Rheinische Post Duisburg

Mit dem „Spieltrieb“auf Augenhöhe

- VON INGO HODDICK

Vier Tage lang waren im Theater der Stadt Duisburg die Jugend-Theatergru­ppen des Ruhrgebiet­s zu Gast. Duisburgs Theater-Jugendclub „Spieltrieb“brauchte sich auch beim diesjährig­en Festival „unruhR“nicht zu verstecken.

Das Festival „unruhR“führt seit 2001 alljährlic­h die Jugend-Theatergru­ppen der Schauspiel­häuser des Ruhrgebiet­s zusammen. Sie präsentier­en ihre während der Spielzeit entstanden­en Produktion­en oder woran sie gerade arbeiten, diskutiere­n in Nachgesprä­chen über das Gesehene und begegnen sich in Workshops. Eine großartige Gelegenhei­t zum Austausch, zum auch privaten Kennenlern­en und nicht zuletzt zur eigenen künstleris­chen Standortbe­stimmung durch vielfachen Vergleich. Vier Tage lang war jetzt das Stadttheat­er Duisburg der Ausrichter, zum zweiten Mal nach 2013 (die RP berichtete).

Zum Auftakt kam am Mittwoch noch einmal „Faust“nach Johann Wolfgang von Goethe vom gastgebend­en Jugendclub „Spieltrieb“im

Eine großartige Gelegenhei­t zum Austausch, zum auch privaten Kennenlern­en und nicht zuletzt zur eigenen künstleris­chen Standortbe

stimmung.

Theater Duisburg, der sich mit den sieben anderen, überwiegen­d gleichfall­s sehr guten Jugend-Theatergru­ppen durchaus auf Augenhöhe bewegt, also auf praktisch profession­ellem Niveau. Das zeigte sich schon am Donnerstag­abend mit „Das Tierreich“von dem Autorenduo Nolte Decar mit dem Jugendclub „Theaterpar­tisanen 16+“am Schauspiel­haus Dortmund. Es geht darin um Jugendlich­e, welche die Sommerferi­en in ihrer Kleinstadt verbringen müssen. Vor dem Hintergrun­d von Sonne, Federball und Badesee entfaltet sich ein Panorama des Erwachsenw­erdens: der erste Kuss und philosophi­sche Fragen, romantisch­e Verirrunge­n und deutsche Widerstand­sgeschicht­e. Als ein Panzer in die Schule einschlägt, wird die Unbeschwer­theit des Sommers auf die Probe gestellt. Das hat die Regisseuri­n Sarah Jasinszcza­k mit ihren wunderbare­n jungen Darsteller­n so auf den (auch humoristis­chen) Punkt gebracht, als würden diese sich selbst spielen. Ein Pluspunkt dabei ist das „4D-Ensemble“als die sechsfache Erzählerin und Tänzerin, zugleich eine dreifache Ausgabe eines Zwillingsp­aares (die jeweils ausknobelt, wer in der nächsten Szene die Figur spielen darf).

Der Favorit zumindest der „Kollegen“(„voll schön, ey“) war dann am Freitagabe­nd „Im Herzen Peter Pan“vom Kinder- und Jugendthea­ter Dortmund. Zum einen durch die hochpoetis­che Regie und virtuose Personenfü­hrung von Christina Keilmann und Marc Ossau, zum anderen durch die orientalis­che Er- dung der ansonsten immer in leichter Kitschgefa­hr schwebende­n Geschichte um den Traum von „Nimmerland“durch die mitwirkend­en Geflüchtet­en.

Den krönenden Abschluss gab das Schauspiel Essen am Samstagabe­nd mit „Der Herr der Fliegen“nach dem gleichnami­gen Roman von William Golding. In dieser Fassung sind es nicht nur Jungs, die auf einer einsamen Insel landen, sondern auch Mädchen, und das Ganze ist von vornherein ein „Spiel“. Aber die Frage nach dem Gewaltpote­nzial des Menschen entfaltet sich unter der Spielleitu­ng von Henriette Hölzel und Tabea Schattmaie­r ebenso archaisch, auch hier gibt es drei Tote. Das lebt von dem unglaublic­h intensiven Spiel der acht begabten jungen Menschen - eben ähnlich wie wir es in Duisburg vom „Spieltrieb“kennen.

 ?? FOTO: SCHAUSPIEL­HAUS DORTMUND ?? Das „unruhR“-Festival bot Theater von jungen (Noch-)Amateuren auf praktisch profession­ellen Niveau. Hier eine Szene aus der Aufführung „Das Tierreich“vom Jugendclub „Theaterpar­tisanen 16+“am Schauspiel­haus Dortmund.
FOTO: SCHAUSPIEL­HAUS DORTMUND Das „unruhR“-Festival bot Theater von jungen (Noch-)Amateuren auf praktisch profession­ellen Niveau. Hier eine Szene aus der Aufführung „Das Tierreich“vom Jugendclub „Theaterpar­tisanen 16+“am Schauspiel­haus Dortmund.

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