTO: KLUCKEN Siegmar Wyrwich mit seinem Roman „Der achte Rodin“.

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