KULTURTIPPS
Pianist Lucas Debargue spielt in Düsseldorf Spiritueller Techno von Jon Hopkins Das Leben einer Wiese im Laufe eines Jahres
Klassik Unter den jungen Pianisten der Gegenwart gilt der 1990 in Paris geborene Lucas Debargue als einer der interessantesten. Und weil beim Echo Klassik nicht alles schlecht war, bekam er 2017 zu Recht den Preis als bester Nachwuchskünstler. Dabei lagen die Karten ungünstig: Beim TschaikowskiWettbewerb 2015 in Moskau hatte er den undankbaren vierten Platz belegt, fand aber in dem berühmten Dirigenten Valery Gergiev einen Mentor. Seitdem ist Debargue auf allen großen Konzertbühnen anzutreffen. Jetzt tritt er beim Klavierfestival Ruhr im Düsseldorfer Robert-Schumann-Saal auf und spielt dort ein faszinierendes, streng polnisches Programm: zuerst Kompositionen von Frédéric Chopin (Polonaisen, Nocturnes, Scherzi) und nach der Pause die hinreißende zweite Klaviersonate von Karol Szymanowski A-Dur. Das Konzert ist am Donnerstag, 17. Mai, 20 Uhr (www.klavierfestival.de).
w.g. Electronic Manchmal erscheinen diese Platten, denen man anhört, dass sie auf der ganzen Welt verstanden werden. So ein Album ist „Singularity“von Jon Hopkins, und es ist nicht gewagt zu behaupten, dass man ihm in den nächsten Monaten bei vielen Gelegenheiten begegnen wird: als Untermalung von TV-Beiträgen, in Serien, Geschäften und im Club. Hopkins macht Techno, der auch diejenigen, die dieser Musik nichts abgewinnen können, nicht verschreckt. Das ist Techno mit doppeltem Boden: Hopkins zieht seiner Musik eine zweite Ebene ein, eine Erzählung, die etwas Spirituelles vermittelt. AutorenTechno mit erhebender Wirkung.
Viele dürften diesem faszinierenden Musiker vor fast zehn Jahren das erste Mal begegnet sein, ohne es jedoch gemerkt zu haben. Hopkins arbeitete damals an der Produktion des Coldplay-Albums „Viva La Vida“mit. Die Platte begann für Coldplay ungewöhnlich mit einer elektronischen Soundlandschaft, sie erwuchs sozusagen daraus, und obwohl viele dachten, dass diese Eröffnung bestimmt Brian Eno zu verdanken sei, der ja das Album produzierte, gebührt der Ruhm Jon Hopkins. Coldplay gefiel eines seiner unveröffentlichten Stücke so gut, dass sie einen Auszug daraus Sachbuch John Lewis-Stempel hat es gut. Er besitzt eine Farm in der englischen Grafschaft Herefordshire, nahe an der Grenze zu Wales. Zu dieser Farm gehört eine Wiese, und diese Wiese, das schreibt er selbst, ist ein Ort, an dem man unwillkürlich ausatmet. Lewis-Stempel tritt stets mit Snoopy auf diese Wiese, seinem Jack Russel. Sie schauen bloß und riechen, das genügt: Der Dachs lebt dort, der Eckfleck-Bürstenbinder und die Wolfspinne. Wildblumen wachsen dort, Ilex, Erle, Feldahorn und Weißdorn. Über allem steht der Wind, und weil an so einem Ort jeder gern wäre, der früher an Sonntagnachmittagen „Der Doktor und das liebe Vieh“geguckt hat, schrieb der Farmer ein Buch über die Wiese und sein Leben mit den Tieren und den Pflanzen. „Ein Stück Land“gehört zum Genre des Nature Writing, und LewisStempel beschreibt präzise und mit Rückgriffen in die Kulturgeschichte, wie sich sein Stück Land im Laufe eines Jahres verändert. hols John LewisStempel: ihrem Millionen-Seller voranstellten. Zum Dank durfte Hopkins auf der zugehörigen Tour im Vorprogramm spielen und seinen Sound einem Arena-Publikum vorstellen.
Auf seiner Solo-Platte „Insides“stieß man erneut auf das ColdplayIntro, Hopkins hatte es zu einem Neun-Minuten-Stück ausgearbeitet. Im Abstand von vier, fünf Jahren veröffentlichte er fortan seine Alben, und nun ist da „Singularity“: eine Ode an die Transzendenz. Hopkins lebt inzwischen in L.A., und seine Musik klingt, als komponiere er sie unter freiem Himmel in der Wüste Kaliforniens: Vögel zwitschern („Feel First Life“) und ein Herz schlägt („Everything Connected“). Man hört Piano, Streicher und Gitarre, und manchmal zieht Hopkins das Tempo an und befreit den Bass. Ob er sphärischen Ambient macht oder brettharten Techno, immer flicht er eine Melodie ein, was die Platte menschenfreundlich wirken lässt. „Singularity“will man immer wieder hören. Philipp Holstein