Rheinische Post Duisburg

Auf die Pompfe, fertig, los!

- VON VINCENT RASTFELD

Jugger ist ein Teamsport mit Elementen aus Rugby und Fechten. Im Meideriche­r Stadtpark trainiert jede Woche das Team von Cervisia Ultima. Die RP machte den Praxistest

Rhythmisch­e Trommelsch­läge, Adrenalin in den Adern und zwölf Leute die bewaffnet mit Stab, Schwert und Morgenster­n aufeinande­r zustürmen: Das ist keine Rückkehr ins Mittelalte­r, hier wird Jugger gespielt.

Bei Jugger ist das Ziel des Spiels, einen Ball, den so genannten Jugg, in das Tor des Gegners, auch Mal genannt, zu befördern. Gespielt wird auf einem achteckige­n Spielfeld, das insgesamt 40 Meter lang, und 20 Meter Breit ist. Die zwei Teams bestehen aus jeweils sechs Spielern von denen fünf mit Waffen aus Schaumstof­f, den „Pompfen“, ausgestatt­et sind. Der sechste Spieler ist der einzige, der den Jugg in die Hand nehmen und in das Mal des Gegners legen darf. Alle anderen dürfen den Jugg nur mit ihren Waffen berühren. Gespielt wird in zwei Halbzeiten. Eine Halbzeit dauert zweieinhal­b Minuten oder wie es beim Jugger heißt, 100 Steine. Die Steine werden symbolisch durch Trommelsch­läge alle eineinhalb Sekunden dargestell­t. Jedes Mal, wenn ein Team den Jugg im gegnerisch­en Mal untergebra­cht hat, wird die Zeit angehalten und die Teams stellen sich wieder auf ihrer jeweiligen Grundlinie auf. Auf das Signal des Schiedsric­hters der „3,2,1 Jugger!“ruft, dürfen die Teams zum Jugger laufen, der in der Mitte des Spielfelds liegt.

Ich treffe mich im Meiderisch­er Stadtpark mit Josefine Furtmann, und dem restlichen Team von „Cervisia Ultima“. Nach dem Aufwärmen und Dehnen darf ich mir mein Kampfgerät aussuchen. Dabei kann ich mich zwischen fünf verschiede­nen Pompfen entscheide­n, jede mit ihren eigenen Regeln. Ich entscheide mich zu Beginn für eine zweihändig­e Langpompfe, die ähnlich wie ein Langschwer­t aussieht. Währenddes­sen trainieren die anderen in Zweikämpfe­n das Angreifen und Blocken. Alexander Gohr, der Mitgründer von Cervisia Ultima weist mich in die Grundregel­n ein. „Wichtig bei Jugger ist besonders die Fairness. Man erkennt nicht immer, wenn man jemanden trifft. Da ist es wichtig, dass der Getroffene selbst anzeigt, dass er erwischt wurde.“

Die fünf bewaffnete­n Spieler beider Teams müssen versuchen ihren Gegner mit ihren Waffen am Körper zu treffen. Wer getroffen ist, darf fünf Trommelsch­läge lang nicht mehr ins Geschehen eingreifen. Die beiden Läufer versuchen an den Jugg zu gelangen und müssen darauf hoffen, dass ihre Teamkamera­den den Gegner in Schach halten. Sie können nur gegeneinan­der kämpfen indem sie versuchen sich niederzuri­ngen. Gegen die anderen Spieler sind sie wehrlos. Im Zweikampf wird mir sofort klar: Ich bin Alexander völlig unterlegen. Schnell überwindet er meine Deckung und trifft mich. Weh tut das nicht, schließlic­h sind die Pompfen dick gepolstert.

Beim Jugger wird bis hin zum Spielball alles selbst gebastelt. Die Waffen bestehen bei den Profis aus Carbon oder Gfk Rohren, die abge-

Alexander Gohr polstert werden. Seit 2006 betreibt Alexander den Sport. Kennengele­rnt hat er ihn auf einer Rollenspie­lmesse in Münster.

Jugger hat seinen Ursprung in einem australisc­hen Film aus dem Jahr 1989. In „Die Jugger - Kampf der Besten“ziehen kleine Gruppen durch eine dystopisch­e Wüste und spielen mit Jugger um Nahrung und ihr Leben. Im Film ist der Jugg ein Hundeschäd­el und die Waffen sind echt. So geht es hier bei strahlende­m Sonnensche­in in Meiderich zum Glück nicht zu. Der Jugg ist aus Schaumstof­f und alle, die hier mit- spielen, machen es aus Spaß. Viele kommen extra aus den umliegende­n Städten nach Meiderich gefahren. Josefine Furtmann und Alexander Gohr zum Beispiel sind aus Mönchengla­dbach angereist. Nach der Einweisung geht es um verschiede­ne Taktiken, und anschließe­nd folgt ein richtiges Trainingss­piel. Ich schnappe mir erst einmal eine Pompfe und versuche mein Glück in der ersten Reihe. Das funktionie­rt zwar nicht schlecht, aber dennoch verliere ich die meisten Duelle. Spannend ist es trotzdem. Nach einer kurzen Pause wechsle ich auf die Position des Läufers.

Los geht’s! Vorneweg laufen meine Teamkamera­den und versuchen mir den Weg zum Jugg freizukämp­fen. Alexander stupst mir den Spielball geschickt mit seiner Pompfe nach hinten und plötzlich sehe ich eine Lücke vor mir. Doch ehe ich mich versehe, läuft von rechts auch schon ein Gegner auf mich zu, um mir den Weg abzuschnei­den. Also nehm ich die Beine in die Hand und sehe zu, dass ich Land gewinne. Hui, so gejagt zu werden ist nichts für schwache Nerven!

Aber zum Glück hilft mir einer meiner Mitspieler und verwickelt meinen Gegner in einen Zweikampf. Hakenschla­gend düse ich über das Spielfeld und kann noch gerade so dem gegnerisch­en Läufer entkommen, der versucht hatte mich abzufangen. Irgendwie schaffe ich es zum gegnerisch­en Mal und erziele doch tatsächlic­h einen Punkt.

Nach drei Stunden Training bin ich ziemlich abgekämpft. Jugger ist ein wirklich sehr unterhalts­amer Sport, für jeden, der gerne im Team zusammensp­ielt und offen für Neues ist, so mein Eindruck. „Im Umkreis von Duisburg gibt es bisher nicht so viele Mannschaft­en, aber nach und nach wird es immer mehr“, erklärt mir Alexander. „Wir selbst freuen uns über jeden, der mitmachen möchte.“Am liebsten würde er den Sport an der Uni Duisburg etablieren. „Vielleicht klappt das ja noch und wir finden dort weitere begeistert­e Juggerspie­ler“, fügt Alexander hinzu.

„Es ist wichtig, dass der Getroffene selbst anzeigt, dass er erwischt wurde“

Cervisia Ultima

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FOTOS (2): VINCENT RASTFELD Action im Meideriche­r Stadtpark: die Jugger im Einsatz auf der grünen Wiese.
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Mit diesen Pompfen geht’s ins Getümmel.

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