DUISBURGER GESCHICHTE UND GESCHICHTEN Tulpenfieber stieg ins Bodenlose
Während der sogenannten „Tulpenmanie“explodierten 1637 die Preise der Zwiebeln. Spekulanten setzten auf irrsinnige Renditen. Die Tulpenblase ging in die Geschichtsbücher ein.
Seit 1923 wird in Deutschland am zweiten Sonntag im Mai der Muttertag gefeiert. Neben Rosen gehören Tulpen zu den beliebten Blumengeschenken. Gelb und weiß stehen für Sonnenschein und ewige Liebe. Doch die begehrte Tulpe steht auch für eine irrwitzige Spekulation. Schauplatz waren die Niederlande. Geschehen ist das 1637, lange vor dem Schwarzen Freitag und den Lehman Brothers. Die Tulpenblase ging in die Geschichtsbücher ein.
Niederländische Händler entdeckten die Tulpe Mitte des 16. Jahrhunderts in den Gärten Konstantinopels , wo sie zu dieser Zeit bereits zu den Lieblingen des Sultans Süleyman II zählte. Bald gelangten durch den Flamen Ogier des Busbecq die ersten Tulpen nach Mitteleuropa und fanden ihren Weg über Wien in die Niederlande. Die aus dem Orient stammende Blume wurde im 17. Jahrhundert zum Anlageund Prestigeobjekt der Schönen und Reichen. Tulpen galten als neu, exotisch, stylish und exklusiv. Heute ist es die Rolex oder die Chanel-Ta- sche - damals waren es Tulpen. Der Hype erfasste große Teile der Bevölkerung. Der Tulpenhandel wurde zu einem Spekulationsgeschäft. Während der sogenannten „Tulpenmanie“explodierten die Preise der Zwiebeln.
Die Nachfrage stieg und stieg. Händler boten ab Herbst 1635 Terminkontrakte auf Tulpenzwiebeln an, die noch unter der Erde lagen. Die zuvor real gehandelten Zwiebeln wurden so durch Options- und Schuldscheine ersetzt. Die Gewinnerwartungen führten zur Entstehung eines Terminmarktes, was Kleinanleger wiederum zu kreditfinanzierten Ankäufen verführte. Viele Händler verdienten sich eine goldene Nase. Ob Tulpen oder Bitcoin- Hype im 21. Jahrhundert: Kapital sucht Rendite, bis die Blase platzt. Ein einziges Exemplar der Sorte „Viceroy“kostete 4.200 Gulden. Zum Vergleich: Das durchschnittliche Jahreseinkommen eines Niederländers betrug zur damaligen Zeit etwa 250 Gulden. Den Spitzenwert erzielte die Sorte „Semper Augustus“, die hatte umgerechnet einen Wert von 65.000 - dafür bekommt man heute einen Porsche oder 300.000 Tulpenzwiebeln. Anleger, die kaum Kapital besaßen, setzten mit geliehenem Geld alles auf den gewinnbringenden Weiterverkauf. Doch der Traum vom schnellen und leichten Gewinn zerplatzte: Der Tulpenzwiebelmarkt brach urplötzlich zusammen, als das Angebot auf einmal größer war als die Nachfrage. Nach vier Jahren des exzessiven Handelns und Spekulierens fielen die Auktionspreise ab Februar 1637 ins Bodenlose. Panik machte sich bei den Händlern breit: Alle wollten verkaufen, und zwar sofort. Spekulanten zogen verzweifelt ihr Geld aus dem Markt. Die potenzielle Käuferzahl sank weiter, die Preise erreichten einen Tiefpunkt. Die Vertragspartner gerieten angesichts des finanziellen Ruins in Streit. Schlichtungskommissionen für nicht eingehaltene Kaufverträge wurden eingerichtet. Gerichtlich verordnete Annullierungen vieler Verträge und die Liquidierung des Großteils der Schulden durch die Vereinbarung einer Ablösesumme bewirkten, dass die meisten Streitfälle beigelegt werden konnten. Nun ja, den Ruf nach staatlicher Regulierung für aus dem Ruder gelaufene Märkte kommt auch heutigen Zeitgenossen bekannt vor.
Volkswirtschaftlich hatte das Tulpenfieber die Niederlande zwar nicht massiv beeinträchtigt, aber das Vermögen der Anleger war weg und ein Teil der Privatanleger pleite. Als am Ende der Markt zusammenbrach, schien die Gelegenheit gekommen, Häme über die Betroffenen auszugießen. Das berühmte Gemälde von Jan Brueghel d. J.: Das „Satire op de Tulpomania“zeigt Affen, die ihr ganzes Geld in Tulpen investieren, als Sinnbild menschlicher Gier.
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