Rheinische Post Duisburg

Bajic geht unter stehenden Ovationen

- VON DIRK RETZLAFF

MSV Duisburg: Auch der King wird verabschie­det. Das alles im Rahmen des letzten Saisonspie­ls, das der MSV 2:0 gegen St. Pauli gewinnt.

Schon vor dem Anpfiff war es um Branimir Bajic geschehen. Der 38Jährige, der gestern im Heimspiel gegen den FC St. Pauli noch einmal die Kapitänsbi­nde des FußballZwe­itligisten MSV Duisburg tragen durfte, ließ seinen Tränen freien Lauf. Geschäftsf­ührer Peter Mohnhaupt hatte den Bosnier gerade offiziell verabschie­det, die Zuschauer feierten ihn mit stehenden Ovationen.

Um 16.47 Uhr kam es für „Baja“noch dicker. Es war der Moment, auf den sich Bajic seit vielen Tagen vorbereite­t hatte. Der Moment, vor dem er großen Respekt hatte. Der Moment, vor dem er sich auch fürchtete. Trainer Ilia Gruev nahm den Routinier vom Feld.

Es war eine Auswechslu­ng, die drei Minuten dauerte. Erst ließ sich der Verteidige­r, der seit 2010 beim MSV unter Vertrag steht, im Mittelkrei­s fallen. Dann stand er auf und verließ unter tosendem Applaus den Rasen. Einige Pauli-Spieler umarmten ihn, auch Schiedsric­hter Deniz Aytekin zollte ihm Respekt. Als Bajic schon auf dem Weg zur Tribüne war, kehrte er noch einmal um. Er übergab die Kapitänsbi­nde an Kevin Wolze, der bereits seit Saisonbegi­nn sein Nachfolger als Mannschaft­sführer ist.

„Es ist schwer. Es ist so unglaublic­h schwer“, sagte Branimir Bajic nach dem Spiel, das der MSV mit 2:0 (1:0) gewann und damit den siebten Tabellenpl­atz in der Abschlusst­abelle erreichte. „Ich überlege, ob ich auf Knien zu Ivo und Ilia rutsche, dass sie mir noch ein Jahr geben“, seufzte Bajic. Natürlich sprach er nicht mehr bei Trainer Ilia Gruev und Sportdirek­tor Ivica Grlic vor. Auch wenn er es liebend gerne getan hätte.

Es war nicht der einzige bewegende Abschied an diesem Tag. Auch Stürmer Kingsley Onuegbu, dessen Vertrag der MSV nicht mehr verlängert­e, erlebte einen emotional schweren Nachmittag. Weil sich der 32-Jährige im Training verletzt hatte, konnte er nicht noch einmal für die Zebras auflaufen.

Der King erhielt seine Bühne in der Halbzeitpa­use. Die Meideriche­r Verantwort­lichen krönten ihn und kleideten ihn in eine blaue Königsrobe. Onuegbu, der seit 2013 für die Zebras stürmte, kletterte im Ornat auf den Zaun und genoss die Sprechchör­e der Fans.

Weil beide Mannschaft­en ihre Hausaufgab­en in der Liga bereits in der Vorwoche erfolgreic­h erledigt hatten, musste gestern niemand mehr befürchten, aus sportliche­n Gründen in ein Tal der Tränen zu stürzen. Beide Teams konnten also ganz befreit aufspielen. Die Gastgeber hatten dabei aber zunächst mehr Probleme als die Gäste aus Hamburg. Das mag auch am ungewohnte­n Spielsyste­m der Meideriche­r gelegen haben. Ilia Gruev brachte Borys Tashchy als einzige Spitze. Lukas Fröde spielte vor der Abwehr auf der Sechs. Zwischen ihm und Tashchy spielte eine weitere Viererkett­e, der auch Christian Gartner angehörte.

St. Pauli verbuchte im ersten Durchgang die besseren Chancen, So kam der Duisburger Führungstr­effer in der zweiten Minute der Nachspielz­eit der ersten Halbzeit dann doch überrasche­nd. Der St.Paulianer Yi-Young Park konnte im Anschluss an eine Ecke nicht ausreichen­d klären. Moritz Stoppelkam­p war mit dem Kopf zur Stelle und traf aus kurzer Distanz zum 1:0-Führungstr­effer.

Auch nach dem Seitenwech­sel gaben die Gäste zunächst den Ton an. Der MSV überstand die Druckphase der Hamburger – übrigens bis zur 57. Minute auch dank eines abgeklärte­n und souveränen Innenverte­idigers Branimir Bajic – ohne Schaden. Mit der Entscheidu­ng ließen sich die Zebras allerdings Zeit. Das 2:0 fiel erst in der fünften Minute der Nachspielz­eit. Torwart Robin Himmelmann ließ einen Schuss von Cauly Oliveira Souza abklatsche­n und Christian Gartner war zur Stelle und erzielte somit noch sein erstes Tor für den MSV.

Die Stimmung unter den 25324 Zuschauern in der Arena war überaus friedlich – immerhin hatte die Begegnung vor ein paar Wochen noch als ein Hochsicher­heitsspiel gegolten. Die Fans beider Lager stimmten gestern sogar ein gemeinsame­s Lied an: „HSV – endlich 2. Liga.“

Der MSV wird Branimir Bajic am 28. Juli in einem Abschiedss­piel noch einmal würdigen. Eine große Ehre wurde dem Bosnier bereits gestern zuteil. Der MSV Duisburg erweiterte seine Legendenwa­nd auf der Fantribüne um zwei Namen. Günter Preuß, Kapitän der Vizemeiste­rmannschaf­t von 1964, ist dort nun ebenso zu sehen wie Branimir Bajic.

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Foto links: In der Nachspielz­eit der ersten Halbzeit brachte Moritz Stoppelkam­p den MSV mit 1:0 in Führung. Foto rechts: Andreas Wiegel (hinten) kümmert sich hier um Jeremy Dudziak.
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FOTOS: FABIAN STRAUCH
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Zum Abschied erhielt Kingsley Onuegbu, der „King“, eine Krone. Verletzung­sbedingt musste er passen.
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FOTOS: FABIAN STRAUCH Gänsehaut schon vor dem Anpfiff: Der MSV verabschie­dete Branimir Bajic.

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