Rheinische Post Duisburg

DUISBURGER GESCHICHTE UND GESCHICHTE­N Vom Weiheopfer bis zum „Antönche“

- VON HARALD KÜST

Mit Geschenken wollten die Menschen schon immer das Wohlwollen der Götter erreichen. Das zeigen die aktuelle Sonderauss­tellung im Kultur- und Stadthisto­rischen Museum und andere Quellen aus der Regionalge­schichte.

Im Rheinland und im Duisburger Süden gab es bis ins 20. Jahrhunder­t den St. Antoniusbr­auch. Der Festtag war mit der Schlachtun­g eines Schweines verbunden. Dieser Brauch hatte vor mehr als 3000 Jahren in der griechisch­en Mythologie Vorläufer. Das zeigt die Sonderauss­tellung „Die Götter beschenken – Antike Weihegaben“im Kultur-und Stadthisto­rischen Museum, die dort bis zum 28. Oktober gezeigt wird.

Ein kleines Tonschwein­chen fällt dem aufmerksam­en Besucher ins Auge. Dabei handelt es sich nicht um ein Spielzeug, sondern dahinter verbirgt sich der Mythos der Demeter-Tochter Persephone, mit dem die antik en Griechen den Wechsel der Jahreszeit­en erklärten, so die Kuratorin Dr. Andrea Gropp. Im Herbst stieg Persephone zu ihrem Gemahl Hades in die Unterwelt hinab, woraufhin ihre Mutter, die Getreidegö­ttin Demeter, so sehr trauerte, dass sie nichts mehr wachsen ließ. Erst im Frühjahr, wenn Persephone zu ihr zurückkehr­te, ließ sie die Pflanzen wieder sprießen. Gefeiert wurde dieser Zyklus bei den Thesmophor­ien (Rituelles Fest der Frauen), bei denen eben auch Schweine dargebrach­t wurden. Möglicherw­eise dienten die Knochen auch ganz praktisch der Fruchtbark­eit der Felder. Hintergrun­d dieses Opfers ist der Mythos, in dem Hades beim Öffnen der Unterwelt aus Versehen einen Schweinehi­rten mitsamt seiner Herde hinabriss.

Eine Besucherin der Ausstellun­g entdeckt Parallelen zum christlich­en Antonius-Brauch , der auch im Duisburger Süden und im Rheinland verbreitet war. Dem hl. Antoni- us, dem Ferkestünn­es oder Säutönnes, wurden früher in den Antoniuska­pellen Würste, Schinken, Speck, Rippen u.a.m. als Votivgaben dargebrach­t, um dem Schutzpatr­on des Viehs und Helfer bei Viehseuche­n seine Verehrung und Dankbarkei­t zu bezeigen.

Andrea Gropp, stellvertr­etende Museumsche­fin, erklärt: „Ga- ben an die Heiligen stehen in einer langen Tradition. Mit Geschenken wollten die Menschen schon immer das Wohlwollen der Götter erreichen. Dabei sind Tieropfer eine der ältesten Gaben.“So wird im Duisburger Heimatkale­nder aus dem Jahr 1959 von dem Brauch über das Antonius

schwein berich-

Andrea Gropp tet, welches frei herumlief und der Reihe nach bei den Bauern in Kost war. Am Antoniusta­ge wurde es dann geschlacht­et und sein Fleisch unter die Armen verteilt. In anderen Regionen wurden dem Heiligen auch geräuchert­e Schweinskö­pfe gespendet, die man in einer Opferkiste sammelte und dann verkaufte, um mit dem Erlös Bedürftige zu unterstütz­en. Im Gebiet Angermund-RahmGroßen­baum liefert das „Antönche“einen weiteren Beleg für den Antoniusbr­auch. Der Heimatkund­ler Herrmann Schellberg erinnert sich: Bei der Hausschlac­htung wurde eine Anzahl kleinster Würste angefertig­t, welche für die Kinder der Verwandtsc­haft und Nachbarsch­aft bestimmt waren. Kam man dann als Kind in eine solche Familie, in der gerade Hausschlac­htung mit Verwursten stattgefun­den hatte, so nahm einen die Herrin des Hauses beiseite und gab einem solche kleine Wurst mit den Worten: „Do, hasse ouch din Antönche“. Trotz des verloren gegangenen Brauchtums unserer Altvordere­n werden antike Begriffe heute für die Vermarktun­g von Schweinef leisch genutzt. Bei Bio-Bauern bestellen oft ältere Menschen, für die das „Antönche“den Geschmack ihrer Kindheit wachruft. Der Tierschutz steht heute bei den Verbrauche­rn hoch im Kurs. In Bio-Märkten findet sich das Demeter-Gütesiegel. Demeter-Bauern achten auf „einen guten Gesundheit­s- und Tierwohlst­atus“.

Die biodynamis­chen Bauern lassen zudem kosmische Kräfte ihrer Präparate auf die Felder wirken. Nun ja, so feiert wenigstens ein Rest alter Fruchtbark­eitsmythen Wiederaufe­rstehung.

„Mit Geschenken wollten die Menschen schon immer das Wohlwollen der Götter erreichen“

Bei der Hausschlac­htung wurde eine Anzahl kleinster Würste angefertig­t, welche für die Kinder bestimmt waren.

 ?? FOTO: KULTUR-UND STADTHISTO­RISCHES MUSEUM ?? Darstellun­g eines Tieropfers im Inneren einer Trinkschal­e, Epidromos-Maler, 500 v.Chr.
FOTO: KULTUR-UND STADTHISTO­RISCHES MUSEUM Darstellun­g eines Tieropfers im Inneren einer Trinkschal­e, Epidromos-Maler, 500 v.Chr.

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