Boxleitner macht die Wikinger fit
Der gebürtige Dinslakener Sebastian Boxleitner betreut die isländische Fußball-Nationalmannschaft bei der WM in Russland als Athletik-Coach. Die „Huh“-Rufe gellen heute beim Spiel gegen Argentinien durchs Spartak-Stadion.
DINSLAKEN/WALSUM Wie ein Donnerhall ging ein Ruf bei der FußballEM 2016 durch Europa. Das „Huh“der isländischen Fans, unterstützt durch eine später von anderen oft kopierte Klatsch-Choreografie, brachte der Nationalmannschaft aus dem kleinen Land so viele Sympathien ein, dass man das Ausscheiden im Viertelfinale gegen Frankreich mehr als bedauerte. Bedauern europaweit auch deswegen, weil die Fans der Wikinger friedlich demonstrierten, wie wahre Unterstützung für die eigene Mannschaft aussieht.
Heute Nachmittag ist es im Moskauer Spartak-Stadion wieder soweit. Island trifft im ersten Spiel der Vorrundengruppe D auf Argentinien. Und direkt am Spielfeldrand bangt ein Mann aus Walsum mit seinem isländischen Team mit. Sebastian Boxleitner ist nämlich seit zwei Jahren für die Fitness der Mannschaft zuständig und zudem felsenfest davon überzeugt, dass „wir 2:0 gegen Argentinien gewinnen“. Seine Aussage basiert auf seiner ganz persönlichen Einschätzung: „Die Spieler haben zwar in den letzten Wochen kleinere Blessuren gehabt, doch jetzt sind alle topfit, so dass wir in Bestbesetzung antreten werden.“
Der inzwischen 42-jährige Boxleitner wurde in Dinslaken geboren, wuchs in Walsum auf und spielte dort auch beim damaligen SV an der Emscherbrücke Fußball in den Jugendmannschaften. „Trotz der ersten Anfragen vom MSV Duisburg und Borussia Mönchengladbach nach der B-Jugend habe ich mich gegen den Fußball und für Tennis entschieden, habe dann noch ein paar Jahre bei Grün-Weiß Walsum gespielt.“
Nach dem Studium der Sportwissenschaften in Düsseldorf und einer Mountainbike-Schule in Witten wanderte Boxleitner in die Schweiz aus und widmete sich im Laufe der Zeit besonders dem Studium der Verletzungsanfälligkeit von Fußballern.
Intensiv befasste er sich mit Kickern aus den beiden oberen Ligen in Österreich und der Schweiz und stellte verschiedenen Vereinen sein Wissen und seine praktische Hilfe zur Verfügung. Eine feste Anstellung neben diesen Studien fand er dann beim Schweizer Erstligisten FC St. Gallen, wo er bis zum vergangenen Jahr für die Fitness der ersten Mannschaft zuständig war. Dabei lernte er auch den jetzigen Assistenz-Trainer der Isländer, Helgi Kolvidsson, kennen. Und es dauerte nicht lange, da arbeiteten beide erfolgreich zusammen, inzwischen im Trainer- und Betreuerstab der Nationalmannschaft des Inselstaats. Mittlerweile sind es bis zu 80 Tage im Jahr, die Sebastian Boxleitner bei der Nationalmannschaft in Island verbringt. Auch die Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft fand ab dem 11. Mai im eigenen Land statt. „Da fast alle unserer Spieler im europäischen Ausland spielen, fanden wir es besser, uns zu Hause auf die WM vorzubereiten, damit die Spieler auch Kontakt zu Familien und Freunden halten konnten“, so Boxleitner.
Seit einigen Tagen trainiert der weiter in der Schweiz lebende Fitness-Coach nun das Team der Wikinger in Russland. „Meine Aufgabe ist es, die Spieler fit zu halten, das Aufwärmprogramm vor dem Spiel zu leiten und später den regenerativen Prozess einzuleiten,“nennt Boxleitner seinen Zuständigkeitsbereich während des Turniers. Das alles geschieht natürlich in enger Absprache mit dem Trainerstab, den Physiotherapeuten und Ärzten.
Wenn es nach Boxleitner geht, dann darf die isländische Mannschaft möglichst bis zum Schluss im Wettbewerb bleiben. „Wir haben schließlich keinen Druck, denn niemand erwartet Wunderdinge von uns“, sagt der 42-Jährige, „aber zu was die Mannschaft mit den großartigen Fans fähig ist, hat sie ja vor zwei Jahren bei der Europameisterschaft bewiesen.“