Rheinische Post Duisburg

Isländer auf dem Weg nach oben

- VON INGO HODDICK

Víkingur Ólafsson, geboren 1984 in Island, wird derzeit hoch gehandelt als ein einfallsre­icher und originelle­r Pianist der Zukunft. Nach dem Vertrag bei einem großen CD-Label kam jetzt das Debüt beim KlavierFes­tival Ruhr als nächster „Ritterschl­ag“.

Eine harte Probe war die erste Stunde und Hälfte des Abends in der gut gefüllten Gebläsehal­le im Landschaft­spark Nord. Auf dem Programm standen nämlich neun meist kürzere Werke von Johann Sebastian Bach, von der frühen „Aria variata alla maniera italiana“a-Moll BWV 989 bis zu der großen Fantasie und Fuge a-Moll BWV 904. Ein Drittel davon berührte den Bereich der Bearbeitun­g, denn als BWV 974 hatte Bach selbst das damals bereits berühmte Oboenkonze­rt d-Moll des Venezianer­s Alessandro Marcello für Tasteninst­rument arrangiert, und den Satz „Gavotte en Rondeau“aus der Partita Nr. 3 E-Dur für Violine solo BWV 1006 sowie das Präludium h-Moll BWV 855a (dessen finale Fassung in e-Moll - einschließ­lich der dazu gehörenden Fuge - BWV 855 hier ebenfalls erklang) hatte Sergej Rachmanino­w beziehungs­weise Alexander Siloti für Klavier bearbeitet. Ólafsson wählte in Duisburg wechselnde Zugänge zu der Musik seines Lieblingsk­omponisten, leider nur selten so spannend und vertieft wie im langsamen Satz bei Marcello-Bach.

Ein sehr viel konsequent­eres und konzentrie­rteres Bild ergab sich nach der Pause. Seine nun klare Spieltechn­ik und gezielte Ausdrucksk­raft stellte der Pianist in den Dienst der „vogelkundl­ichen“Petitessen der französisc­hen Bach-Zeitgenoss­en Jean-Philippe Rameau („Le rappel des oiseaux“, zu Deutsch „Das Erwachen der Vögel“, und „La poule“, also „Die Henne“) und Louis-Claude Daquin („Le coucou“, zu Deutsch „Der Kuckuck“) sowie der 40-minütigen Sonate Nr. 3 f-Moll op. 5 von Johannes Brahms. Das war nun wirklich Festival-würdig und rief große Begeisteru­ng hervor. Ein Anlass für zwei passende Zugaben, nämlich Etüden von Philip Glass, der selbst einige davon vor vier Jahren an gleicher Stelle gespielt hatte (die RP berichtete). Víkingur Ólafsson holte hier aus diesen minimalist­ischen Kompositio­nen viel Musik.

Fortgesetz­t wird das Klavier-Festival Ruhr in der Gebläsehal­le am Montag, 11. Juni, um 20 Uhr. Dann bringt das bewährte Klavierduo Anthony und Joseph Paratore Werke von Nikolai Rimski-Korsakow, Frédéric Chopin, Maurice Ravel und Darius Milhaud.

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FOTO: KLAVIERFES­TIVAL Vikingur Olafsson gilt als Pianist der Zukunft.

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