Staatsanwälte an der Belastungsgrenze
Ein durschnittlicher Duisburger Staatsanwalt bearbeitetet mittlerweile mindestens vier Fälle pro Tag, darunter auch viele Kapitalstraftaten. Die Zahl der schweren Verbrechen ist im vergangenen Jahr um 60 Prozent gestiegen.
Duisburgs Strafverfolger arbeiten an der Belastungsgrenze. Die 64 Staatsanwälte des Bezirks haben 2017 im Durchschnitt etwa vier Fälle pro Tag bearbeitet. Das geht aus der Jahresstatistik der Behörde hervor, die der leitende Oberstaatsanwalt Horst Bien am Freitag vorgestellt hat.
Bei den angestellten Amtsanwälten, die sich in der Behörde um weniger schwerwiegende Fälle kümmern, fällt die Statistik sogar noch etwas extremer aus. Sie hatten im vergangenen Jahr im Durchschnitt mit neun bis zehn Verfahren pro Tag zu tun. „Vor diesem Hintergrund ist die für dieses Jahr angekündigte Aufstockung unseres Personals auch dringend erforderlich“, sagt Bien. Seit Anfang 2017 wurden der Duisburger Staatsanwaltschaft sieben neue Strafverfolger zugeteilt, sechs weitere sollen noch folgen. „Wir sind zuversichtlich, dass sich die Lage dadurch in diesem Jahr etwas entspannen wird“, sagt Bien.
Insgesamt hat die Strafverfolgungsbehörde im vergangenen Jahr 139.996 Verfahren geführt, darunter 80.333 Ermittlungen gegen bekannte Personen – also Verfahren, bei denen tatsächlich die Chance besteht, dass sie zu einer Verurteilung führen können. Bei rund 53.000 Verfahren handelte es sich um Ermittlungen gegen unbekannte Täter. Außerdem wurde die Staatsanwaltschaft in rund 6000 Fällen ak- tiv, die dem Bereich der Ordnungswidrigkeiten zugerechnet werden.
Deutliche Rückgänge bei den Fallzahlen im Vergleich zum Vorjahr verzeichneten die Strafverfolger in den Bereichen Jugend- (rd. 14.000 Fälle) und Wirtschaftskriminalität (2222 Fälle).
„Diese Entwicklung entspricht dem Landestrend“, sagt Oberstaatsanwalt Bien. „Da wir keine kriminologischen Untersuchungen durchführen, können wir nicht sagen, woher die Entwicklung bei den Wirtschaftsstrafsachen kommt. Den Rückgang bei der Jugendkriminalität erklären wir uns mit dem demografischen Wandel und einer immer älter werdenden Bevölkerung.“
So erfreulich die Entwicklung in diesen Bereichen war, so bedauerlich sind die Aussagen der Statistik hinsichtlich der Kapitalverbrechen.
Horst Bien Hatte die Staatsanwaltschaft 2016 noch mit 70 Fällen von Mord, Totschlag oder Gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge zu tun, waren es 2017 schon 112 Fälle. „Das ist eine Entwicklung, die uns sehr beschäftigt“, sagt Horst Bien. „Wir sprechen hier von einem Anstieg der Fallzahlen um rund 60 Prozent.“
Das sei nicht nur für das allgemeine Sicherheitsempfinden in der Bevölkerung besorgniserregend, sondern bedeute auch einen großen organisatorischen Mehraufwand für die Strafverfolgungsbehörden. „Wenn es zu einem Tötungsdelikt kommt, bedeutet das zwangläufig die Einrichtung einer Mordkommission“, erklärt Oberstaatsanwalt Stefan Müller. Staatsanwälte, die in einer solchen Kommission gebunden seien, könnten in dieser Zeit keine anderen Aufgaben wahrnehmen.
Erfolge verbuchte die Staatsanwaltschaft 2017 vor allem durch die Einführung einiger Sonderdezernate. So beschäftigt sich beispielsweise die neu eingerichtete Abteilung 2B seit Herbst 2016 vorrangig mit Wohnungseinbrüchen und Diebesbanden. „Wir haben in dieser Abteilung Expertise gebündelt und fassen dort zusammenhängende Fälle zusammen, um den Verfolgungsdruck zu erhöhen“, erläutert Bien. „Dass die Zahl der Einbrüche im Bereich Duisburg deutlich zurückgegangen ist, führen wir auch auf unsere Arbeit zurück.“
Auch wegen der Erfolge dieses Dezernats wurden zum Jahresbeginn zwei weitere eingeführt. Eines soll sich vorrangig um Fälle Gefährlicher Körperverletzung kümmern, das andere um Straftaten im Zusammenhang mit Polizeieinsätzen. „Wir versprechen uns davon, dass wir auch in diesen Bereichen so künftig effizienter werden“, sagt Bien.
„Das ist eine Entwicklung, die uns sehr beschäftigt“
Oberstaatsanwalt