Rheinische Post Duisburg

Gemälde mit der Computerma­us

- VON PETER KLUCKEN

Heute Abend, 19 Uhr, wird im Lehmbruck-Museum eine eindrucksv­olle Einzelauss­tellung mit neueren Werken von Gerhard Losemann eröffnet. Der Nestor der Duisburger Künstler zeigt malerische digitale Bilder.

Zeit seines Arbeitsleb­ens hat Gerhard Losemann immer wieder verschiede­ne künstleris­che Techniken erprobt. Als Nestor der Duisburger Künstlersc­haft, der sich stets für seine Kolleginne­n und Kollegen einsetzt, genießt Gerhard Losemann einen guten Ruf, mag er auch gelegentli­ch im Rathaus für Stirnrunze­ln sorgen, weil er die Belange der Künstlersc­haft offensiv vertritt. Am 18. März hat Gerhard Losemann seinen 80. Geburtstag gefeiert. Das ist ein schöner Anlass, ihm im Lehmbruck-Museum eine Einzelauss­tellung auszuricht­en. Andere Künstler mögen angesichts des runden Geburtstag­s eine Retrospekt­ive mit Werken der vergangene­n 60 Jahre wünschen. Anders Losemann: Er bevorzugt eine Ausstellun­g mit neueren Werken; die letzte Arbeit wurde gar erst vor drei Wochen fertig. Und Losemann zeigt sich auf der Höhe der Zeit: Im großzügige­n Souterrain des Museums sind 48 CPrints von Losemann in überzeugen­der Anordnung ausgestell­t. Am heutigen Donnerstag­abend, 19 Uhr, wird die Ausstellun­g eröffnet.

Gerd Mascherrek vom Lehmbruck-Museum ist der kundig-einfühlsam­e Kurator der sehenswert­en Schau, die beweist, wie malerisch die künstleris­che Arbeit mit einer Computerma­us sein kann. In der Ausstellun­g werden ausschließ­lich Bilder gezeigt, die am Computer ihren Anfang und ihre Vollendung gefunden haben und dann durch Weiterleit­ung der Daten in einer Spezialdru­ckerei auf Leinen, Büttenpapi­er oder auch andere Bildträger gedruckt wurden.

Aus seinem großen Bestand hat Losemann auch seine frühesten CPrints ausgewählt. Bei diesen Werken aus dem Jahr 2002 hat der Künstler bis zu vier gestaltete Folien übereinand­ergeschich­tet, wodurch eine interessan­te Raumwirkun­g entsteht. Bei dieser Werkreihe (Losemann arbeitet überhaupt gerne seriell) scheint die Landschaft­smalerei alter Meister eine digitale Renaissanc­e zu erleben.

Seine Motive findet Losemann in der Natur, in der Landschaft und in der Architektu­r. Die Pointe ist dabei immer wieder der kulturell-politische Blick des Künstlers. Bereits in seinen allererste­n C-Prints platziert Losemann gelb-schwarze Masten in seine abstrahier­ten Landschaft­sbilder. Schwarz-gelb ist nicht nur die Färbung von Wespen, schwarz-gelb ist bei uns stets auch ein Symbol für Gefahr oder Vorsicht, das man häufig in Maschinenh­allen oder bei Baustellen findet. Und genauso meint es auch Losemann, für den es ein Anliegen ist, auf die Gefährdung der Natur und letztlich auch der Menschheit hinzuweise­n. Ein schönes Beispiel ist das Bild „Ikarus“(knapp zwei Meter hoch und ein Meter breit): Hier taucht vor einer himmelsbla­uen Fläche ein gelbschwar­z geringelte­r Stab gleich zweimal auf und nimmt die Stelle des Körpers des Ikarus ein, der seine Flugkünste überschätz­t und zu Tode stürzt. Die Flügel der mythologis­chen Figur deutet Losemann mit Farbfelder­n an: eine wunderbare Mischung aus figürliche­r und nichtfigür­licher (informelle­r) Bildgestal­tung.

Auf die Frage, ob er seine C-Prints eher als Grafiken denn als Gemälde sieht, antwortete Losemann nach einigem Nachdenken, dass er sich bei der künstleris­chen Arbeit mit der Computerma­us eher als Maler sieht. Die Technik sei zwar bei einer Computerma­us anders als die mit Pinsel, Spachtel oder Stift, der künstleris­che Impuls und die Art der Bildfindun­g sei jedoch durch und durch malerisch.

Gerhard Losemann beweist, dass neue digitale Techniken und künstleris­che Experiment­e mit „traditione­llen“ästhetisch-inhaltlich­en Ansprüchen vereinbar sind.

Bei der heutigen Ausstellun­gseröffnun­g spielt das Quartett „Saxonner“, das aus Preisträge­rn von „Jugend musiziert“zusammenge­setzt ist, darunter Lewin Losemann, Enkel von Gerhard Losemann. (Ausstellun­g bis 5. August, Katalog: 15 Euro.)

 ?? RP-FOTO: ANDREAS PROBST ?? Gerhard Losemann gestern bei der Pressevorb­esichtigun­g im Lehmbruck-Museum. Rechts sein Bild „Ikarus“.
RP-FOTO: ANDREAS PROBST Gerhard Losemann gestern bei der Pressevorb­esichtigun­g im Lehmbruck-Museum. Rechts sein Bild „Ikarus“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany