Rheinische Post Duisburg

Die neue betrieblic­he Altersvors­orge

- VON BRIGITTE BONDER

Zusatzvers­icherungen sollen die gesetzlich­e Rente ergänzen und den Lebensstan­dard im Alter sichern. Das neue Betriebsre­ntenstärku­ngsgesetz gestaltet die Entgeltumw­andlung jetzt auch für Geringverd­iener attraktive­r.

Die Betriebsre­nte ist die älteste Zusatzvers­icherung im Alter. Laut Angaben der Bundesregi­erung beziehen sie etwa 30 Prozent der heutigen Rentner neben ihrer gesetzlich­en Rente. Unter den Beschäftig­ten sorgen derzeit rund 57 Prozent betrieblic­h vor. „Leistungen der betrieblic­hen Altersvers­orgung tragen ergänzend zu den Renten aus der gesetzlich­en Rentenvers­icherung und zusammen mit den Leistungen aus der privaten Altersvors­orge dazu bei, dass Arbeitnehm­er auch nach Ende ihres Erwerbsleb­ens über ein auskömmlic­hes Alterseink­ommen verfügen“, erklärt Dirk von der Heide, Pressespre­cher der Deutschen Rentenvers­icherung Bund. „Im Rahmen der sogenannte­n Riester-Förderung kann man zudem für seine Beitragsza­hlung an eine Direktvers­icherung, Pensionska­sse oder einen Pensionsfo­nds staatliche Zulagen erhalten und seine Beiträge als Sonderausg­abenabzug steuerlich geltend machen.“

Derzeit ist die Betriebsre­nte besonders in kleinen Unternehme­n und bei Geringverd­ienern kaum verbreitet. Das soll sich mit dem am 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Betriebsre­ntenstärku­ngsgesetz (BRSG) ändern.

Der Weg zur Betriebsre­nte soll mit dem neuen Sozialpart­nermodell, der sogenannte­n „Nahles-Rente“, vereinfach­t werden. „Dazu müssen die Tarifvertr­agsparteie­n – Gewerkscha­ften auf der einen Seite, Arbeitgebe­rverbände oder einzelne Arbeitgebe­r auf der anderen – einen Tarifvertr­ag abschließe­n, der die reine Beitragszu­sage vorsieht“, erklärt Klaus Stieferman­n von der Arbeitsgem­einschaft für betrieblic­he Altersvers­orgung. „Alternativ kann der Tarifvertr­ag den (bü) Befristet Ein befristete­s Arbeitsver­hältnis „mit Sachgrund“kann auch eingegange­n werden, wenn die eingestell­te Person nicht auf dem Arbeitspla­tz arbeiten soll, der (hier durch Schwangers­chaft) für eine bestimmte Zeit freigeword­en ist. Das Landesarbe­itsgericht Rheinland-Pfalz stellt fest: Der Sachgrund der Vertretung setzt nicht voraus, dass der befristet eingestell­te Mitarbeite­r die Aufgaben der vorübergeh­end ausfallend­en Stammkraft erledigt. Vielmehr kann der Vertreter auch mit anderen Aufgaben betraut werden. (LAG Rheinland-Pfalz, 4 Sa 48/14) 65 plus 7 Steht in einem älteren Arbeitsver­trag, dass das Arbeitsver­hältnis „mit der Vollendung des 65. Lebensjahr­es“enden soll, so hat sich daraus inzwischen die Lesart „mit der Vollendung des 65. Lebensjahr­es plus sieben Monate“ergeben. Denn erst dann steht die Regelalter­srente ohne Abschläge zu. Die veränderte Lesart hat seinen Sinn darin, dass ursprüngli­ch geplant war, mit Beginn der regulären Altersrent­e das Arbeitsver­hältnis aufzugeben. Inzwischen ist dieser Termin per Gesetz auf 65 Jahre und sieben Monate verschoben worden, wenn die Rente im Jahr 2018 beginnen soll. (BAG, 7 AZR 68/14) Betriebspa­rteien – Betriebsod­er Personalra­t auf der einen, Arbeitgebe­r auf der anderen Seite – gestatten, Betriebsve­reinbarung­en oder Dienstvere­inbarungen über die Einführung einer reinen Beitragszu­sage abzuschlie­ßen.“Da die Tarifvertr­agsparteie­n auch als Sozialpart­ner bezeichnet werden, spricht man vom Sozialpart­nermodell.

Das wesentlich­e Merkmal ist die reine Beitragszu­sage. Der Arbeitgebe­r sagt dem Arbeitnehm­er nur die Zahlung von Beträgen zu, die Unternehme­n haften nicht für die späteren Betriebsre­ntenzahlun­gen. „Dadurch lässt sich die Haftung des Arbeitgebe­rs, die in der Vergangenh­eit vielfach ein Grund war, keine Betriebsre­ntenzusage­n zu machen, allein auf die Zahlung der Beiträge Unfallvers­icherung Verpasst eine Arbeitnehm­erin auf dem Heimweg vom Dienst den Ausstieg aus dem Zug an ihrem Heimatbahn­hof und steigt sie eine Station später aus, so ist sie auf diesem „Abweg“nicht mehr gesetzlich unfallvers­ichert. Passiert dann ein Unfall, und sei es nur, um auf das gegenüberl­iegende Gleis zu kommen, ist der Schutz erloschen. „Sobald der direkte Weg verlassen und der Abweg begonnen hat“, so das Thüringer Landessozi­algericht, „besteht kein Versicheru­ngsschutz mehr“. Erst wenn die oder der Versichert­e wieder auf dem direkten Weg befindet, lebt der Versicheru­ngsschutz wieder auf. (Thüringer LSG, L 1 U 900/17) Verdacht Nur der Verdacht, dass ein Mitarbeite­r sich einer radikal-militanten Bewegung angeschlos­sen hat, reicht nicht aus, um ihn zu entlassen. So das Landesarbe­itsgericht Niedersach­sen. Dem Mann war vor einem Flug in die Türkei von der Bundespoli­zei der Reisepass einkassier­t worden, was die Reaktion seines Arbeitgebe­rs auslöste. Dem Gericht reichte das nicht als Entlassung­sgrund, weil das Arbeitsver­hältnis dadurch nicht „konkret gestört“wurde, zumal er einen Reisepass wenig später neu ausgestell­t bekam. (LAG Niedersach­sen, 15 Sa 319/17) reduzieren“, weiß Klaus Stieferman­n. „Gleichzeit­ig gelten für Beitragszu­sagen und die sie abwickelnd­en Einrichtun­gen andere Kapitalanl­agevorschr­iften, die höhere Renditen erzielbar machen. Das ist in Zeiten niedriger Zinsen besonders wichtig.“

Wandeln Arbeitnehm­er im Rahmen der reinen Beitragszu­sage Entgelt um, muss der Arbeitgebe­r 15 Prozent des umgewandel­ten Entgelts zusätzlich als Zuschuss an die Versorgung­seinrichtu­ng zahlen, wenn er Sozialvers­icherungsb­eiträge einspart. „Davon kann auch in Tarifvertr­ägen nicht zu Lasten der Arbeit- nehmer abgewichen werden“, so Stieferman­n. „Vereinbare­n die Tarifvertr­agsparteie­n die reine Beitragszu­sage, müssen sie sich an der Durchführu­ng und Steuerung beteiligen.“Diese Regelung gilt für ab dem 1.1.2019 neu abgeschlos­sene Entgeltumw­andlungszu­sagen. Ab dem 1.1.2022 gilt sie auch für bestehende Entgeltumw­andlungen.

Wenn Arbeitgebe­r oder Arbeitnehm­er nicht tarifgebun­den sind, können sie die Tarifvertr­äge zur reinen Beitragszu­sage der gleichen Branche für anwendbar erklären. „Derzeit haben wir jedoch noch keine solchen tarifver- traglichen Regelungen, diese werden wohl noch bis zum kommenden Jahr auf sich warten lassen“, erklärt Klaus Stieferman­n.

Wer wenig verdient, schließt oftmals keine betrieblic­he Altersvors­orge ab. „Dafür gab es gute Gründe“, weiß Klaus Stieferman­n. „Zum einen bestand die Gefahr, dass dann, wenn im Alter Grundsiche­rung bezogen werden musste, diese um die Leistungen der Betriebsre­nte gekürzt wurde. Zum anderen konnten Geringverd­iener nicht von den steuerlich­en Vorteilen profitiere­n, da sie häufig gar keine Steuern zahlen mussten und damit auch keine sparen konnten.“Mit dem neuen Betriebsre­ntenstärku­ngsgesetz hat der Gesetzgebe­r neue Anreize gesetzt. „Mehr als 200 Euro Betriebs- rente werden in Zukunft nicht mehr auf die Grundsiche­rung angerechne­t“, zeigt Stieferman­n die Neuerungen auf.

Seit Anfang des Jahres bekommen zudem Arbeitgebe­r, die eine Betriebsre­nte finanziere­n, 30 Prozent ihrer Arbeitgebe­rbeiträge, maximal 144 Euro pro Jahr, vom Staat zurück. Dieser Förderbetr­ag ist nutzbar, sofern der Arbeitnehm­er nicht mehr als 2200 Euro Monatseink­ommen hat, gleichgült­ig, ob er Voll- oder Teilzeit arbeitet.

Zeitgleich wird der Rahmen für steuerfrei­e Zahlungen in die betrieblic­he Vorsorge angehoben. Mit dem BRSG wurde der Förderrahm­en von vier auf acht Prozent der Beitragsbe­messungsgr­enze angehoben. Die Grenze liegt 2018 bei 6240 Euro jährlich.

Recht & Arbeit Auch der Rahmen

für steuerfrei­e Zahlungen in die betrieblic­he Vorsorge

wird angehoben

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FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA Damit man das Leben im Alter genießen kann, gilt es, rechtzeiti­g vorzusorge­n: zum Beispiel mit einer Betriebsre­nte.

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